Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
Weekend ins Landhaus geht? Aber Marmor und BMW machen Rick weniger Sorgen als die Vorstellung, dass Monty und Melissa in verschiedenen Wohnungen leben werden. Das scheint beschlossene Sache zu sein. Eines Abends kommen beide in Ricks Zimmer und haben diese Miene drauf, die nichts Gutes verheißt.
»Ricky«, beginnt Melissa. Wenn sie ihn so nennt, weiß er, dass was faul ist. »Wir brauchen deine Hilfe.« Sie setzt sich auf sein Bett und klopft auf die Decke, er soll sich neben sie setzen. Rick bleibt am Computer.
»Deine Mutter und ich sind der Meinung …« Rick spürt, wie schwer es dem Vater fällt, sich locker zu geben. Er steckt die Hände in die Hosentaschen und ballt die Fäuste darin. »Wir glauben, dass es gut wäre, wenn jeder mal eine Weile für sich ist.« Montgomery lächelt angestrengt. »Aus dem Haus müssen wir sowieso raus. Wäre das nicht die Gelegenheit, in unterschiedliche Wohnungen zu ziehen?« Er räuspert sich.
Melissa hebt die Augenbrauen, wie sie es tut, wenn sie ungeduldig wird. »Du bist fünfzehn, darum glauben wir, du sollst selbst entscheiden, bei wem du von nun an wohnen willst.«
»Fünfzehn«, wiederholt Rick und staunt, wie hohl seine Stimme klingt. Er ist noch nicht einmal fünfzehn. Im Juli wollen sie zusammen in den Grand Canyon paddeln fahren, das soll Ricks Geburtstagsgeschenk sein. Jetzt ist Juni, ein schöner Juni, aber alles, was im Juli passieren wird, ist, dass seine Eltern sich trennen. Rick pfeift auf den Grand Canyon, wenn er nur das hier verhindern kann.
»Und Charlene?«, fragt er, weil er sich unmöglich sofort entscheiden kann.
»Charlene kommt zu mir«, antwortet Melissa rasch. »Sie ist noch zu jung, sie braucht die Mutter.«
»Dann bleib ich bei Dad.« Das ist so schnell heraus, dass Rick darüber erschrickt. Wer hat jetzt gesprochen, er selbst oder sein Trotz? Er ist sauer, nein, todtraurig ist er, dass Melissa alles hinschmeißt und weggeht und die Familie im Stich lässt. Melissa ist schuld,
sagt der Trotz in Rick. Ich will nicht zu Melissa, ich halte zu Dad.
»Dann wäre das schon mal geklärt«, antwortet Melissa. Wie schön sie ist, wenn sie lächelt, und wie sehr Rick sie in diesem Moment hasst. Das lange schwarze Haar umrahmt ihr breites Gesicht. Rick weiß, dass sie seit einiger Zeit Farbe reinkleistert, damit das Haar schwarz bleibt. Er weiß, dass ihr der Zahnarzt die strahlend weißen Zähne verpasst hat und dass sie schon mal an ihrer Nase rumoperieren ließ. Aber auch wenn nicht alles an ihrer Schönheit echt ist, findet er sie wunderschön. Warum lächelt sie bloß? Ist sie etwa erleichtert, dass Rick sich nicht für sie entschied? Froh, ihn an Monty abzuschieben? Rick ist so verwirrt, dass er sich wegdreht und das Mousepad des Computers bearbeitet.
»Okay, junger Mann.« Sein Vater tritt hinter ihn und fährt ihm durchs Haar. »Dann sind wir zwei ab jetzt ein Team.«
Rick hasst es, wenn man ihm durchs Haar fährt, Monty weiß das. Es zeigt, wie unsicher und unglücklich der Vater ist.
»Dann fang schon mal an zu packen«, sagt er. »In ein paar Tagen ziehen wir nach New Jersey.«
Rick hebt den Kopf und sieht Montgomery an. Er hat noch nie Tränen in den Augen seines Vaters gesehen.
2
New Jersey ist der Albtraum, der besagt, dass man sich Manhattan nicht mehr leisten kann. Wer es auf die Insel geschafft hat, den Big Apple, den Ort der Träume, der will nie wieder von dort weg. Wenn man nach Singapur ziehen müsste oder Australien, wäre es nicht so schlimm wie der lächerliche Hüpfer über den Hudson River – ans andere Ende der Welt. New York ist laut, chaotisch und großartig, New Jersey ist spießig. Dort gibt es Orte, die heißen New Brunswick oder Elizabeth , und ein Junge wie Rick möchte dort nicht begraben sein. Ein paar Hundert Meter braunes Wasser trennen den fantastischsten Platz der Welt von einer Gegend, wo alles stinknormal ist.
Rick hasst es, normal zu sein, Spießigkeit ist für ihn die achte Todsünde. Der Umzug nach New Jersey bedeutet die Fahrt in die Hölle. Die Hölle eines Dreizimmerapartments mit Blick ins Grüne. Wenn du in Manhattan aus dem Fenster schaust und siehst
einen Lichtschacht, bist du glücklich, denn es ist ein Lichtschacht im Nabel der Welt. Guckst du in New Jersey ins Grüne, kannst du genauso gut tot sein. Nichts für ungut, ihr Leute von New Jersey! Rick kommt in sein neues Zimmer und möchte am liebsten heulen. Er tut es nicht und sagt stattdessen »Oh ja, prima, das wird gehen«, weil er
Weitere Kostenlose Bücher