Einstein, Quantenspuk und die Weltformel (German Edition)
bisher nie eine anti-gravitative Wirkung begegnet. Gravitation wirkt nie abstossend, anders als beispielsweise der Elektromagnetismus, wo sich gleiche Polen abstossen und ungleiche Pole anziehen. Die Gravitationskraft entsteht durch Massen, die die Raumzeit krümmen und dadurch auf andere Körper die Anziehungskraft in Form einer Beschleunigung entfalten. Die Anziehungskraft wirkt immer anziehend. Wenn wir Antigravitation erzeugen wollten, bräuchten wir eine Masse, die in der Raumzeit keine Senke, sondern eine Erhöhung erzeugt. Dies ist mit gewöhnlicher Materie allerdings nicht möglich. Einige Wissenschaftler vermuten, dass dazu Materie mit negativer Energiedichte notwendig wäre. Damit könnten Krümmungen in der Raumzeit erzeugt werden, die stets eine abstossende Wirkung haben. Nach heutigem Wissensstand würde Antigravitation das Äquivalenzprinzip verletzen, wodurch die allgemeine Relativitätstheorie modifiziert werden müsste. Auf dieses Thema gehen wir später aber noch eindringlicher ein.
Auch vom Wesen her ist die Gravitation sonderbar. So ist sie eigentlich eine Scheinkraft, das heisst, ihre Wirkung ist auf eine Eigenschaft der uns umgebenden Raumzeit zurückzuführen. Jede Masse krümmt die Raumzeit, wodurch die Erscheinung von Anziehungskraft auf alle anderen Massen des Universums entsteht. Bisher gilt die Reichweite der Gravitation als unendlich, auch wenn sie mit zunehmender Distanz quadratisch schwächer wird. Die Gravitation der kleinsten Büroklammer auf ihrem Schreibtisch reicht damit aber ebenso bis in die entlegenste Galaxie wie die Gravitation der Sonne. Eine Quantisierung der Gravitation würde diesen Umstand möglicherweise beheben. Wie die Gravitation im Endeffekt übertragen wird und ob sie sich überhaupt quantisieren lässt, ist bis heute ungeklärt. Ist die Geometrie der Raumzeit bereits fundamental genug, um einen Apfel zum Fallen zu bringen? Oder wird die Geometrie durch ein Trägerteilchen auf den Apfel übertragen? In einer Quantentheorie der Gravitation wird das Graviton als Träger der Gravitationskraft vermutet, ein bisher hypothetisches masseloses Teilchen, ähnlich dem Photon, das die elektromagnetische Wirkung überträgt. Allerdings hat sich das Graviton bisher jedem experimentellen Nachweis entzogen. Zudem steht in den Sternen, ob die Gravitation überhaupt ähnlich wie die anderen Naturkräfte verstanden werden darf und damit quantisiert werden kann. Zudem, last but not least, scheint die Gravitation eine dimensionsübergreifende Kraft zu sein, die möglicherweise unsere Raumzeit durchdringt und damit auch andere Dimensionen oder sogar Universen erreicht. Das zumindest eine Hypothese, die in Weltformeltheorien wie der Stringtheorie oder in Lisa Randalls fünfdimensionalem Universum erklärt, weshalb die Gravitationskraft in unserer Raumzeit im Vergleich zu den anderen Naturkräften so schwach ist.
Die bisherige Unvereinbarkeit von allgemeiner Relativitätstheorie und der Quantenphysik könnte auf eine weitaus komplexere Beschaffenheit des Universums hindeuten. Dieser Meinung sind zumindest die Wissenschaftler, die an populär gewordenen Weltformeltheorien wie der Stringtheorie arbeiten. Diese Theorien sind allerdings derart weitreichend, dass sie alles, was die Physik und die Mathematik bisher entwickelt haben, in den Schatten stellt. Die vier Dimensionen unserer Raumzeit reichen nämlich bei weitem nicht aus, um beispielsweise die Stringtheorie zu formulieren, eine viel beachtete Weltformel-Anwärterin. Die Fachwelt geht grundsätzlich von der Existenz weiterer räumlicher Dimensionen aus. Dabei stellt sich natürlich die Frage, weshalb wir diese zusätzlichen Dimensionen bisher in keinem Experiment der Welt beobachten konnten. In der Stringtheorie wird dieser Umstand mit aufgewickelten Dimensionen erklärt, die so klein sind, dass sie mit dem heutigen Stand der Technik nicht nachweisbar sind. Aus diesen zusätzlichen Dimensionen heraus lassen sich die fundamentalen Eigenschaften der Teilchen und der Naturkräfte herleiten. So, wie sich die Gravitation als Krümmung der vierdimensionalen Raumzeit ergibt, könnte die Wirkung des Elektromagnetismus in einer fünften Dimension bestimmt sein. Diese Dimensionen existieren derzeit zwar nur auf dem Papier. Es wäre aber durchaus denkbar, dass sich Aspekte einer Weltformeltheorie in Teilchenbeschleuniger-Experimenten als Nebenprodukte ergeben und damit erste experimentelle Anhaltspunkte für die Richtigkeit der Theorie
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