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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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einen anderen Weg in Herberts
heilige Hallen.
    Vor der
Garagenzufahrt patrouillierten Wachmänner. Scheinwerfer tauchten die Gartenanlage
in gleißendes Licht. Und über dem Hoteldach kreiste – war es Zufall oder Absicht?
– ein schwarzer Militärhubschrauber mit rot blinkenden Heckleuchten. Womöglich,
um Putzfrauen davon abzuhalten, gebrauchte Aufnehmer mitgehen zu lassen.
    Erst als
ich dem Lehrlingsanwärterkellner an der Laderampe ein Ticket für Herberts Premiere
versprach, wurde ich mit Coca-Cola-Kästen und Weißbrot-Kartons durch den Lieferanteneingang
geschleust.
    Lehrlingsanwärterkellner – eine
neue Berufsbezeichnung in Zeiten der Arbeitslosigkeit. Vor dem Lehrling gibt es
noch Anwärter, die sich die Anwartschaft auf eine Lehrstelle erst einmal verdienen
müssen …
    »Durch das
Lager, über den Innenhof und dann Vorsicht an der Pförtnerloge«, sagte er.
    Um Suite
56 zu erreichen – unser abergläubischer Sänger mietete immer Zimmer an, deren Nummern
seinem Alter entsprachen –, hatte der Besucher eine Barriere aus Kameraaugen zu
überwinden. Vermutlich gingen ihre Bilder direkt an die amerikanische National
Security Agency (NSA). Und bei Alarm fielen in den Gängen Gittertore herunter
und über dem Hotel stiegen Abfangjäger auf.
    Ich läutete,
erst zweimal kurz hintereinander, und dann noch einmal, länger anhaltend …
    Das Mädchen,
das schließlich öffnete, war nur noch der Schatten jener selbstbewussten jungen
Frau, die ich von früher kannte. Anja steckte in einem zerknitterten Leinenbademantel
und ihre Augen sahen rot verheult aus.
    »Du bist
gar nicht meine Schwester«, sagte ich. »Du siehst ihr nur ähnlich.«
    »Soll das
ein Witz sein, Klugscheißer.«
    »Was ist
los? Hat Herbert dir den Laufpass gegeben?«
    »Wir hatten
nur eine harmlose Meinungsverschiedenheit.«
    »Für ›harmlos‹
siehst du aber ziemlich durchgenudelt aus.«
    »Durchgenudelt?«
    »Schau mal
in den Spiegel.«
    »Was willst
du? Wie hast du mich überhaupt gefunden?«
    »Dein Vater
möchte, dass du nach Hause kommst.«
    »Ich bin
volljährig. Sag Paps, dass ich erst wieder nach Hause komme, wenn ich Lust dazu
habe. Jetzt ist Schluss mit der Bevormundung.«
    »Nach meiner
Rechnung fehlen dir bis zu deiner Freiheit noch 455 Tage. Bis dahin ist das Gesetz
auf seiner Seite.«
    »Was redest
du da für einen Blödsinn, Pottkämper? Ich bin 18.« Sie betonte unseren Familiennamen
wieder so, als würden wir in einem Topf Camping machen.
    »Definitiv
nicht.«
    »Wenn ich
wieder zu Hause bin, zeig ich dir meine Papiere.«
    »Nicht nötig,
die hab ich gleich mitgebracht«, sagte ich und zog ihren Pass aus der Jackentasche.
»Hier steht schwarz auf weiß, dass du noch minderjährig bist …«
    »Was fällt
euch eigentlich ein, mir deswegen Szenen zu machen?«
    »Dein Vater
und ich haben einen Deal. Wenn ich dich nach Hause bringe, wird’s vielleicht was
mit meinem Job an der Universität.«
    »Was für
ein Job? Mit 14 Jahren?«
    »Mir fehlen
nur noch elfeinhalb Monate bis zum 15. Lebensjahr. Mozart gab schon als Sechsjähriger
Konzerte. Und Beethoven erhielt mit 14 Jahren eine feste Anstellung als Hoforganist.«
    »Gibst du
mir meinen Pass?«
    »Nein, wozu?«
    »Falls ich
ins Ausland gehe.«
    »Das wäre
ja noch schöner.«
    »Kann ich
dir was zu trinken machen?«, fragte sie und wischte sich mit dem Handrücken über
ihre entsetzlich verheulten Augen und dann noch einmal – als sei das nicht schon
genug – über ihre zerlaufene Wimperntusche. »Komm wenigstens für einen Drink herein.«
    »Wo ist
Herbert?«
    »Der hat
noch was mit seinem Promoter zu erledigen.«
    Herberts
Suite war ein Monster an Kitsch. Es gab so ziemlich alles, was einem Kerl imponierte,
der Schnulzen sang. Also Bartheke aus dunklem Marmor, vergoldete Zapfanlage, Flachbildschirm
so groß wie eine Kinoleinwand. Und in jeder Ecke diese bescheuert aussehenden flauschigen
Pantoffel aus Disney-World. Sozusagen nach dem Motto, sollte ich beim Liebesspiel
mal einen Schuh verlieren, dann gibt es überall Ersatz.
    Anja mixte
mir an der Bar einen Drink. Vermutlich waren alle Ingredienzien darin, die einen
Kerl gefügig machten. 90 Prozent Alkohol und der Rest Aphrodisiaka, Ginsengwurzeln,
Haifischknorpel und so weiter. Ich roch kurz daran und kippte das Zeug in einem
Zug hinunter.
    »Donnerwetter«,
staunte sie. »Wusste gar nicht, dass du so ein Schluckspecht bist, Pottkämper. Noch
einen?«
    »Nur, wenn
noch was da ist.«
    Diesmal
goss sie sich auch einen ein.

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