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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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haben beschlossen, dass wir dann nach Stockholm fahren und uns dort ein Hotelzimmer nehmen.

52
    A m frühen Mittwochmorgen, dem 6. Oktober, zog von Südwesten her ein Unwetter über Kymlinge und blieb den ganzen Vormittag dort. Gegen neun Uhr saß Gunnar Barbarotti mit einer Tasse Kaffee ganz oben im Gebäude Nummer 30 des Kymlinger Krankenhauses und betrachtete den bleischweren, erzürnten Himmel durch ein großzügiges Panoramafenster, und er dachte, dass ihm nichts weniger Sorgen bereiten konnte.
    Marianne lag in einem Bett ein paar Meter weiter im Zimmer und schlief. Auch ihretwegen machte er sich keine Sorgen. Zumindest waren es keine im Vergleich zu dem, was vorher gewesen war. Er hatte auch diese Nacht bei ihr geschlafen, und er hatte mit einem halben Dutzend verschiedener Ärzte und Krankenpfleger gesprochen. Alle waren der gleichen Meinung, und alle äußerten sich eindeutig. Marianne würde keine bleibenden Schäden von der Hirnblutung behalten, die sie vor zwei Tagen an ihrem Arbeitsplatz hundertfünfzig Meter von dem Zimmer, in dem sie sich jetzt befanden, ereilt hatte. Zumindest keine ernsthaften. Es war natürlich noch zu früh, etwas mit absoluter Sicherheit zu behaupten, aber wie gesagt, im Hinblick darauf, was hätte passieren können, gab es keinen Grund, sich anders als vorsichtig optimistisch zu äußern.
    Ihre fünf Kinder hatten soeben das Krankenhaus verlassen, um sich den üblichen Aufgaben des Tages zu widmen – das heißt, Schularbeiten verschiedener Formen –, während er selbst nicht die Absicht hatte, vor dem Mittag ins Polizeigebäude zu fahren. Bevor die Kinder gegangen waren, hatten sie eine Weile um Mariannes Bett gestanden, sich an den Händen haltend, die ganze Familie, Marianne selbst war nicht zu mehr als einem müden Lächeln in der Lage gewesen, doch das genügte.
    Es genügte und hielt an.
    Sie hatte wahrscheinlich immer noch nicht begriffen, was mit ihr geschehen war, aber das war ebenfalls kein Grund, sich Sorgen zu machen. Das würde nach und nach kommen, das hatten Doktor Berngren und mehrere andere aus dem Krankenhaus versichert, und es hatte absolut keine Eile.
    Nein, das, was Inspektor Barbarotti an diesem regnerischen Herbstmorgen höchstens Sorgen bereitete, das war das Gespräch, das er mit Eva Backman führen musste, wenn sie sich um halb zwei in deren Büro im Polizeigebäude treffen wollten.
    Sie hatten Zeit und Ort verabredet, und er hatte erklärt, dass er etwas Wichtiges zu berichten habe.
    Etwas Wichtiges zu berichten?, hatte sie sich gewundert. Du hast doch gerade berichtet, dass es Marianne gut geht. Was kann es denn im Vergleich dazu Wichtiges geben?
    Es hat mit dem Fall zu tun, hatte er eingeräumt. Mit dem
Todessturz draußen in der Gänseschlucht. Und … ja, und mit Marianne auch.
    In gewisser Weise.
    Aber das erkläre ich dir, wenn wir uns sehen.
    Heiliger Strohsack, hatte Eva Backman gestöhnt. Haben sie jetzt dir Sauerstoff gegeben?
    »Vielleicht ist es das Beste, wenn ich gleich zur Sache komme?«
    »Keine dumme Idee«, sagte Eva Backman.
    Er schluckte und räusperte sich. Stand von seinem Schreibtischstuhl auf und setzte sich wieder.
    »Was ist mit dir los?«, fragte Eva Backman. »Hast du
Flöhe?«
    »Es erscheint mir so verdammt dämlich«, sagte Barbarotti.
    »Das kann ich dir ansehen«, nickte Backman.
    »Es ist nur so, dass … dass Marianne … also, meine Frau …«
    »Ich weiß, dass sie deine Frau ist.«
    »Dass sie … wie sagt man? Ein Verhältnis mit Germund Grooth hatte.«
    Eva Backman fiel die Kaffeetasse zu Boden.
    »Ich habe doch gesagt, dass es verdammt dämlich ist«, sagte Barbarotti.
    »Du treibst keine Scherze mit mir?«, war das Erste, was sie wissen wollte, nachdem der Fußboden wieder sauber war.
    »Nein«, versicherte Barbarotti. »Spinnst du? Warum sollte ich mit so etwas Scherze machen?«
    »Da hast du Recht«, musste Backman zugeben. »Aber red weiter! Wann?«
    »Lange, bevor wir uns kennengelernt haben natürlich«, sagte Barbarotti. »Ja, zumindest eine Weile«, korrigierte er sich. »Sie waren über ein Jahr lang ein paarmal zusammen.«
    »Ja, und?«
    »Ich hätte das natürlich schon vorher sagen sollen, aber es erschien mir so verdammt … ja, ich weiß, ich war ein Idiot, aber es erscheint mir einfach peinlich.«
    »Du bist ein Idiot«, sagte Eva Backman.
    »Sag ich doch«, nickte Barbarotti. »Schön, dass du jedenfalls in dieser Beziehung meiner Meinung bist.«
    »Darauf kannst du dich verlassen«, sagte

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