Einst herrschten Elfen
zurück. Wollt ihr denn wirklich einen Tempel zerstören? Das kann ich nicht glauben.«
Sie hielt inne. Es gab einige Pfiffe, hier und dort waren auch Beleidigungen und Verwünschungen der Ynissul zu hören, doch die Menge rührte sich nicht. Kein Einziger wandte sich zum Gehen, und die Aufwiegler erkannten, dass sie noch nicht verloren hatten.
»Verstreut euch«, sagte Pelyn. »Wir werden nicht erlauben, dass dieser oder irgendein anderer Tempel beschädigt wird. Löscht die Fackeln und verschließt die Ölflaschen. Die Al-Arynaar und die TaiGethen haben geschworen, Yniss vor allen zu bewahren, die ihn bedrohen. Greift diesen Tempel an, und ihr greift Yniss selbst an. Außerdem wendet ihr euch gegen uns. Wir möchten niemanden verletzen, doch wir werden tun, was getan werden muss.«
Das gab der Menge offenbar zu denken. Katyett fragte sich, ob Pelyn den Bogen überspannt hatte, doch die Worte zeitigten anscheinend die gewünschte Wirkung. Diejenigen, die keine Lust hatten, sich mit Yniss’ Elitekriegern zu messen, entfernten sich.
In diesem Augenblick fielen die ersten Regentropfen.
Jemand warf eine Fackel.
NEUN
Vertrauen ist ein mächtiger Verbündeter und ein höchst gefährlicher Feind.
H als über Kopf verließen Jarinn und Lorius den Gardaryn durch den Hintereingang. Olmaat und seine TaiGethen-Zelle begleiteten sie, was sehr beruhigend war. Überall in der Stadt ertönten gespenstische Geräusche, ähnlich wie im Regenwald, bevor ein Wirbelsturm losbrach. Hohle Echos, aggressive Laute.
Vor dem Gardaryn sammelten sich die Al-Arynaar im kleinen Hof, wo sonst die Lieferungen entladen wurden. Olmaat hielt kurz an, um mit einer Kriegerin zu sprechen. Jarinn kannte die iad nicht, dem zierlichen Körperbau nach war sie vermutlich eine Gyalan. Die Frau war ängstlich und wütend.
»Auf dem Tempelplatz gibt es Ärger«, berichtete sie.
»Kommen wir zu den Anlegestellen am Fluss durch?«, fragte Olmaat.
»Der Weg zum südöstlichen Ufer ist frei. Geht in Richtung Gewürzmarkt und dann durch Beeths Zuflucht. Dort ist es ruhig. Die größten Schwierigkeiten gibt es in der Nähe des Hafens und auf der Ultanbrücke, aber die meisten sind zu den Tempeln unterwegs.«
»Gut«, sagte Olmaat. »Katyett müsste noch im Gardaryn sein. Sprich mit ihr. Erzähle ihr von den Unruhen auf dem Tempelplatz. Wir müssen jede Entweihung verhindern, und das gilt für alle Tempel. Dies ist nicht der Augenblick, die Götter zu verärgern.«
»Sie sind jetzt schon verärgert«, erwiderte die Al-Arynaar.
»Nein«, widersprachen Jarinn und Lorius wie aus einem Munde. Jarinn ging zu der iad und legte ihr eine Hand auf die Schulter. »Unsere Götter stellen uns vor Herausforderungen, damit wir uns als würdig erweisen, in diesem Paradies zu leben. Was im Gardaryn geschehen ist, richtet sich nicht gegen die Götter. Yniss segnet die Unabhängigkeit aller Elfen und erlaubt es ihnen, sich frei zu entscheiden. Das ist ein Teil unserer Stärke. Aber weder Yniss noch Tual, Beeth oder Gyal werden die willkürliche Zerstörung heiliger Gebäude und der Erde hinnehmen. Davor hat Olmaat mit Recht Angst, und das musst du verhindern.«
Jarinn bemerkte durchaus, dass er sie nicht ganz überzeugt hatte. Er lächelte so freundlich, wie es ihm nur möglich war.
»Es sind beunruhigende Zeiten. Zeiten der Veränderung. Ich fürchte die Folgen, aber ich muss mich ihnen ebenso stellen wie Lorius. Wir bleiben Freunde, vertreten in einem Streit jedoch unterschiedliche Standpunkte. Vergiss das nicht. Die Ächtung von Takaars Gesetz heißt nicht unbedingt, dass die Harmonie zerstört ist. Das können nur die Elfen selbst tun.«
»Jarinn hat Recht«, stimmte Lorius zu. »Ich suche lediglich einen neuen Weg, das zu erhalten und zu stärken, was wir schon erreicht haben. Feinde werden wir niemals sein. An dem Tag, an dem es so weit kommt, dass Priester gegeneinander kämpfen, ist jede Hoffnung verloren. Hab Vertrauen, bete zu deinem Gott und verrichte das Werk Yniss’, der uns alle segnet.«
»Danke.« Sie rang sich ein kleines Lächeln ab.
»Geh jetzt.« Olmaat wandte sich an Jarinn und Lorius. »Meine Priester? Hier entlang.«
Er und seine Tai gingen über den Hof voraus, ihre Schritte waren kaum mehr als ein Flüstern auf den Pflastersteinen. Im Vergleich dazu machte Lorius mit seinen Stiefeln alle auf sich aufmerksam, die ihn finden wollten. Zwangsläufig kamen sie nur langsam voran. Lorius hatte Schwierigkeiten mit beiden Knien, und Jarinns
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