Einsamen
Kollegin Backman«, korrigierte Wennergren-Olofsson. »Das stimmt, aber jetzt wollen wir einiges vervollständigen und das Ganze etwas formeller ablaufen lassen.«
Ich dachte, er wollte schweigen und beobachten, dachte Tillgren. Aber vielleicht hat die Vernehmung an sich ja noch gar nicht begonnen?
»Wir haben eine Liste mit Fragen, die wir gern der Reihe
nach durchgehen würden«, fuhr Wennergren-Olofsson fort und nickte Tillgren zu. »Es ist am besten, wenn Sie diese einfach
nur beantworten, nicht darüber nachdenken, warum wir gerade diese Frage stellen oder so. Sie arbeiten also als Künstlerin?«
»Gehört diese Frage schon zur Vernehmung?«, wunderte Elisabeth Martinsson sich und betrachtete ihn dabei skeptisch über den Brillenrand hinweg.
»Eigentlich nicht«, räumte Wennergren-Olofsson ein.
»Nicht?«, sagte Elisabeth Martinsson. »Gut. Dann möchte ich so darauf antworten: Sehen Sie sich in dieser Räuberhöhle um. Was denken Sie?«
»Äh … ja, genau«, sagte Wennergren-Olofsson.
»Man kann das so sagen. Ich arbeite als Illustratorin, um leben zu können. Ich lebe, um zu malen. Verstehen Sie?«
»Aha?«, erwiderte Wennergren-Olofsson und runzelte die Stirn. Tillgren holte die Fragenliste heraus, die sie von Backman bekommen hatten. Am besten, wir fangen an, bevor es aus dem Ruder läuft, dachte er. Er stellte sein kleines Aufnahmegerät neben die Gauloisepackung und drückte auf den Aufnahmeknopf. Wennergren-Olofsson tat ein Gleiches mit einem etwas kleineren und etwas glänzenderen Apparat.
»Zwei Aufnahmegeräte?«, fragte Elisabeth Martinsson.
»Für alle Eventualitäten«, erklärte Wennergren-Olofsson freundlich.
»Dein Apparat schnarrt.«
»Das muss so sein«, sagte Wennergren-Olofsson. »Das bedeutet, dass er läuft.«
Tillgren räusperte sich. »Gut«, sagte er. »Vernehmung von Elisabeth Martinsson in ihrer Wohnung in Strömstad. Es ist dreizehn Uhr zweiundzwanzig, Freitag, der erste Oktober 2010. Anwesend Kriminalassistent Tillgren, Kriminalassistent Wennergren-Olofsson.«
»Schießen Sie los«, sagte Elisabeth Martinsson und hob Malte auf den Schoß. »Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
Eine gute Stunde später saßen sie im Auto auf dem Weg zurück nach Hause.
»Das haben wir gut gemacht«, stellte Wennergren-Olofsson fest. »Du hast den Sinn meiner Fangfrage verstanden?«
»Nein«, musste Tillgren zugeben. »Nicht richtig.«
»Manchmal muss man sie verwirren«, erklärte Wennergren-Olofsson. »Sie dazu bringen, das Visier zu lüften. Dass sie den Faden verlieren und zu dem gewissen kleinen Fehlschritt verlockt werden.«
»Aber Blutegel? Ich bin in diesem Fall nirgends auf Blutegel gestoßen.«
»Das ist doch gerade der Witz dabei. Dadurch verlieren sie ihre Konzentration.«
»Das habe ich schon verstanden«, sagte Tillgren. »Und was ist dabei rausgekommen?«
»Für eine Analyse ist es noch zu früh«, sagte Wennergren-Olofsson. »Ich möchte zunächst das Band in aller Ruhe anhören. Aber wir können gern schon mal sehen, wie es gelaufen ist.«
Er holte sein Aufnahmegerät heraus. Drückte auf Start und sagte Tillgren, er solle leise sein.
Die ersten zehn Sekunden war nichts zu hören. Wennergren-Olofsson schaltete ab und versuchte es noch einmal. Drehte die Lautstärke hoch, ermahnte Tillgren noch einmal, a) den Mund zu halten und b) die Augen auf der Straße zu lassen. Als sie Strömstad verließen, hatten sie die Plätze getauscht: Tillgren fuhr, Wennergren-Olofsson saß auf dem Beifahrer-
sitz.
Nach weiteren dreißig Sekunden war immer noch kein einziger Ton aus dem Gerät zu hören.
»Verdammter Scheiß«, sagte Wennergren-Olofsson. »Da ist irgendwas schiefgegangen.«
»Ja, scheint nicht zu funktionieren«, sagte Tillgren.
Wennergren-Olofsson spulte eine Weile vor und versuchte es zum dritten Mal. Nicht ein Ton. Er schaltete aus.
»Das ist ja genau der Grund, warum man mit zwei Geräten arbeiten soll«, erklärte er. »Dann hören wir eben deine Aufnahme.«
Tillgren zog seinen Apparat aus der Brusttasche und drückte auf Play. Augenblicklich war ein deutliches Schnarren zu hören. Dann, sehr schwach, eine Stimme, von der Tillgren annahm, dass es wohl seine eigene war. Anschließend eine, die wahrscheinlich Elisabeth Martinsson gehörte.
Man konnte nicht ein Wort von dem, was gesagt wurde, verstehen. Vermutlich hätte es geklappt, wenn nicht dieses irritierende Schnarren wie eine alles abdeckende Geräuschkulisse im Vordergrund gestanden hätte.
»Ich
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