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Einst herrschten Elfen

Titel: Einst herrschten Elfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Barclay
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denn so erstrebenswert daran, unsere Position als vorherrschende Linie aufzugeben? Glaubt ihr wirklich, ein Tuali oder Gyalan könne uns allein dadurch ebenbürtig werden, dass wir behaupten, sie zu lieben und als gleichberechtigt anzuerkennen? Das glauben sie nicht einmal selbst, und ihr Hass auf uns ist ungebrochen. Alle anderen Linien hassen uns, und wie wahr dies ist, wird man bald erkennen. In Ysundeneth zuerst, bald darauf überall. Auch hier.«
    Sikaants anfängliche Verwirrung verflog, sobald er die Szene auf dem Vorplatz des Tempels überblicken konnte. Menschen hatten ihn entweiht. Ein paar der dreißig starrten zum Wald und machten sich vergeblich auf einen Angriff gefasst, den sie, sofern er denn kam, erst bemerken würden, wenn er sie bereits niedergestreckt hatte. Die meisten beobachteten Sildaan, die vor den knienden Priestern hin und her schritt. Alle hatten stolz die Köpfe gehoben, obwohl man ihnen die Hände gefesselt hatte. Allen hielten menschliche Krieger Klingen an den Hals.
    »Falls ich euch leben lasse, werdet ihr erkennen, dass der Preis für diesen falschen Frieden viel zu hoch war. Ich stimme mit den Angehörigen aller Linien überein, die Takaars Verhalten auf Hausolis als endgültigen Beweis dafür ansehen, dass sein Gesetz und er selbst versagt haben.«
    Einer der Priester ergriff das Wort. Es war Ipuuran, der schon immer ein furchtloser Streiter gewesen war.
    »Du glaubst, Takaars Ächtung werde die Linien entzweien. Damit irrst du dich. Tausend Jahre des Friedens haben Gewicht, so etwas wirft man nicht einfach weg. Dazu ein Frieden, der nichts gekostet hat.«
    »Nichts?« Jetzt kreischte Sildaan wieder. »Es hat die Ynissul alles gekostet. Unsere Position, unser Geburtsrecht. Die Achtung vor uns. Die Liebe unseres eigenen Gottes. Du bist blind, wenn du nicht erkennst, was kommen wird. Du bist wie Myriin und all die anderen TaiGethen und die Schweigenden, die sich unter dem Blätterdach verbergen und keine Ahnung haben, was unter dem zerbrechlichen Deckel der Harmonie brodelt.«
    »Lorius wird …«, setzte Ipuuran an.
    »Lorius! Ha! Lorius wird genau das tun, wozu man ihn gedrängt hat. Glaubst du wirklich, er wird unterdrücken können, was kommt, indem er sich hinstellt und sich von Takaar lossagt? Du meine Güte. Er ist so dumm wie du. Er glaubt fest an die Harmonie und ist überzeugt, dass sie überdauern wird, wenn er nur rechtzeitig alle Hindernisse aus dem Weg räumt. Er glaubt, seine Worte werden ihm unter den niederen Linien Ansehen verschaffen, doch sie hassen ihn ebenso, wie sie jeden anderen lebenden, atmenden Ynissul hassen. Abgesehen von Jarinn vielleicht. Was im Gardaryn geschieht, entspricht genau unseren Wünschen, mein großer Tempelpriester. Deshalb sind die Menschen hier. Nur sie können das Gemetzel an denen verhindern, die zum Herrschen geboren sind. Und herrschen werden wir. Wenn das Blutvergießen vorbei ist, wird die Macht der Elfen wieder allein in den Händen der Ynissul ruhen, wie es sein sollte.«
    Sikaant bewegte sich im Schatten weiter, bis er dicht hinter den Priestern stand, die dem Geschehen zuschauten. Was er nun tun musste, gefiel ihm nicht. Unter der Kuppel zu sprechen, galt in seinem Orden als Vergehen, doch das war nicht so schlimm wie die Worte, die er gerade gehört hatte. Sikaant war schnell, fast so schnell wie ein TaiGethen. Er legte die schmalen, langen Hände, deren Finger spitz zugefeilte Nägel trugen, auf die entblößten Hälse der beiden Priester. Sie wagten es nicht, sich zu bewegen.
    »Wer aus sicherer Entfernung zuschaut, wird sicher bald der Ketzerei verfallen«, flüsterte er.
    »Wir wussten gar nicht, dass du hier bist«, sagte einer, dessen Name Sikaant entfallen war.
    »Offensichtlich«, stimmte Sikaant zu.
    Er schloss die Hände, stach, zerrte, riss mit den Nägeln und zog die Finger zurück. Blut strömte aus zerfetzten Kehlen, gurgelnde Geräusche entstanden, die Beine klappten unter den sterbenden Körpern zusammen. Sikaant hielt sie aufrecht. Sie zappelten und wehrten sich kaum. Er schleppte sie beide ins Licht.
    Sildaan bemerkte ihn sofort und brach mitten im Satz ab. Einige Menschen bewegten sich in seine Richtung.
    »Du brauchst mehr Ketzer«, erklärte Sikaant. »Diese beiden hier wirst du aber nicht mehr bekommen.«
    Damit drehte er sich um und floh dorthin, wohin ihm die Menschen nicht zu folgen wagten.
    Wieder auf dem Felsvorsprung, den Fluss beobachten und auf den Stoß hoffen. Vielleicht konnte er einen Affen

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