Einsamen
gab Blumentöpfe und ein Bücherregal. Sogar einen Glasschrank mit diversen alkoholischen Getränken. Portwein, Madeira und
Cognac. Das freute ihn. Hier schienen Wärme und eine Art gesunder Menschenverstand mehr zu gelten als Gesetze und Vorschriften.
Würde in der Endphase des Lebens.
Und Tag und Nacht gab es Personal. Er grüßte eine große ältere Frau, die an einem Schreibtisch am Empfang saß und Kreuzworträtsel löste. Er stellte sich vor und erklärte den Grund seines Besuches.
»Anna Berglund?«, wiederholte die Frau. »Ja, das stimmt. Sie war ziemlich lange bei uns. Aber Montag ist sie von uns gegangen.«
»Ich weiß«, nickte Barbarotti. »Sie wird heute beerdigt. Mein Anliegen ist ein wenig … ungebührlich, ich glaube, so könnte man es bezeichnen. Im Hinblick auf die Umstände. Sie haben es schön hier.«
»Ja«, bestätigte die Frau. »Das finden die meisten. Ich selbst könnte mir vorstellen, in so einer Umgebung zu sterben. Ich arbeite jetzt seit vierzehn Jahren hier. Aber was möchten Sie denn wissen?«
»Es geht um Rickard Berglund, Annas Ehemann. Wenn ich richtig verstanden habe, hat er ziemlich viel Zeit hier verbracht? Am Sterbebett seiner Frau.«
Sie nickte. »Das stimmt. Ich glaube, sie haben einander inniglich geliebt, ich hoffe, er schafft es jetzt danach.«
»Unsere Ermittlungen haben eigentlich nichts mit den beiden zu tun«, erklärte Barbarotti. »Aber es würde die Sache vereinfachen, wenn wir wüssten, ob er am vorletzten Samstag hier gewesen ist … also am 25. September.«
»Am vorletzten Samstag?«
»Ja.«
»Warum fragen Sie ihn nicht selbst?«
»Das habe ich, aber er war so oft hier, dass er sich nicht mehr genau erinnert. Und das ist ja auch verständlich, wenn man bedenkt …«
»Das ist vollkommen verständlich«, unterbrach ihn die Frau und sah gleichzeitig bekümmert aus. »Nun, wir führen ja auf dieser Station nicht Buch über die Besuche. Dazu gibt es keinen Grund … Aber warten Sie, ich werde mal nachschauen.«
Sie blätterte schnell einen Kalender durch, der auf dem Schreibtisch lag. »Samstag, der 25. September … ja, da habe ich gearbeitet. Von morgens bis nachmittags. Das bedeutet, dass ich um sieben angefangen habe und um vier Feierabend hatte.«
Sie schlug den Kalender wieder zu, stemmte die Hände in die Hüften und schien nachzudenken.
»Ich kann mich nicht mehr genau erinnern«, sagte sie. »Doch, warten Sie, ich kann es doch. Na so was. Als ich morgens Margareta abgelöst habe – sie hat die Nachtwache –, da hat sie gesagt, dass Berglund bis zwei Uhr da gewesen ist. Wir kannten ihn inzwischen ziemlich gut, da seine Frau so lange Zeit bei uns war … meistens handelt es sich ja nur um ein paar Wochen oder so, aber Anna Berglund war fast drei Monate bei uns, es schien, als wollte sie nicht sterben … als weigerte sie sich, loszulassen. Auf jeden Fall dachte ich, dass ich ihn dann an dem Tag wohl nicht sehen würde, aber er tauchte doch noch hier auf, kurz bevor ich nach Hause gehen wollte.«
»Wann mag das ungefähr gewesen sein?«, fragte Barbarotti.
»Kurz vor vier. Ja, stimmt genau. Lustig, dass ich mich noch so genau daran erinnere.«
»Und Sie sind sich sicher, dass es Samstag, der 25. war?«
»Absolut«, versicherte sie. »Ich arbeite jedes zweite Wochenende. Und wir reden doch von dem Samstag vor zwei Wochen, oder?«
»Das tun wir«, bestätigte Barbarotti und stand auf. Bedankte sich für die Information und bat um Entschuldigung, gestört zu haben.
»Das macht gar nichts. Eine kleine Unterbrechung ist immer willkommen. Hier passiert ja nicht besonders viel.«
Während er den Wagen auf die Landzunge des Kymmen zulenkte, dachte er darüber nach.
Er auch nicht, war das Erste, was ihm in den Sinn kam. Nicht einmal Rickard Berglund schien für den fraglichen Zeitpunkt ein sicheres Alibi zu haben.
Und Tomas und Gunilla Winckler in Göteborg auch nicht. Und Elisabeth Martinsson in Strömstad auch nicht. Und wie gesagt Rickard Berglund in Kymlinge auch nicht.
Jetzt nicht und vor fünfunddreißig Jahren nicht, es verhielt sich genauso, wie Eva Backman bereits angemerkt hatte. Wenn das nicht merkwürdig war?
Andererseits, wenn Berglund bis zwei Uhr nachts neben seiner Frau gesessen hatte, dann war es ja wohl verständlich, dass er am nächsten Tag erst gegen vier Uhr nachmittags wieder dort auftauchte? Vielleicht hatte er jemanden an dem Samstag getroffen, der für ihn bürgen konnte. War einkaufen gewesen, beim Friseur oder was
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