Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
Vom Netzwerk:
zumindest anfangs gefiel es ihr, zu Hause zu bleiben. Doch es war nicht nur die Arbeit an der Wohnung, die ihr gefiel. Es waren auch die Göteborger. Ihr Humor und ihre gute Laune, sie hatte geglaubt, das wäre mehr oder weniger ein Mythos, stellte aber schnell fest, dass die Menschen sich hier in der Stadt auf eine andere Art und Weise begegneten. In den Geschäften, auf der Straße, überall. Ein kleiner Scherz, ein Lächeln, sie hatte nie bemerkt, dass die Menschen in Uppsala besonders unterkühlt oder abweisend waren, aber jetzt, nachdem sie einen Vergleich hatte, musste sie zugeben, dass es einen Unterschied gab. Allein einzukaufen war das reinste Vergnügen.
    Überhaupt erschien ihr dieser erste Göteborgwinter wie der Anfang von etwas Neuem, etwas Schönem. Die Ereignisse von Timisoara lagen inzwischen mehr als zwei Jahre zurück, die Aufenthalte in Ulleråker und die verlorenen Kinder waren noch weiter in der Vergangenheit versunken. Silvester feierten sie in einem Restaurant zusammen mit Sirkka und Martin, einem neuen Paar, das sie kennengelernt hatten; Martin arbeitete auch bei der Bank, und als Gunilla und Tomas gegen zwei Uhr nachts nach Hause kamen, liebten sie sich auf dem neuen Teppich im Flur, weiter kamen sie nicht, das Vorspiel hatten sie bereits begonnen, als sie das Restaurant verließen.
    So soll ein neues Jahr anfangen, hatte Tomas gemeint. Man liebt sich im Flur, wenn gerade erst einmal zwei Stunden vergangen sind.
    Gunilla hatte laut gelacht. Wie früher, dachte sie. Als hätten sie sich gerade erst kennengelernt. Ja, ich bin sogar bereit, wieder schwanger zu werden.
    Das wurde sie jedoch nicht, und das wäre auch ein Wunder gewesen, nahm sie doch immer noch die Pille. Aber damit hörte sie im Januar auf, ohne es Tomas zu erzählen. Die Zeit heilt tatsächlich alle Wunden, dachte sie. Das stimmt, es ist nicht nur ein Klischee.
    Tomas arbeitete ziemlich viel. In regelmäßigen Abständen war er gezwungen, die Abende mit Kunden zu verbringen, aber auch das störte sie nicht. Ihr Liebesleben wurde immer besser, und sie wusste, dass es an ihr lag. Dass sie so viel dazu beitrug, wie sie es während ihrer ersten gemeinsamen Jahre getan hatte. Sie spürte ganz einfach größere Lust, konnte sich bereits am Vormittag nach ihm sehnen, obwohl sie doch wusste, dass er erst spätabends nach Hause kommen würde, und sie fragte sich, ob das etwas damit zu tun haben könnte, dass sie wieder schwanger werden wollte. Dass es biologisch so sein könnte. Dass die Uhr des Lebens einfach wieder tickte.
    Aber sie wurde nicht schwanger. Jeden Monat bekam sie am achtundzwanzigsten Tag ihre Menstruation, bis sie beschloss, es einfach zu ignorieren. Es nicht erzwingen zu wollen. Falls eventuell ihre eigenen Wünsche ein Hindernis bildeten.
    Am ersten April begann sie zu arbeiten. In einem Übersetzerbüro, das neue Mitarbeiter gesucht hatte, und auch wenn sie in Uppsala ihr Studium nie wirklich abgeschlossen hatte, so hatte sie ja dennoch mehrere Jahre Sprachen studiert. Hatte Abschlüsse in Englisch, Deutsch und Spanisch; die Arbeit betraf in erster Linie diverse Geschäftsbriefe und Verträge, was absolut nicht ihre Spezialität war. Aber es gab Wörterbücher und Leute, die man fragen konnte, und sie lernte schnell. Das Büro hatte seine Räume auf Guldheden, zwanzig Minuten Fußweg entfernt von der Aschebergsgatan. Sie arbeitete nur drei Tage die Woche, aber es bestanden gute Aussichten, dass die Arbeitszeit zum Herbst ausgeweitet werden könnte.
    Als sie an einem Donnerstag Ende April nach Hause kam, hörte sie das Telefon klingeln. Sie hörte es bereits im Treppenhaus und dachte, dass sie es sicher nicht schaffen würde, rechtzeitig abzunehmen.
    Aber es klingelte weiter. Derjenige, der da anrief, wollte sie offenbar unbedingt erreichen. Sie warf ihre Tasche auf den Korbstuhl, nahm den Hörer ab und meldete sich.
    »Hallo, hier ist Maria. Ich möchte mit dir über Timisoara reden.«
    Sie hatte das Gefühl, etwas hätte sie eingeholt.

64
    K ommissar Asunander pflegte montags nicht zu lachen, und das tat er auch an diesem Morgen nicht. Eva Backman fand, er sah verkatert aus, sie wusste, dass er gern zu Hause allein den einen oder anderen Drink nahm, aber dass er an einem Sonntagabend sein Maß nicht gekannt haben sollte, das war ungewöhnlich.
    Falls dem so war. Vielleicht war er auch einfach nur müde und schlecht gelaunt.
    In zwei Jahren stand seine Pensionierung an. Dann kann er an jedem Abend in der Woche so

Weitere Kostenlose Bücher