Einsamen
unbegründet ausgeprägten Selbstbewusstsein behaftet, was Tillgren dazu brachte, meistens seine Meinung für sich zu behalten.
Was nicht immer leicht war. Wennergren-Olofsson gefiel es, ihn zu belehren, sobald die Gelegenheit sich bot, und eine zwei Stunden lange Autofahrt von Kymlinge nach Strömstad war zweifellos eine ausgezeichnete Gelegenheit.
Ich kotze gleich, dachte Tillgren, als sie noch nicht einmal die Hälfte hinter sich hatten. Wenn er nicht bald die Schnauze hält, dann schlage ich ihm eins in die Fresse.
»Und dann habe ich ihm gesagt, er solle sich verdammt gut in Acht nehmen«, sagte Wennergren-Olofsson. »Und weißt du, was der Mistkerl gemacht hat?«
»Nein«, antwortete Tillgren. »Was hat der Mistkerl gemacht?«
»Er hat versucht, mir eine runterzuhauen«, sagte Wennergren-Olofsson.
Wie schön, dachte Tillgren. »Das ist nicht dein Ernst?«, sagte er.
»Doch. Aber da zeigte sich, mit wem er sich einlässt.«
»Einließ«, sagte Tillgren. »Nicht einlässt.«
»Was?«, fragte Wennergren-Olofsson.
»Falscher Tempus«, sagte Tillgren. »Aber egal. Was hältst du eigentlich von dem Fall hier?«
Warum frage ich das?, dachte er. Ich bin ja genauso ein Idiot.
Wennergren-Olofsson schien eine Sekunde lang über die grammatikalische Frage nachzudenken, bevor er sie verwarf. »Kompliziert«, sagte er. »Aber nicht unlösbar. Ich habe da so meine Überlegungen.«
»Das klingt spannend«, sagte Tillgren und bekam einen scharfen Blick von seinem Kollegen zugeworfen. Manchmal war es schwer zu sagen, wie viel Ironie man einbauen konnte, ohne entlarvt zu werden, und er wollte sich gern so nahe an der Grenze halten wie möglich.
»Wie gesagt«, sagte Wennergren-Olofsson. »Was denkst du? Hast du dich überhaupt genauer mit dem Fall befasst?«
»Nicht so ganz«, musste Tillgren zugeben. »Aber es ist ja schon recht merkwürdig, dass zwei Menschen genau an der-selben Stelle mit so einem langen Zeitraum dazwischen ihr Leben verlieren.«
»Recht merkwürdig?«, schnaubte Wennergren-Olofsson. »Ich sage dir, wenn ich die Vernehmungen der Beteiligten hätte durchführen können, dann hätte ich das schon geklärt. Es ist wichtig, dass man vom ersten Spatenstich an dabei ist. Es ist doch wohl klar, dass es einer von denen war.«
»Der was gemacht hat?«, fragte Tillgren.
»Der die beiden ermordet hat natürlich«, sagte Wennergren-Olofsson. »Dieser Sandlin, der 1975 die Ermittlungen geführt hat, der wusste, dass da etwas nicht stimmte, dass diese Puppe Winckler ermordet worden ist. Er konnte es nur nicht beweisen.«
»Meinst du?«, fragte Tillgren.
»Ja«, sagte Wennergren-Olofsson. »Das meine ich.«
»Hast du Sandlins Akten gelesen?«
»Überflogen«, sagte Wennergren-Olofsson.
»Und du glaubst also, dass es einer aus der Gruppe war, der sowohl Maria Winckler als auch Germund Grooth ermordet hat?«
»Genau«, nickte Wennergren-Olofsson. »Notier dir das.«
»Schon notiert«, sagte Tillgren. »Aber wer? Und warum?«
Wennergren-Olofsson schob sich eine Portion Snus unter die Lippe und dachte nach. »Weiß der Teufel«, sagte er. »Ich habe sie ja nicht getroffen, habe ich doch gesagt. Man muss sie irgendwie vor Augen haben, darüber haben wir doch schon gesprochen. Man kann es immer erkennen, wenn sie lügen. Ein konzentrierter Kriminaler mit ein wenig Psychologie im Schädel sieht so etwas.«
Mein Gott, dachte Tillgren, der einmal eine Freundin aus Wuppertal gehabt hatte, auf Deutsch. Was für ein bescheuerter Hanswurst. Wenn ich jemals ein Verbrechen begehen sollte, dann werde ich fordern, von W-O verhört zu werden.
»Genau«, sagte er. »Aber jetzt werden wir ja zumindest mit Elisabeth Martinsson reden können. Das ist doch schon mal was. Sie war 1975 ja an Ort und Stelle.«
Wennergren-Olofsson nickte enthusiastisch und drehte seinen Snus um. »Wir werden es so machen«, erklärte er. »Du stellst die Fragen, dann kann ich sie in Ruhe betrachten. Nach dem kleinen Zweifel suchen, weißt du. Diesem winzigen Bruch.«
»Schlau«, sagte Tillgren. »Wir haben ja Barbarottis und Backmans Frageliste, nach der wir vorgehen sollen, also wird es kein Problem geben. Und das Aufnahmegerät.«
»Ein Aufnahmegerät ist ein verdammt gutes Hilfsmittel«, sagte Wennergren-Olofsson. »Man kann sich alles hinterher noch einmal anhören und analysieren. Sicherheitshalber machen wir es doppelt.«
»Doppelt?«
»Wir nehmen deins und meins. Backman und Barbarotti wollen ja Band und Abschrift, aber ich kann
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