Einsatzort Vergangenheit (German Edition)
neben mir.
Erschrocken blickte ich zur Seite und sah Herrn Berger an meinem Spind stehen.
„Ich
wollte mich noch einmal bei Ihnen wegen gestern entschuldigen. Das war ganz
klar so nicht geplant gewesen. Hätte ich gewusst, dass Herr Schuhmann meinem
Unterricht beiwohnt, dann hätte ich garantiert eine eigene Vorbereitung gehabt.
Ich habe ihm gesagt, dass ein großer Teil Ihnen geschuldet ist. Können Sie mir
bitte verzeihen und dieses kleine Friedensangebot annehmen?“ Er wirkte
zerknirscht, wahrscheinlich war er ein guter Schauspieler und war sich seines
guten Aussehens und seiner Wirkung auf Frauen nur allzu sehr bewusst und hoffte
mit dieser Masche überall durchzukommen.
„Ich
nehme es an, aber nur, weil ich Schokolade mag. Sie, Herr Berger, sind ein
Kollege, ich arbeite mit Ihnen, aber mehr auch nicht! Haben Sie das verstanden?“
Dieser Mann machte mich einfach nur wütend. Kam hierher, tat so, als sei mit
ein paar Pralinen alles vergessen und in Ordnung. Er glaubte, nur weil er dem
Direktor gesagt hatte, dass ich ebenfalls an der Vorbereitung beteiligt gewesen
sei, dass alles wieder gut war? Da hatte er sich aber gewaltig in den Finger
geschnitten. Erst wenn er zugab, dass er kein bisschen zum Unterricht
beigetragen hatte, dann wäre ich eventuell in der Lage ihm zu verzeihen. Oh ja,
ich konnte stur sein, bestimmt keine meiner rühmlichsten Eigenschaften, aber
wenigstens gab ich nicht beim kleinsten Lächeln dieses Casanovas nach. Wie ich
darauf kam, dass er ein Casanova war? Erst die Superblondine mit dem Cabrio,
dann die neue Eroberung am Wochenende und die Art und Weise, wie er mit den
Kolleginnen flirtete, legte diese Schlussfolgerung mehr als nahe.
„Sie
sind ganz schön empfindlich! Was hätten Sie an meiner Stelle gemacht? Die
Wahrheit gesagt? Dann sind Sie mutiger als ich.“
„Laura,
kannst du mir einen Gefallen tun? Du hast doch letztes Jahr die englische Woche
bei der Projektwoche gemacht. Kannst du mir die Adresse des englischen Theaters
geben, in dem du damals warst? Ich habe alles im Internet abgesucht, aber
nichts gefunden“, unterbrach uns in diesem Moment meine Kollegin, Sarah
Kleinhagen.
„Würde
ich gerne, aber die haben leider dichtgemacht. War anscheinend doch nicht so
gefragt, wie sie es sich vorgestellt haben“, erwiderte ich.
„Schade,
kann man wohl nichts machen, trotzdem danke!“ Sie zuckte enttäuscht mit den Schultern
und ging an einen der Tische im Lehrerzimmer zurück.
„Projektwoche
Frau Simon, da war doch noch was. Wir sollten schleunigst einen Termin
ausmachen, damit wir uns vorbereiten können.“ Sofort war Herr Berger auf das
Thema angesprungen. Warum hatte Sarah gerade jetzt auftauchen müssen und warum
hatte er das Ganze nicht einfach vergessen können?
„Wir
können es ja so machen, wie bisher auch! Ich bereite alles vor und Sie heimsen für
uns beide das Lob ein, was halten Sie davon?“, gab ich ätzend zurück. Das
Gesicht meines Gegenübers wurde mit einem Schlag dunkel und wütend funkelte er
mich an.
„Sie
glauben wohl, dass Sie eine ganz große Nummer sind, nur weil ich einmal einen Fehler
gemacht habe. Wir treffen uns nächste Woche Mittwoch nach der Schule. Ich habe
da eine Idee und die möchte ich Ihnen zeigen. Und kommen Sie mir nicht mit
irgendwelchen Ausreden. Sie wissen, dass wir da zusammen durchmüssen. Halten
Sie sich also den Mittwoch frei!“, herrschte er mich an. Hatte ich ihn für
einen Typen gehalten, der einem Konflikt lieber aus dem Weg ging, als ihn
auszutragen, zeigte dieser Gefühlsausbruch, dass er auch ganz anders konnte.
„Ok,
was immer Sie wollen, ich bin nächsten Mittwoch da“, entgegnete ich fast
eingeschüchtert, „und jetzt entschuldigen Sie mich, die Pause ist vorbei!“ Ich
legte die Pralinenpackung, die ich die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte,
wieder in mein Fach zurück, nahm meine Unterlagen und ging zum Unterricht. Was
für ein Glück, dass ich an einer Schule arbeitete und somit das Pausenende dazu
nutzen konnte unliebsame Gespräche zu beenden. Dies war innerhalb von zwei
Tagen nun bereits das zweite Mal, wie mir auf meinem Weg in die Klasse auffiel.
Nicht, dass das zur Dauereinrichtung wurde.
Nach
einem scheinbar unendlichen Schultag machte ich mich auf den Weg zum Parkplatz.
Ich hatte nur noch einen Wunsch, nach Hause gehen und diesen Tag in der
Schublade der schrecklichen Ereignisse unterzubringen. Gerade als ich an meinem
Auto angekommen war, klingelte mein Handy. Flink fischte ich in meiner
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