Einst herrschten Elfen
»Ah, jetzt begreifst du es. Und da ich nicht riskieren will, dass einer meiner Schwertkämpfer dabei verletzt wird, habe ich meine äußerst begabten und erfindungsreichen Magier gebeten, die Sache sauber und schnell zu erledigen. Das können sie auch aus der Ferne tun, und es wird völlig schmerzlos sein. Eine Gnade, die ich den Elfen gern gewähre.«
Sildaan war so bleich, wie ein Spitzohr überhaupt werden konnte. Tränen rannen ihr über die Wangen, und sie konnte nur noch stammeln und keuchen. Llyron war zu benommen, um überhaupt etwas zu sagen.
»Bitte, Herr, du hast dreißigtausend eingesperrt – iads , ulas und Kinder. Unschuldige.«
»Kein Elf ist unschuldig«, erklärte Ystormun. Er wandte sich an seinen Adjutanten. »Sind es tatsächlich dreißigtausend? «
»Das ist eine gute Schätzung, Herr.«
Ystormun zog die Augenbrauen hoch. »Wirklich? Nun, Sildaan, es ist doch ein Glück, dass ihr einen so großen Wald habt, in dem ihr sie alle begraben könnt.«
Die TaiGethen schwärmten auf dem Pfad des Yniss aus und rannten so schnell sie konnten dem Heer der Menschen entgegen. Grafyrre und Merrat waren in der Mitte und riefen Befehle. In jedem Wort schwangen ihr Kummer und ihre Leidenschaft mit. Die TaiGethen reagierten und stimmten im Laufen einen Trauergesang an, den die feindlichen Soldaten voller Nervosität vernahmen.
Takaar lief auf der linken Seite, Auum und Marack waren bei ihm. Er spürte alle anderen Elfen, als berührten sie ihn. Ihre Kraft, ihren Glauben, ihre Überzeugung. Ihren Wunsch nach Läuterung und Rache. Vor ihnen hielt die Armee der Menschen an. Sie standen vierzig Mann breit und hatten genug Platz gelassen, um Langschwerter, Breitschwerter und Schilde zu führen.
Hinter den ersten Reihen der Schwertkämpfer wirkten die Magier ihre Sprüche. Braune und grüne Feuerkugeln flogen durch den Nachthimmel zum Platz. Die Magier hoben die Köpfe, um ihr Werk zu betrachten, und sahen sich auf einmal den heranstürmenden TaiGethen gegenüber. Befehle wurden gebrüllt, wieder senkten die Magier die Köpfe und konzentrierten sich.
Noch zwanzig Schritte bis zum Zusammenprall.
»Jaqrui!«, rief Grafyrre. Elfenhände zogen die Halbmondklingen heraus. »Werft!«
Takaar sah, wie die tödlichen Waffen die kurze Distanz überwanden. Die Soldaten hoben die Schilde und die Klingen und fürchteten sich. Takaars Jaqrui traf die Wange eines Kriegers, als dieser sich gerade duckte und den Kopf zur Seite drehte. Andere Wurfgeschosse prallten gegen Schilde, wurden von Schwertklingen gegen die Mauern abgelenkt oder trafen Kämpfer in den hinteren Reihen. Die meisten bohrten sich in ungeschützte Körper oder Lederrüstungen.
»Jaqrui!«, rief Grafyrre noch einmal. »Werft!«
Auch auf der Seite der Menschen wurden Befehle gegeben. Die Schwertkämpfer sanken auf die Knie, viele warfen sich flach auf den Boden, denn sie wussten, was von vorne und von hinten drohte. Die Magier hoben die Köpfe und waren bereit. Die Jaqrui flogen ihnen flüsternd entgegen und trafen Hände, Köpfe und Brustkörbe. Die Magier schrien auf, die Sprüche explodierten als dunkle Wolken über ihren Köpfen, weil sie im kritischen Augenblick die Konzentration verloren hatten. Eis und Feuer regneten auf die Linien der Menschen herab.
Zehn Schritte noch, die Elfen kamen immer näher. Andere, ruhigere Magier sammelten sich und wirkten Sprüche.
»Ausweichen und angreifen!«
Ein tödlicher kalter Wind trieb Eiswolken zu den TaiGethen hinüber. Flammenzungen sprangen aus den Händen der Magier, noch während die Jaqrui sie niederstreckten. Takaar sah die Sprüche fliegen und erlebte inmitten der Übelkeit einen Augenblick des Friedens, denn Ystormuns Berührung hatte ihm die Begegnung mit der Magie erleichtert. Der Lärm ließ nach, die Energien ringsherum liebkosten ihn eher, als dass sie ihn krank machten. Er erkannte diesen Zustand. Das letzte Mal hatte er ihn im Kampf mit den Garonin erlebt. Er sog das Gefühl förmlich auf.
Takaar konnte sogar die einzelnen Eisstücke in der Wolke unterscheiden, die ihnen entgegenflog. Er sah die blinkenden gelben Reflexionen der Fackeln, während sich die Splitter um sich selbst drehten. Wunderschön und betörend. Takaar sprang, stieß sich mit dem linken Fuß ab und streckte die Arme aus. Als er waagerecht in der Luft lag, breitete er die Arme aus.
Das Eis raste unter ihm vorbei. Die gefrorenen Splitter rissen ihm die Jacke und die Spitzen der Stiefel auf. Die kalte Luft hinter dem
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