Einsamen
nachdem er im Juni 1976 die Kymlingeviksschule verlassen hat?
EM:Ich habe ihn gesehen, aber nicht mit ihm gesprochen.
AT:Bei welchen Gelegenheiten?
EM:Nur einmal. Aber ich erinnere mich, weil das schon merkwürdig war.
AT:Können Sie es mir schildern?
EM:Ja, natürlich. Es war auf der Finnlandfähre. Silja Line, glaube ich. Ich bin mit meinem Mann hin- und zurückgefahren, ja, wir sind jetzt schon lange geschieden. So ein sogenannter Wochenendtrip. Es war im Winter, Anfang der Achtziger, unsere Tochter war damals noch nicht geboren. Ja, Germund Grooth war also auf demselben Schiff.
AT:Und was war so besonders?
EM:Vielleicht war es nicht so besonders, aber er saß im Restaurant, und er hatte zwei auffällig schicke Damen bei sich.
W-O:Zwei?
EM:Ja.
W-O:Auffällig schick?
EM:Genau das. Wenn Sie wissen, was ich meine. Und er unterhielt irgendwie beide zugleich. Als sie den Tisch verließen, hatte er jeder einen Arm um die Taille gelegt. Ja, was weiß ich, sie waren etwas beschwipst, und mein Mann sagte nur, dass die jetzt wohl in die Kabine gingen, um einen flotten Dreier hinzu-
legen.
W-O:Oh Mann.
AT: Und das war alles?
EM:Ja, er saß mit dem Rücken zu uns, deshalb hat er mich nicht bemerkt. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob er mich wiedererkannt hätte. Es waren so viele Jahre vergangen, seit wir uns in Kymlinge gesehen hatten, fünf, sechs auf jeden Fall. Aber ich habe sofort gesehen, dass er es war. Wir mussten an seinem Tisch vorbei, als wir einen Platz suchten.
AT:Ich verstehe. Und wie steht es mit den anderen aus der Clique, haben Sie einen oder eine davon nach 1975 jemals wiedergesehen?
EM:Den Pfarrer und seine Frau habe ich ein paar Mal gesehen, solange ich in Kymlinge gelebt habe, aber hinterher, nein, ich glaube nicht.
W-O:Sie glauben?
EM:Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich keinen von denen wiedergetroffen habe.
W-O:Interessant.
AT:Gut. Nur noch ein paar kurze Fragen. Haben Sie jemals das Gefühl gehabt, dass Maria Winckler zu Selbstmord neigen könnte?
EM:Nein.
AT:Haben Sie das Gefühl gehabt, dass Germund Grooth zu Selbstmord neigen könnte?
EM:Nein, aber ich kenne wenige Selbstmordkandidaten, deshalb weiß ich nicht so recht, wie die sich verhalten.
AT:Was haben Sie am Samstag gemacht? Am Samstag, dem 25. September?
EM:Warum fragen Sie das?
AT:Reine Routine. Ich muss diese Frage stellen.
EM:Glauben Sie etwa, ich wäre in den Wald gefahren und hätte diesen blöden Grooth über den Hang geschubst?
AT:Natürlich nicht. Aber Sie verstehen doch sicher, dass ich diese Frage stellen muss. Und ich bitte, sie mir zu beantworten.
Zehn Sekunden lange Denkpause der zu Vernehmenden.
EM:Ich glaube, ich habe den ganzen Tag gemalt. Das da. Zeigt auf ein großes Ölgemälde, das mitten im Raum auf einer Staffelei steht. Ja, ich habe dieses Meisterwerk am Samstag angefangen, das stimmt.
AT:Waren Sie allein?
EM:Natürlich war ich allein. Sie glauben doch wohl nicht, dass man in Gruppen malt?
AT:Haben Sie tagsüber aus irgendeinem Grund jemanden getroffen?
EM: Nach kurzem Zögern: Ich habe morgens mit einer guten Freundin Kaffee getrunken. Unten bei Strands, da frühstücken wir ab und zu.
AT:Und danach sind Sie nach Hause gegangen und haben gemalt?
EM:Ja, dann bin ich nach Hause gegangen und habe gemalt. Ist daran etwas nicht in Ordnung?
AT:Natürlich nicht. In welchem Zeitraum ungefähr waren Sie allein zu Hause?
EM:Was weiß ich. Vielleicht so ab zehn Uhr morgens.
AT:Haben Sie mit jemandem telefoniert?
EM:Nicht, dass ich wüsste. Ich schalte immer alle Telefone aus, wenn ich arbeite.
AT:Ich verstehe. Ja, dann habe ich keine weiteren Fragen. Gibt es noch etwas, das Sie gern hinzufügen würden, von dem Sie glauben, es könnte einen Nutzen für uns haben?
EM:Nein, ich wüsste nicht, was das sein sollte. Sie glauben also, dass jemand Grooth da draußen im Wald am Samstag hinuntergestoßen hat?
AT:Das ist eine Möglichkeit. Wir arbeiten in alle Richtungen.
EM:Und was spricht dafür, dass er nicht von allein gesprungen ist?
AT:Das kann ich Ihnen nicht sagen.
EM:Ach so, ja. Nun, dann darf ich Ihnen wohl noch viel Glück bei den Ermittlungen wünschen. War sonst noch etwas?
W-O:Entschuldigen Sie, Frau Martinsson. Aber ich habe das Gefühl, dass Sie etwas zurückhalten. Bitte korrigieren Sie mich, wenn ich mich irre.
EM:Etwas zurückhalten? Ich halte überhaupt nichts zurück. Zufällig war ich vor fünfunddreißig Jahren draußen im Wald, als ein Mensch starb. Ansonsten habe
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