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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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sagte sie. »Warum fragst du mich das nicht gleich?«
    »Wer ist
Herbert?«
    »Der Schlagersänger.«
    »Ich kenne
keinen Schlagersänger, der so heißt.«
    »Dann kauf
dir einfach mal am Kiosk die neueste Ausgabe von Sound & Society. Da
steht alles über ihn drin.«
    »Und sein
Aufenthaltsort?«
    »Woher soll
ich das wissen? Herbert tingelt ständig in der Welt herum. Côte d’Azur, Las Vegas,
Hollywood. An den Nacktbadestränden der Ile du Levant treibt er sich auch
gern herum.«
    »Was denn,
Nacktbadestrände? Hab ich richtig gehört? Anja ist noch nicht mal 17.«
    »Aber nackt
war sie schon bei ihrer Geburt?«
    »Ihr jungen
Hühner habt eine Art, einem zu erklären, was erlaubt ist und was nicht, die mich
immer wieder vom Hocker haut. Schließlich gibt es so etwas wie einen Minimalkonsens
in der Gesellschaft. Der amerikanische Präsident pult sich ja auch nicht vor laufenden
Kameras in der Nase.«
     
    Dieser 70-jährige Barde war also
Anjas Freund. Ich starrte ungläubig auf das Foto eines uralten Mannes mit tief liegenden
Augen und kahlem Schädel, an dessen Hinterkopf zwei bescheuert aussehende Zöpfe
klebten. Keine Ahnung, ob sie echt waren oder mit Pattex angeklebt.
    Um das Heft
zu bekommen, hatte ich den ganzen Block umrunden müssen, weil es an den meisten
Kiosken ausverkauft war. Anscheinend stand das Publikum schon ab vier Uhr morgens
dafür Schlange.
    Solche Magazine
versuchen Prominente gern in möglichst entlarvender Pose abzulichten, damit die
Teenies Grund haben, in Ohnmacht zu fallen. Diesmal war ihnen das wieder vollauf
gelungen. Mal abgesehen davon, dass Herberts Zöpfe farblich auf sein kariertes Baumwollhemd
abgestimmt waren, gab es an dem Kerl so gut wie nichts, das einem nicht kleine Schmerzens-
und Schreckensschreie entlockte, von seinen stoppeligen Storchenbeinen mal ganz
abgesehen. Ich bekam sofort Schluckauf. Danach musste ich das Heft wegwerfen.
    Nach einer
Weile kehrte ich doch noch einmal zur Mülltonne zurück und fischte es mit spitzen
Fingern wieder heraus, um einen Hinweis darauf zu finden, wo sich Herbert aufhielt.
Das Ding brannte wie Feuer in meinen Händen und ich bekam prompt einen Ausschlag
zwischen Daumen und Zeigefinger. Aber wenigstens wurde ich fündig:
     
    NÄCHSTER LIVEAUFTRITT
    MONTAGABEND 20 UHR PHILIPPSHALLE
     
    »Und? Schon was gefunden?«, erkundigte
sich mein Alter, als ich aus der Wohnung in unsere Villa zurückgekehrt war.
    »Ich arbeite
daran.«
    »Das Kind
ist bestimmt schon schwanger«, meldete sich Großmutter vom obersten Treppenabsatz
aus.
    »Pass nur
auf, dass du nicht von deinem Apotheker schwanger wirst«, warnte mein angeblicher
Erzeuger mürrisch. »Zusätzlicher Wohnraum für deine Apothekerkinder sprengt mit
Sicherheit unser Budget.«
    »Du warst
schon immer das sparsamste meiner Kinder …«
    »Ich versuche
nur, uns vor dem unkontrollierten Absturz ins soziale Elend zu bewahren.«
     
    Bis zum Auftritt von Schlagersänger
Herbert war noch etwas Zeit, deshalb besuchte ich an diesem Wochenende die Sekte
der Zeugen Jehovas . Nicht, weil ich plötzlich zum Christentum übergelaufen
wäre, sondern weil die verhärmten Mädchen in den Freikirchen das genaue Gegenteil
unserer sogenannten emanzipierten Frauen sind.
    Wenn man
nach weiblicher Gesellschaft Ausschau hält, dann am besten bei den Mormonen oder
Mennoniten, bei den Baptisten und Methodisten, den Siebenten-Tags-Adventisten oder
Zeugen Jehovas.
    Junge Türkinnen
wären keine Alternative, weil sie sich scheuen, fremd zu gehen und sich lieber damit
herausreden: » Nee, bloß nicht. Mein Alter macht mich Hackfleisch … «
    Mir dreht
sich immer der Magen um, wenn ich Frauen wie meiner Schwester Anja begegne. Da läuft
ein halbes Pfund Nagellack und Wimperntusche neben einem her. Und das ist nur die
Hülle – unter der Verpackung lauert das nackte Grauen. Man hat den armen Dingern
eingetrichtert, sie dürften sich nicht länger unterdrücken lassen. Also glauben
sie, das sei nach all den Jahren der Freiheitsberaubung mal eine Gelegenheit, kräftig
über die Stränge zu hauen.
    Nicht nur,
dass sie einen ohne Skrupel fallen lassen, wenn man nach einer Woche nicht mehr
dasselbe sexuelle Feuerwerk abbrennt wie am ersten Tag. Sie mutieren sofort zu Kommandanten
in Umerziehungslagern. Und haben sie sich erst einmal für die Trennung entschieden,
dann blicken sie einen aus ihren kalten grauen Augen an wie einen Fremden. Mädchen
aus christlichen Freikirchen würden sich niemals von ihren animalischen

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