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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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Wir sind nie ins Theater oder Kino gegangen, wir haben nie davon gesprochen, einmal zusammen zu verreisen, er hat nie etwas über mein Leben wissen wollen. Nie nach meinen Kindern gefragt … ja, verstehst du?«
    »Ich verstehe«, sagte Eva Backman. »Nein, so klappt das nicht. Aber du, hast du ihn nach seinem Leben gefragt?«
    »Ich habe es versucht«, antwortete Marianne und verzog kurz das Gesicht. »Aber er war nicht besonders mitteilsam. Dabei aber auch nicht so mürrisch, wie gewisse Männer sein können … ganz im Gegenteil, er war zuvorkommend, so heißt das doch, oder?«
    Eva Backman nickte.
    »Ja, zuvorkommend. Aber gleichzeitig ausweichend. Er sah gut aus, und er war immer höflich und rücksichtsvoll, aber … ja, es fehlte etwas. Mit der Zeit bin ich zu dem Schluss gekommen, dass er deprimiert war. Oder zumindest habe ich für mich diese Diagnose gestellt. Und dann war da dieser Sex, diese Treffen, das war … das war irgendwie, wie ein Buch zu lesen und sich dabei immer und immer wieder nur das erste Kapitel vorzunehmen. Verstehst du, was ich meine?«
    »Ich verstehe sehr gut, was du meinst«, versicherte Eva Backman ihr und dachte kurz, dass es ziemlich lange her war, seit sie das letzte Mal ein erstes Kapitel gelesen hatte. »Hast du herausbekommen, was die Ursache für diese Depression war oder was auch immer es gewesen sein mag?«
    »Depressionen müssen nicht immer eine klare Ursache haben«, erklärte Marianne. »Aber ich glaube, in seinem Fall gab es da ein Trauma. Er hat mal erwähnt, dass er vor vielen Jahren seine Lebensgefährtin verloren hat, aber nie erzählt, wie es passiert ist. Eigentlich habe ich es nur ein einziges Mal geschafft, ihm nahezukommen … oder wie man es ausdrücken will. Und das war sogar bei unserem letzten Treffen. Soll ich es dir erzählen?«
    »Auf jeden Fall«, sagte Eva Backman.
    Marianne räusperte sich und trank einen Schluck Wasser. »Es war folgendermaßen, ich habe seit ein paar Tagen darüber nachgedacht und versucht, mich an die Details zu erinnern. Wir wohnten ein Wochenende lang in einem Hotel in Simrishamn. Kamen am Freitagabend an und fuhren am Sonntag wieder ab. In der zweiten Nacht, der zwischen Samstag und Sonntag also, da hatte er so eine Art Albtraum. Ich glaube zumindest, dass es ein Albtraum war. Ich bin davon aufgewacht, dass er im Bett saß und etwas vor sich hin murmelte. In dem Moment war ich mir nicht sicher, ob er schlief oder wach war, deshalb fragte ich ihn, was los sei. Da sagte er, mit lauter, klarer Stimme … fast ein wenig anklagend: ›Ich habe meine Eltern und meine Schwester getötet, können Sie das in Ihre Bücher schreiben?‹«
    »Was?«, fragte Eva Backman nach.
    »Genau das. ›Ich habe meine Eltern und meine Schwester getötet, können Sie das in Ihre Bücher schreiben?‹ Das hat er zweimal gesagt. Ich habe es genau gehört und nie vergessen können. Nachdem er es das zweite Mal gesagt hatte, legte er sich wieder hin und schlief weiter. Ich dachte, es könnte sich natürlich um irgend so einen aus der Bahn geratenen Traum handeln, es hatte geklungen, als säße er vor irgendwelchen Richtern … als spräche er in einem Gerichtssaal. Träume können ja ziemlich eigenartig sein, aber als er am nächsten Morgen aufwachte und ich ihm erzählte, was passiert war, da hat er äußerst merkwürdig reagiert.«
    »Und wie?«
    »Er ist geradezu verstummt. War geschockt oder so. Wir haben nicht einmal mehr zusammen gefrühstückt. Wir waren jeder im eigenen Wagen hergefahren, und jetzt duschte er und verließ das Hotel noch vor neun Uhr ohne ein Wort der Erklärung. Dadurch bekam ich den Eindruck … ja, mein spontaner Gedanke war, dass es wohl tatsächlich stimmte.«
    »Dass er …?«
    »Ja, dass er wirklich seine Eltern und seine Schwester getötet hatte.«
    Eva Backman blieb zehn Sekunden schweigend sitzen. Marianne trank wieder von ihrem Wasser und grüßte eine vorbeigehende Krankenschwester.
    »Und du hast gesagt, das war das letzte Mal, dass ihr euch gesehen habt?«
    »Ja. Ich habe ihn ein paar Wochen später angerufen. Da sagte er, dass es besser sei, wenn wir uns nicht mehr träfen. Ich hatte gar nicht geplant, ihn nach einem Treffen zu fragen, aber meinte daraufhin wohl, dass er damit vollkommen Recht habe.«
    »Und danach habt ihr euch nie wieder gesehen?«
    »Nein.«
    »Auch nicht telefoniert oder gemailt?«
    »Nein.«
    »Und wann war das?«
    »August 2005. Ungefähr ein Jahr, bevor ich Gunnar kennengelernt habe.«
    Eva

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