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Einsamen

Einsamen

Titel: Einsamen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nesser
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habe, den Fall Grooth ad acta zu legen. Ich habe Sandlins Akten von 1975 durchgelesen und habe euch die ganze Zeit im Blick behalten. Das ist … ja, das ist wirklich eine verflucht merkwürdige Geschichte. Das irritiert mich.«
    »Genau wie uns«, bestätigte Backman.
    »Eine der merkwürdigsten seit Langem«, ergänzte Barbarotti.
    Asunander räusperte sich. »Jetzt hört mal her. Sieben Personen gehen in den Wald. Eine von ihnen stirbt. Fünfunddreißig Jahre später stirbt noch eine genau an demselben Platz. Löst einer von euch Sudoku?«
    »Sudoku?«, fragte Backman nach. »Nein, ich jedenfalls nicht.«
    »Ich habe es ein paar Mal versucht, als es neu war«, sagte Barbarotti. »Aber es hat mich nie gefesselt.«
    »Mich aber«, erklärte Asunander. »Aber ich bin in meinem tiefsten Inneren eigentlich Mathematiker, deshalb ist es kein Wunder. Ich löse wohl so an die zwanzig in der Woche. Natürlich nur die allerschwersten. Nun gut, manchmal kommt es vor, dass ein Problem auftaucht, das nicht zu lösen ist, oder das zwei oder mehrere Lösungen hat, genauer gesagt. Was daran liegt, dass der Konstrukteur geschlampt hat. Der Fall Grooth erinnert mich jedenfalls an so ein fehlkonstruiertes
Sudoku.«
    »Es kann ja wohl keine zwei Lösungen geben?«, fragte Barbarotti. »Entweder er wurde ermordet oder …«
    »Das ist der Unterschied«, unterbrach Asunander ihn. »Wir müssen uns mit einer Lösung zufrieden geben. Aber wenn man ein Sudoku löst, dann gerät man manchmal in die Lage, einen Schritt ins Ungewisse tun zu müssen. Sich zu entscheiden, ohne dass es eigentlich möglich ist, sich zu entscheiden. Ohne Grundlage, sonst kommt man nicht weiter, versteht ihr, wovon ich rede?«
    »Zu fast dreißig Prozent«, sagte Gunnar Barbarotti. »Aber das mit dem Schritt ins Ungewisse, das ist geradezu meine Spezialität.«
    Asunander hob erneut seinen Zeigefinger und ließ ihn dann langsam wieder sinken.
    »Was glaubt ihr denn nun?«, schloss er sein Statement ab. »Nur das will ich wissen. Wurde er ermordet oder nicht? Und denkt bitte gut nach, bevor ihr antwortet.«
    Fünf Sekunden Schweigen. Asunander nahm seine Krawatte ab.
    »Ja«, sagte Eva Backman. »So würde ich es beurteilen. Obwohl ich nichts in Händen habe.«
    »Dem stimme ich zu«, sagte Barbarotti. »Er wurde ermordet. Ein nackter Schritt ins Ungewisse.«
    »Gut«, sagte Asunander. »Das glaube ich nämlich auch. Ansonsten säße ich nicht hier und vergeudete meine Jugend. Und Maria Winckler?«
    Weitere fünf Schweigesekunden verstrichen. Asunander stopfte die Krawatte in die oberste rechte Schreibtischschublade.
    »Man kann nicht einfach Ja oder Nein antworten, ohne sich gleichzeitig eine Art von Szenario vorzustellen«, sagte Backman. »Das wäre sinnlos. Zumindest bei normalen Fällen. Das Problem ist, dass ich tatsächlich ebenfalls glaube, dass Maria Winckler ermordet wurde, aber nicht einmal den Ansatz zu einem Szenario habe.«
    »Und du?« Asunander zeigte mit einem Stift auf Barbarotti.
    »Nicht ohne Vorbehalt«, sagte Barbarotti.
    »An dieser Bar führen wir keine Vorbehalte«, sagte Asunander. »Bist du der Meinung, dass jemand sie gestoßen hat oder nicht?«
    Barbarotti überlegte.
    »Ich bin auch der Meinung«, sagte er.
    »Gut«, sagte Asunander. »Ich glaube es nämlich auch. Um zwei Uhr nachts habe ich mich dazu entschieden.«
    Und nicht ohne alkoholische Getränke, stellte Eva Backman fest. Habe ich mir doch gedacht. Der Kommissar machte eine Pause, während er einen Zettel aus dem Stapel auf seinem Schreibtisch zog. Musterte ihn eine Weile. Backman konnte nur erkennen, dass es aussah wie eine Seite aus einem Collegeblock nach einer ungewöhnlich unstrukturierten Vor-
lesung.
    »Meine letzte Frage«, sagte er. »Ein oder zwei Mörder?«
    Backman schaute Barbarotti an. Barbarotti schaute Backman an.
    »Einer«, sagte Backman.
    »Einer«, sagte Barbarotti.
    »Vollkommen richtig«, nickte Asunander. »Wenn wir eure Antworten addieren.«
    »Er wird immer merkwürdiger«, sagte Backman, als sie eine Viertelstunde später unten in der Kantine saßen. »Bist du meiner Meinung?«
    »Ja«, bestätigte Barbarotti. »Vielleicht gut, dass er nur noch zwei Jahre hat. Aber auf jeden Fall hat er den gewissen Blick. Weiß der Teufel, wie er das schafft.«
    »Er hat den Mousterlinfall gelöst«, erinnerte Backman sich. »Weißt du, wie er darauf gekommen ist?«
    »Nein«, antwortete Barbarotti. »Er hat es mir auch nie erzählt.«
    »Aber ihr habt damals eine

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