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Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt

Titel: Einstein - Einblicke in Seine Gedankenwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Moszkowski
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lebhaft genug ist, um einer bildhaften Darstellung zu folgen und sich auf deren gleichnisartige Gegenständlichkeit richtig einzustellen.
    Wir denken also wiederum an einen Globus von bescheidenem Ausmaß und an dessen zweidimensionale Kugeloberfläche. Nur diese kommt in Betracht, nicht der kubische Inhalt. Dieser Globus wird auf eine ebene, nach allen Seiten beliebig weit sich erstreckende Unterlage gestellt, auf eine weiße, unbegrenzte, ideal ebene, endlose Tischfläche. Der Globus berührt diese Fläche in einem einzigen Punkte, den wir als seinen Südpol auffassen. Ihm gegenüber befindet sich oben der Nordpol des Globus. Man kann sich zur Nachhilfe das Ganze in einem Querschnitt auf Papier aufzeichnen. In diesem Profilbild wird der Globus zu einem Kreis, die weiße Unterlage zu einer unten berührenden geraden Linie; die Verbindungslinie von Nord- und Südpol wird mithin die Achse des Globus, der Kreis selbst ein Meridian.
    Auf diesem Meridian wandert ein Geschöpf, dem wir Länge und Breite, aber keine Dicke zusprechen; etwas lausartiges,wanzenartiges, von runder Figur. Und obschon es keine Dicke besitzt, wollen wir ihm doch eine körperhafte Eigenschaft insofern beilegen, als es nicht durchsichtig sein soll, vielmehr in geeigneter Beleuchtung einen Schatten wirft. Den Globus selbst aber denken wir uns als transparent. Oben am Nordpol befinde sich eine höchst intensive Lichtquelle, eine Lampe, die nach allen Richtungen frei ausstrahlt.
    Die Wanze beginnt am Südpol ihre Wanderung, die sie rechts über den halben Meridian hinweg bis zum Nordpol des Globus führen soll. Auf dem ganzen Wege wird sie von der Lampe beleuchtet, so daß sie beständig einen Schatten auf die weiße Unterlage wirft. Der Schatten wandert also auf der Tischplatte, indem er sich, wie sie selbst, immer weiter vom Ausgangspunkte entfernt. Nur mit dem Unterschiede, daß die Wanze auf dem Meridian einen Kreisbogen beschreibt, während sich ihr Schatten geradlinig weiter und weiter entfernt. Der Ort des Schattens ist in jedem Augenblick sicher bestimmbar, durch die Verbindungslinien, die von der Wanze zur Lampe führen und in Projektion die Unterlage treffen.
    Im Anfang der Wanderung, am Südpol, ist der Schatten genau so groß wie die flache Wanze selbst; wenn wir annehmen, daß deren geringe Dimensionen gegen die Globusgröße nicht in Betracht kommen. Denn ihre eigene Figur fällt mit dem Schatten zusammen. Aber wenn sie rechts emporklettert, dann wächst der Schatten, weil sie sich ja der Lampe nähert, und weil die Strahlenprojektionen sich auf der Unterlage um so mehr ausbreiten, je mehr Raum sich zwischen dem erreichten Meridianpunkt und der Projektionsstelle unten öffnet. Es findet also ein zweifaches Wachstum statt. Der Schatten rückt immer weiter hinaus und nimmt dabei beständig an Größe zu.
    Befindet sich die flache Kreatur schon sehr nahe am Nordpol, so liegt ihr Schatten, ungeheuer an Größe, in sehr weiter Entfernung; und wenn sie endlich den leuchtenden Nordpol berührt, dann müssen wir feststellen: der Schatten ist unendlich groß geworden und erstreckt sich in die Unendlichkeit.
    Die Wanze soll aber weiter wandern, über den Nordpol hinweg, auf der linken Seite des Meridians abwärts. Dann springt in dem Moment, da sie den Leuchtpol passiert, der unendliche Schatten von rechts nach links. Er kommt links in unendlicher Ferne und in unendlicher Größe zum Vorschein, er verkürzt und nähert sich bei der Weiterwanderung, kurzum, das Bild wiederholt sich mit entgegengesetztem Ablauf.
    [Wenn man den kritischen Moment des Überschlagens vonrechts nach links, also von positiv Unendlich nach negativ Unendlich, ins Auge faßt, so könnte für den Betrachter eine Schwierigkeit entstehen. Denn das Flachwesen verfolgt doch seinen Weg lückenlos, kontinuierlich, und wir spüren die Notwendigkeit, ihm durchweg auch einen ununterbrochenen, stetigen Schattenweg zuzuordnen. Dies kann aber wohl nur dann gelingen, wenn man annimmt: die beiden Unendlichkeitspunkte hängen zusammen, sie sind eigentlich nur ein einziger. Diese Annahme wird durch folgende Betrachtung erleichtert: in unserm Profilbild stellt sich die untergelegte Ebene, auf der sich die Schattenwanderung abspielt, als eine gerade Linie dar. Eine solche kann aber auch als ein unendlich großer Kreis aufgefaßt werden. Denn der unendlich große Kreis besitzt die Krümmung Null, ebenso wie die Gerade, ist also von dieser ununterscheidbar. Der unendliche Kreis hat aber nur

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