Einsamen
meine Aufnahme behalten und dann selbst meine Schlüsse ziehen. So ist es am sichersten.«
»Klingt einleuchtend«, sagte Tillgren. »Hast du etwas dagegen, wenn ich eine halbe Stunde schlafe? Ist gestern Abend etwas spät geworden.«
»Verdammter Schlendrian«, sagte Wennergren-Olofsson. »Aber von mir aus, es ist wichtig, dass wir wachsam sind wie die Falken, wenn wir sie attackieren.«
Und nachher auch noch zwei Stunden im Auto zurück, dachte Tillgren und schloss die Augen.
Elisabeth Martinsson wohnte in einer engen Zweizimmerwohnung am Hafen von Strömstad. Die Enge resultierte nicht nur aus der relativ geringen Quadratmeterzahl, sondern in erster Linie daraus, dass die Wohnung vollgestopft mit Möbeln war. Als wäre sie aus einer Sechszimmervilla hier eingezogen und hätte vergessen, einiges an Ballast abzuwerfen, dachte Tillgren, während er einen der beiden Dackel mit Namen Malte begrüßte. Maltes Mama hieß Brynhilde und kümmerte sich nicht die Bohne um diese Eindringlinge von der Polizei. Sie war laut ihrem Frauchen sechzehn, fast siebzehn Jahre alt und begnügte sich damit, auf einem mit Quasten geschmückten Seidenkissen auf einem gelben Klavier zu liegen und das Leben zu genießen.
Wie auch immer ein Dackel es schaffen mochte, ein Klavier zu besteigen? Aber vielleicht wurde sie ja jeden Morgen hochgehoben. Tillgren beschloss, nicht weiter nachzufragen. Er dachte, dass es wohl das erste Mal in seinem Leben war, dass er ein gelbes Klavier sah. Zumindest eines mit einem Dackel obendrauf.
»Setzen Sie sich«, forderte Elisabeth Martinsson die beiden auf. »Entschuldigen Sie die Unordnung. Aber ich habe keine Ausrede dafür, so sieht es hier immer aus.«
Tillgren schaute sich um. Mitten im Zimmer stand eine Staffelei mit einem großen, zu Dreiviertel fertigen Ölgemälde. Er betrachtete es einige Sekunden lang und kam dann zu der Auffassung, dass es eine verfallene Windmühle und eine Gruppe Ziegen darstellte, beschloss aber, nicht nachzufragen. Die Wände waren geschmückt mit Unmengen von Bildern, eins dicht neben dem anderen, von einer Wand bis zur anderen und vom Boden bis zur Decke. Ziemlich viele nackte Männer in verdrehten Positionen, aber auch die eine oder andere Landschaft in eher traditionellem Zuschnitt. Kräftige Farben. Tillgren hätte sich gut vorstellen können, das eine oder andere dieser Kunstwerke in seine eigene Zweizimmerwohnung daheim in Kymlinge zu hängen, aber es war schwer, einen richtigen Eindruck zu bekommen, weil sie so dicht beieinanderhingen.
»Ich hatte mal ein Atelier«, erklärte Elisabeth Martinsson, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Aber das wurde auf die Dauer zu teuer. Diese blöde Gemeinde opfert nicht eine Krone für ihre darbenden Künstler, das können Sie sich gern merken.«
»Das werden wir«, sagte Wennergren-Olofsson. »Es uns merken.«
»Gut«, sagte Elisabeth Martinsson.
Sie setzten sich auf zwei schmale Sessel aus Metall und Plastik an einen Tisch, der übersät war mit Farbtuben, Pinseln, Zeitschriften, Taschenbüchern und Gläsern. Elisabeth Martinsson zog den Klavierhocker hervor und ließ sich ihnen gegenüber nieder.
Hoffentlich bietet sie uns nichts an, dachte Tillgren. Hoffentlich geht es schnell.
»Ich sollte Ihnen wohl etwas anbieten«, sagte Elisabeth Martinsson. »Aber ich habe nichts im Haus.«
»Wir haben unterwegs einen Kaffee getrunken«, log Wennergren-Olofsson, »wir sind ja nicht hergekommen, um Kaffee zu trinken.«
»Ja, das habe ich schon verstanden«, sagte Elisabeth Martinsson und setzte sich eine Brille mit dicken schwarzen Bügeln auf. Tillgren fand, dass sie für eine darbende Künstlerin, die bereits die Sechzig überschritten hatte, doch ziemlich gut erhalten war. Irgendwie französisch, mit kurzem schwarzem Haar, und drahtig, obwohl sie sicher kein Trainingsfreak war. Ein blaues Päckchen Gauloise lag übrigens auch auf dem Tisch, aber es roch in der Wohnung nicht nach Nikotin, vielleicht handelte es sich dabei also um eine künstlerische Requisite irgendeiner Art.
»Wir ermitteln wie gesagt in einigen merkwürdigen Todesfällen«, erklärte Wennergren-Olofsson mit offizieller Stimme. »Mein Kollege Tillgren und ich sind gekommen, um Ihnen einige Fragen zu stellen, und wir möchten, dass Sie sie so genau und ehrlich beantworten, wie Sie können.«
»Ich habe vor ein paar Tagen schon mal mit jemandem von der Polizei gesprochen«, sagte Elisabeth Martinsson. »Mit einer Frau … Backlund oder so.«
»Mit
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