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Einstein, Orpheus und andere

Einstein, Orpheus und andere

Titel: Einstein, Orpheus und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
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ich schließlich mit müden Fingern zu spielen begann. Grünauge sang noch ein bißchen, während wir unter dem Mond dahintrabten.
    Ich erfuhr, daß seine Mutter eine feine Dame in Branning-at-Sea war, eine Verwandte von vielen einflußreichen Politikern. Man hatte ihn mit Spinne fortgeschickt, damit er ein Jahr lang Drachen hüte. Nun kehrte er schließlich zu seiner Mutter zurück, und dieses Arbeits- und Wanderjahr sollte irgendwie so was wie ein Übergangsritus sein. Vieles an dem mageren dichtschopfigen Jungen, der so geschickt mit der Herde umging, verstand ich nicht.
    »Ich?« fragte ich, als er im letzten Schein des Mondes sein Auge forschend auf mich richtete. »Ich habe überhaupt keine Zeit für die Raffinessen von Branning-at-Sea, wie du sie beschreibst. Es wird mir Spaß machen, sie auf der Durchreise kennenzulernen. Aber ich habe was zu erledigen.«
    Schweigende Fragen.
    »Ich gehe zu Kid Death, um Friza wiederzuholen und um das zu töten, was all die Andersartigen tötet. Und das bedeutet vielleicht, daß ich Kid Death töten muß.«
    Er nickte.
    »Du weißt nicht, wer Friza ist«, sagte ich. »Warum nickst du dann?«
    Er verdrehte komisch den Kopf, dann blickte er über die Herde.
     
    Ich bin anders und ich bringe
    Sängern Worte, wenn ich singe.
     
    Ich nickte, ich dachte an Kid Death. »Ich hasse ihn«, sagte ich. »Und ich muß lernen, ihn noch mehr zu hassen, damit ich ihn finden kann – damit ich ihn töten kann.«
     
    Es gibt keinen Tod, nur Liebe
     
    Diesmal kam es seitwärts auf mich zu.
    »Was war das noch mal?«
    Er wollte es nicht wiederholen. Deshalb dachte ich mehr darüber nach. Er schaute traurig unter dem Arbeitsdreck hervor. Am Horizont verfinsterte sich der fette Mond hinter Wolken. Schattenstriemen im Stroh von Grünauges Haar wuchsen breiter über sein Gesicht hinab. Er blinzelte; er wendete sich ab. Wir beendeten unsere Runde, jagten zwei Drachen zur Herde zurück. Der Mond, nun wieder frei, war wie ein poliertes Knochengelenk an den Himmel genagelt. Wir weckten Messer und Stinker. Sie erhoben sich und gingen zu ihren Drachen.
    Die Kohlen waren das einzig Farbige. Und einen Augenblick lang fiel das Licht auf sein einäugiges Gesicht, als Grünauge sich niederhockte und auf irgendein Muster starrte, das sich durch die Asche schlängelte. Dann streckte er sich neben dem Feuer aus.
    Ich schlief gut, aber eine Bewegung vor Morgengrauen weckte mich auf. Der Mond war untergegangen. Sternlicht bleichte den Sand. Die Kohlen waren erstorben. Ein Drache zischte. Zwei andere jammerten. Dann wieder Schweigen. Messer und Stinker kamen zurück. Spinne und Batt standen auf.
    Ich trieb wieder in den Schlaf und erwachte erst, als nur ein dünner Streifen Blau die östlichen Dünen erhellte. Batts Drachen kam um die Feuerstelle gebogen. Der von Spinne polterte hinterher. Ich richtete mich auf dem Ellbogen auf.
    »Hab’ ich dich nicht schlafen lassen?« fragte Spinne.
    »Hm?«
    »Ich hab’ mir wieder den Kodály vorgenommen.«
    »Oh.« Ich konnte es über den frostigen Sand ankommen hören. »Nö.« Ich sprang auf die Füße. Sie waren gerade dabei, eine zweite Runde zu drehen. »Moment mal. Ich komm mit. Ich muß dich was fragen. Und ich wäre sowieso bald aufgestanden.«
    Er wartete nicht, aber ich schwang mich auf meinen Drachen und holte ihn ein.
    Er lachte leise, als ich an seine Seite ritt. »Warte, bis du ein paar Tage länger hier draußen bist. Dann wirst du nicht so leicht auf diese paar letzten Minuten Schlaf verzichten.«
    »Ich bin zu wundgeritten, um zu schlafen«, sagte ich, obwohl der Trab meine Steifheit allmählich zu lockern begann. Die Kühle hatte meine Gelenke wieder eingerenkt.
    »Was wolltest du mich fragen?«
    »Über Kid Death.«
    »Und was über ihn?«
    »Du sagst, du hast ihn gekannt. Wo kann ich ihn finden?«
    Spinne antwortete nicht. Mein Reittier glitt auf dem Weg aus, fand das Gleichgewicht wieder, ehe er antwortete: »Sogar wenn ich’s wüßte, sogar wenn es zu irgendwas nütze wäre, wenn ich’s dir sagte – warum sollte ich’s dir sagen? Kid könnte mit dir so fertig werden.« Er zog seine Peitsche über den Sand. Sandkörner stoben. »Ich glaube nicht, daß Kid es mag, wenn ich herumgehe und Leuten, die ihn umbringen wollen, erzähle, wo sie ihn finden können.«
    »Ich finde, das macht keinen großen Unterschied, wenn er so stark ist, wie du sagst.« Ich ließ meinen Daumen über das Mundstück der Machete gleiten.
    Spinne zuckte mit einigen seiner

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