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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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Pommes gewohnt war, weil meine Mutter alles andere als die goldene Küchengabel
schwang, konnte ich dem Gericht durchaus etwas abgewinnen. Die Zunge eines geborenen
Feinschmeckers lässt sich eben nicht so leicht in die Irre führen.
    Während
des Essens kamen ständig Fans und hielten Herbert irgendwelche obskuren Gegenstände
unter die Nase, auf die er seinen Namen kritzeln sollte. Seine älteste Bewunderin
war eine schlohweiße 80-Jährige. Ich konnte zwar nicht genau erkennen, was sie hinter
ihrem Rücken versteckt hielt, hätte aber wetten mögen, dass es ihr Hüfthalter war.
    Anja kriegte
sich vor Lachen nicht mehr ein. Aber Herbert meinte nur, das sei noch gar nichts.
Er habe seinen Namen schon auf Tampon-Kartons, Schachteln mit Präservativen und
ein Foto Abraham Lincolns schreiben müssen.
    »Lincoln
verstehe ich nicht …«, sagte ich.
    »Na, wegen
meines Songs ›Abraham Lincolns Haus in Springfield, Illinois‹.«
    »Dann hab
ich wohl eine der wichtigsten Novitäten der modernen Musikgeschichte verpasst?«
    »Kann man
so sagen, junger Mann …« Herbert lachte dröhnend und schlug mir so fest auf den
Rücken, dass mir die Gabel aus der Hand flog.
    Aber in
diesem Lokal schien das nicht einmal den Oberkellner zu stören, geschweige denn
die Gäste. Wahrscheinlich war man hier schon einiges von ihm gewohnt.
     
    »Also pass mal gut auf«, sagte Herbert,
als wir wieder in seinem Hotelzimmer waren. »Ich biete dir an, für ein paar Monate
mit uns um die Welt zu reisen. Las Vegas, Hollywood, Cannes und so weiter. Du wohnst
in den besten Herbergen, kannst tun und lassen, was du willst und führst ein Leben
im Luxus. Dafür lässt du uns in Ruhe, bis Anja volljährig ist – und vor allem kein
Sterbenswörtchen zu eurem Vater …«
    »Was ist
mit meiner Karriere?«
    »Scheiß
was drauf. So was artet leicht in Arbeit aus.«
    »Ich werde
Assistent an der Universität.«
    »Um in irgendeinem
stickigen Büro zu versauern? Diese Eierköpfe sind doch alle magenkrank. Aber wenn
dir so viel daran liegt, deine Gesundheit zu ruinieren, dann kann ich ja später
mal meine Beziehungen spielen lassen. Bis dahin verpissen wir uns in die weite Welt.«
    »Immer nur
am Pool herumhängen und Cocktails trinken, könnte schnell langweilig werden.«
    »Dann wirst
du eben mein Assistent und stellvertretender Promoter oder so. Du reißt jede Menge
Weiber auf. High Society, eine Million Kontakte. Und wenn du wirklich so ein Wunderknabe
bist, wie deine Schwester behauptet, machst du sicher bald Karriere.«
     
    Als ich an diesem Nachmittag nach
Hause kam, saß meine Mutter am Küchentisch und formulierte eine Vermisstenanzeige.
Sie trug einen verwaschenen Kittel, als sei sie plötzlich zur Hausfrau konvertiert,
und ihre Augen sahen rot verheult aus. Offenbar musste man erst verschollen sein,
damit sie sich um ihren Nachwuchs Sorgen machte.
    Mom kritzelte
ein paar Worte hin – und strich sie wieder durch. Dann schrieb sie noch ein paar
Worte – und strich sie ebenfalls wieder durch. So ging es weiter, bis das Blatt
voll war. Schließlich zerknüllte sie den Zettel und begann von vorn.
    Ich ging
auf mein Zimmer, warf einen halben Zentner Markenklamotten, ein paar Kilo Musik-CDs
und die beiden Laptops samt Netzteilen und Ersatzakkus in meine Reisetasche – dann
packte ich alles wieder aus und betrachtete ungläubig den Haufen Zeug, den man heutzutage
braucht, um ein halbwegs erträgliches Leben zu führen.
    »Ist das
nicht Albert Pottkämper, der oberste Nörgler der Nation?«, fragte mein Vater, als
er auf dem Weg zum Atelier seinen Kopf zur Tür hereinsteckte. Er hatte ein paar
Entwürfe unter dem Arm, was bei ihm immer ein Zeichen für eine neue »Schaffensperiode«
war.
    »Ich sehe
mich eher als scharfen Kritiker der Verhältnisse.«
    »Hört, hört
… so ähnlich wie Karl Marx, oder?« Und als er meine Reisetasche entdeckte:
    »Willst
du verreisen?«
    »Wenn ich
Anja suchen soll, brauche ich etwas mehr Bewegungsfreiheit.«
    »Das heißt,
du bist außer Haus?«
    »Nur für
ein oder zwei Tage.«
    »Und wo
willst du wohnen?«
    »Bei Freunden.«
    »Vergiss
nicht, dass du noch nicht volljährig bist.«
    »Du willst
doch, dass ich deine Tochter finde?«
    »Mir wäre
lieber, du würdest hier deine Basisstation aufbauen. Das ist wie bei einer Himalaja-Expedition,
man macht ein paar Ausflüge und kehrt immer wieder zum Hauptlager zurück.«
    Ich musterte
meinen Alten mit offenem Mund. Manchmal kam mir der Verdacht, dass wir doch die
gleichen

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