Einsatz in New York - Secret Mission ; 1
des Bombenlegers los, das Nachlassen der Spannung wirft beide zurück. In derselben Zehntelsekunde schiebt sich Ricks linke Hand, die starke Hand, in seine Tasche und zieht die Waffe hervor. Rick wirft sich herum, presst den Lauf der Pistole an die Schläfe des Feindes und drückt ab. In all dem Lärm ist der Schuss kaum zu hören. Der Mann mit der Narbe sieht Rick an, es ist kein Leben mehr in diesem Blick. Der Tod ergreift ihn, bevor er sein tödliches Handwerk zu Ende bringt. Er sinkt zurück. Behutsam, zärtlich fast, berührt Rick die Hand des Toten am Auslöser. Die Finger lassen sich öffnen, der Mechanismus ist in Ricks Händen.
Die Meute ist über ihm. Sie haben keine Ahnung, dass er der Sheriff mit dem weißen Hut ist. Sie wollen ihn überwältigen. Polizisten sind da, Security-Leute, sie wollen ihn zurückreißen. Mit aller Kraft wirft Rick sich über den Leichnam, spürt das Harte, Unförmige am Körper des anderen und weiß, er liegt auf einer radioaktiven Sprengladung. Rick klammert sich fest, seine Faust umschließt den Auslöser. Sie ziehen und zerren, sie bedrohen ihn mit Waffen, sie brüllen Befehle.
Bis zu dem Moment, als Detective Arnold Snyder den Punkt erreicht. Das bin ich. Spät, aber nicht zu spät, treffe ich auf dem Times Square ein. Ich zeige meinen Ausweis dem ranghöchsten Polizisten. Ich sage den Satz, der Klarheit schafft. Ich kann sie beruhigen, kann sie überzeugen. Für einen Moment tritt Stille ein.
»The Big Apple!«, ruft eine bekannte Stimme.
Aus zehntausenden Kehlen ist ein lang gezogenes »Yeaah!« zu hören. Ein Blick zur Bildwand. Der Bürgermeister zieht am Seil, das Seidentuch fällt, darunter kommt das Objekt zum Vorschein. Es ist unscheinbar und trotzdem bejubeln die New Yorker ihren Little Big Apple ausgiebig. Währenddessen helfe ich einem fünfzehnjährigen Jungen im Overall auf die Beine. Als er mich erkennt, ist unendliche Erleichterung in seinem Gesicht. Nur zögernd lässt er den tödlichen Mechanismus los und legt ihn auf die Leiche des Terroristen. Ricks Hand zittert. Die Polizei schafft Platz.
Dahinter tauchen Männer vom Strahlenschutzkommando auf, wie Astronauten sehen sie aus. Ich lege meinen Arm um den Jungen und ziehe ihn hoch. Strubbelig steht sein Haar zu Berge, er ist bleich, verwirrt. Er begreift nicht, dass er gerade einer ganzen Stadt das Leben gerettet hat. Es wird einige Zeit brauchen, bis er es vollkommen versteht. Ich nicke ihm zu. Ich bin unsagbar stolz.
38
Der 11. September ist vorübergegangen und nichts ist geschehen. Auch der 12. und 13. September sind vorübergegangen. Was die Zeitungen schreiben, was die Medien bringen, kümmert uns nicht. Manches ist die Wahrheit, manches wurde erfunden. Von einem geistig verwirrten Attentäter ist die Rede, der den Bürgermeister umbringen wollte. Von einem kleinen Explosivkörper ist die Rede, einer minderen Gefährdung für die Allgemeinheit. Es ist nötig, von minderer Gefährdung zu sprechen, weil es den Menschen das Gefühl gibt, dass sie sicher sind in ihrer Stadt. Das Böse gibt es, aber in den meisten Fällen wird das Böse von den Sicherheitskräften überwältigt. Niemand braucht zu erfahren, wie nahe das Böse diesmal dran war, einen katastrophalen Schlag zu landen. Niemand weiß, dass sich Nine Eleven beinahe wiederholt hätte.
Ich habe den Jungen aus dem Trubel rausgehalten. Sein Foto tauchte in keiner Zeitung auf, sein Name
wurde nirgends erwähnt. Rick Cullen blieb unentdeckt. Ein fünfzehnjähriger Highschool-Schüler wird nicht mit der Rettung New Yorks in Verbindung gebracht. Das ist mein einziges Dankeschön für Rick. Er kann weiterhin ein normales Leben führen, das ihn nicht dem Druck der Öffentlichkeit aussetzt. Auch wenn sein Leben in den letzten Monaten chaotisch, irrsinnig war, darf er jetzt zurückkehren in die Welt, die er kennt und im Grunde mag. Er darf ein Junge sein. Kann er das? Wird es ihm gelingen, nachdem er seine Außergewöhnlichkeit so oft unter Beweis stellte?
Die Antwort darauf erhalten wir vielleicht, wenn wir Rick an diesem 14. September nach Brooklyn begleiten, ins Methodist Hospital. Die Immunologie ist kein Ort, an dem man Freude erwarten würde, und doch ist sie für zwei Menschen ein kleines Paradies. Zwei junge Leute haben sich wieder, sind innig vereint, sie haben sich unsagbar lieb. Storm ist an die Apparate angeschlossen, die ihr Blut waschen, wie immer kämpft sie gegen den Dämon in ihrem Körper. Aber um wie viel leichter wird es ihr heute,
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