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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Ich setzte mich auf die Monstercouch am Fenster, und
Anja nahm im Sessel Platz. Sie schlug die Beine übereinander, wobei ihr Bademantel
aufklappte. Dabei starrte sie mich an wie eines jener lüsternen Spinnenweibchen,
die nach dem Begattungsakt ihre Männchen auffressen.
    »Hör mal,
Albert. Wir könnten doch in dieser Lage – die nun mal sehr schwierig für mich ist,
weil ich Herbert liebe – ein wenig kooperieren? Ich würde mich natürlich erkenntlich
zeigen.«
    »Geht nicht«,
sagte ich. »Ich will an die Universität. Und ich bekomme den Job nur, wenn ich dich
zurückbringe.«
    »Du bist
doch Optimist?«
    »Ich bin
kein Optimist.«
    »Jeder Mensch
ist im tiefsten Innern Optimist, ohne Optimismus könnten wir gar nicht leben.«
    »Ich bin
wahrscheinlich der größte Pessimist der Gegenwart. Vielleicht sogar der größte Pessimist,
den das Universum je hervorgebracht hat.«
    »Blödsinn.«
    »Nein, das
sind Fakten.«
    »Und wieso?«
    »Weil alles
dafür spricht, das Leben kritisch zu betrachten.«
    »Was soll
das heißen? Kannst du dich nicht verständlicher ausdrücken?«
    »Fangen
wir mal bei der Geburt an. Schmerzen ohne Ende – und zwar für Mutter und Kind. Dann
kommen Windpocken, Masern, Husten, Milchzähne. Und so geht es munter weiter. Schlechte
Noten, Liebeskummer, Pubertät, Midlife-Crisis, Wechseljahre, Herzinfarkt. Irgendwann
sterben deine Eltern. Also Trauer ohne Ende, und gleich zweimal. Milliarden Menschen,
die ihre Eltern verlieren, eine perfekte Leidensautomatik. Zwischendurch alle möglichen
anderen Quälereien. Man muss pinkeln und findet keine Toilette, Schlüssel verloren,
Hexenschuss. Es ist zu heiß oder zu kalt, zu laut oder zu leise, die Milchzähne
fallen einem aus …
    »Milchzähne
hatten wir schon …«
    »Und deine
Schwester treibt’s mit einem 60 Jahre älteren Kerl.«
    »Herbert
ist erst 56.«
    »Bitte unterbrich
mich nicht bei einer existenziell so bedeutsamen Analyse«, sagte ich. »Dein CD-Player
zerscheppert auf dem Pflaster … TOTALSCHADEN. Und prompt findet man morgens, wenn
man zur Schule will, auch seinen MP3-Player nicht mehr. Ausgerechnet in der schlimmsten
Jahreszeit, wenn einem das Wetter aufs Gemüt schlägt, dudeln überall aus den Deckenlautsprechern
der Supermärkte Weihnachtslieder. Und kaum ist diese Plage überstanden, kommen die
Osterhasen.«
    »Das reicht«,
sagte Anja. »Warum hängst du dich nicht auf?«
    »Na, um
dem Universum eins auszuwischen.«
    »Warum reden
Kerle immer so viel Blödsinn?«
    »Gilt das
auch für deinen Schnulzensänger?«
    »Ich liebe
Herbert.«
    »Das legt
sich wieder.«
    »Wir werden
heiraten und ein langes glückliches Leben miteinander führen.«
    »Lang vielleicht,
aber glücklich? Leben verheiratete Menschen länger, oder kommt es ihnen nur so
vor? «
    Anja nippte
wieder an ihrem Glas und sah mich lauernd an. »Und wenn du dir das Ganze noch einmal
überlegst? Was wäre denn schon dabei? Sag unserem Alten einfach, du hättest mich
nicht gefunden.«
    »Würd ich
ja gern. Ich würde dir gern diesen Gefallen tun.«
    »Aber?«
    »Das verbietet
mir meine Loyalität. Der Mann schleppt täglich Futter und Brennholz für uns heran
und trickst das Finanzamt aus, damit wir ein ordentliches Leben führen können. Schließlich
hat er schon ein Ohr verloren. Wer weiß, ob nicht auch noch das andere dran glauben
muss, wenn er erfährt, dass du dich mit einem 76-jährigen Schlagersänger herumtreibst.«
    »56 …«
    Sie goss
sich noch ein Glas ein und kippte es in einem Zuge hinunter. Alkohol schien ihr
nicht das Geringste auszumachen. Früher kochten die Mädchen wie die Mütter. Heutzutage
saufen sie wie die Väter.
    »Dann will
ich mal«, sagte ich und stand auf. »Danke für die Einladung.«
    »Was soll
das heißen, dann will ich mal …?«
    »… unserem
Alten Bericht erstatten.«
    »Oh mein
Gott …«
    Anja warf
sich theatralisch im Sessel zurück; dann klappte sie kaum weniger affektiert zusammen
und vergrub schluchzend ihr Gesicht in den Händen.
    »Was ist
los?«, fragte ich. »Sag jetzt bitte nicht, du hast deine Pille vergessen?«
    »Die Geburt
eines Menschen ist eine ernste Sache, Pottkämper, darüber sollte man keine Witze
machen. Kannst du mir mal den Nacken massieren? Ich bekomme wieder diese grässlichen
Kopfschmerzen.«
    »Wenn du
keine Angst hast, dass ich dir den Hals umdrehe?«
    »Bist du
vielleicht mit deinen 13 Jahren schon ein verkappter Triebtäter?«
    »Kommt drauf
an, was dir dein Gehirn gerade einflüstert. Aus

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