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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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unserem bisherigen Verhalten sind
immer nur induktive Prognosen möglich. Kein Psychiater kann sagen, woher die Gedanken
kommen.«
    »Na toll«,
sagte sie. »Dann weiß ich ja, woran ich bei dir bin.«
    Ich stellte
mich hinter Anja und legte meine Finger um ihren weißen Schwanenhals.
    Mir ist
einfach nicht klar, wieso immer wieder behauptet wird, es gäbe so etwas wie eine
natürliche Inzestschranke. Obwohl P. senior ihr Stiefvater war und wir angeblich
nur von derselben Mutter abstammten. Das ist auch nur wieder eine dieser vorgeblichen
kulturellen Errungenschaften, auf die wir uns zu viel einbilden. Ich zumindest empfand
die ganz normalen sexuellen Gefühle eines erwachsenen Mannes.
    Ich bemerkte
nämlich, wie sich mein Riesending in der Hose zu regen begann …
    »Hör auf
…«, sagte meine Schwester. »Meinst du, ich spüre nicht, was du denkst? Du bist ein
verkommenes kleines Scheusal, Pottkämper …«
    »Falls du
dasselbe fühlst, bist du auch nicht besser.«
    In diesem
Augenblick flog die Tür auf und Herbert kam hereingestürmt. So groß hatte ich ihn
mir gar nicht vorgestellt. Obwohl dieser 76- bis 86-jährige Schnulzensänger von
der Muskulatur her eher kraftlos wirkte, stieß er mich mit einem scheußlich guttural
klingendem Neandertalerkriegsruf auf die Couch …
    Ich wehrte
mich nicht … ich blieb einfach regungslos auf dem Rücken liegen.
    »Was geht
hier vor?«, erkundigte er sich. »Ich glaube, du bist mir eine Erklärung schuldig,
Anja?«
    Herbert
hatte Zahnlücken. Wahrscheinlich waren ihm die Zähne beim Koksen ausgefallen. Ich
fragte mich, wie ein berühmter Sänger überhaupt mit einem so vergammelten Gebiss
auftreten konnte. Vielleicht gehörte das zu seinem Image.
    »H–E–R–B–E–R–T
…«, rief meine Schwester außer sich. »Das ist mein Bruder A–L–B–E–R–T … kein Grund,
ihm gleich den Hals umzudrehen. Ich hatte ihn nur gebeten, mir wegen meiner Kopfschmerzen
den Nacken zu massieren.«
    »Das ist
Albert?«, fragte er. »Sieht aus wie ein Laubfrosch auf Rädern …«
    »Bitte,
Herbert … unser Alter hat ihn geschickt, um mich zurückzuholen.«
    »Was denn,
dieser Knilch mischt sich in unsere Beziehung ein?«
    »Nicht mein
Bruder. Albert ist nur der Bote. Aber wir sollten ihn trotzdem mit gebührendem Respekt
behandeln … er könnte uns sonst …« Sie blinzelte Herbert vielsagend zu.
    »Schwierigkeiten
machen …?«
    »Zum Beispiel
…«
    »Ich mache
niemandem Schwierigkeiten«, widersprach ich. »Dazu bin ich viel zu schwach. Ich
bekomme kaum noch Luft …«
    »Albert
ist harmlos und tut keiner Fliege was zuleide«, bestätigte meine Schwester. »Der
Knirps kann nicht mal bis drei zählen, ohne in seinen Schulbüchern nachzuschlagen.«
    »Also, da
bin ich nicht so sicher …«, sagte Herbert. Dabei bohrte er nachdenklich mit den
Wurstfingern in seinen Zahnlücken, wahrscheinlich, um sein etwas zu klein geratenes
Gehirn zu stimulieren.
    »Nicht ganz
sicher?«
    »Bei Burschen
mit so stark hervortretenden Augen ist alles möglich. Ich hatte mal einen jüngeren
Bruder, der an Basedow litt und auf der Kirmes verloren ging. Am nächsten
Tag tauchte er völlig ramponiert wieder auf und behauptete, ich hätte ihn vom Riesenrad
gestoßen.«
    »Und, hast
du …?«, erkundigte sich Anja.
    »Ich hasse
Kirmesrummel«, warf ich ein. »Bei mir besteht überhaupt kein Risiko.«
    »Nimm mal
deine Brille ab«, bat meine Schwester. »Bitte, Albert, leg mal das komische weiße
Ding auf den Tisch, damit Herbert deine Augen begutachten kann …«
    »Das ist
eine Designerbrille.«
    »Na, wenn
schon …«
    Eigentlich
hatte ich überhaupt keine Lust, ihrem dämlichen Wunsch nachzugeben, aber ehe ihr
durchgeknallter Freund mich später mal vom Riesenrad warf …
    »Siehst
du, Schatz, es sind gar nicht seine Augen, sondern seine Brillengläser.«
    »Tatsächlich,
dick wie Lupen«, bestätigte Herbert. »Hätte ich nicht für möglich gehalten. Aber
seine Pupillen sehen irgendwie komisch aus, oder?«
    »Nur ganz
wenig«, sagte meine Schwester. »Das liegt in der Familie.«
    »Also überhaupt
kein Risiko«, wiederholte ich.
    Darauf lud
Herbert uns im Hotelrestaurant zum Essen ein. Ich fand, das war nur gerecht und
eine angemessene Wiedergutmachung, wenn man bedachte, wie brutal er mich behandelt
hatte.
    Es gab Lamm
an andalusischer Pflaume, abgeschmeckt mit Sherry, diversen Gartenkräutern und einem
Tropfen Portwein oder so ähnlich. Obwohl ich von den Pottkämpers kaum mehr als Currywurst
mit

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