Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
gut Elvis mit der Schmalztolle zitieren können,
den unumstrittenen Mädchenschwarm unseres Gymnasiums: » Ein heißer Mai reißt schnell
die Jungfernhaut entzwei. «
»Was passiert,
wenn wir gar nicht von den Früchten des moralischen Systems profitieren?«, fragte
der Dalai Lama. »Zum Beispiel, weil wir wunschlos glücklich sind oder auf dem Sterbebett
liegen? Sollte Moral nicht doch absolut verstanden werden? Unabhängig davon, was
sie uns einbringt, wie ja schon Ihr großer deutscher Philosoph Immanuel Kant glaubte?«
»Dann liegt
der Vorteil in der Verallgemeinerung der Regel und der Anwendung auf alle noch unbekannten
Fälle. Denn wir könnten ja eines Tages doch davon betroffen sein, im Himmel wie
auf Erden. Schon mancher Totgesagte lebt immer noch. Die moralische Regel bewahrt
uns davor, böse Überraschungen zu erleben.«
»Das ist
allerdings eine sehr dialektische Argumentation.«
»Wir glaubten,
es ginge nur mit Selbstlosigkeit – und haben dabei die Wirkungen unseres positiven
Verhaltens für uns selbst aus den Augen verloren.«
»Doktor
Frey«, wandte Newton sich an einen der beteiligten Soziologen. »Sehen Sie im Konzept
unseres jungen Freundes eine zutreffende Charakterisierung des Problems?«
»Aus sozialtheoretischer
Sicht wäre erst einmal zu prüfen, ob es sich hinsichtlich von Moral und Ethik um
zwei logisch unterscheidbare Gegenstandsbereiche handelt«, sagte Doktor Frey. »Auf
dieser Grundlage könnte eine Definition von Moral und Ethik hilfreich sein, die
Moral als System der Normen und Ethik als System der Werte versteht.«
»Eine außerordentlich
aufschlussreiche Analyse«, bestätigte Hoolbrock von der Washington University.
»Wobei ich
ergänzen möchte«, meldete sich Professor Harm, Lehrstuhlinhaber für Psychologie
an der Portland University, »dass sich aus den Verwendungsweisen der Begriffe ›Moral‹
und ›Ethik‹ in der philosophischen und soziologischen Literatur keine logische Begründung
ablesen lässt, sondern allenfalls empirisch eine gewisse Konvention, die Begriffe
eher synonym und daher so zu verwenden, dass unter ›Ethik‹ ein umfassenderer Zugang
zur sozialen Wirklichkeit von Normen und Werten verstanden wird.«
So flogen
ihre Geistesblitze noch eine Weile hin und her und keiner verstand mehr, worum es
ging. Der Dalai Lama schmunzelte wieder auf seine verhaltene Art in sich hinein.
Dann begann
er einen rosafarbenen Kugelschreiber zu zerlegen. Dieser alte Schlawiner schraubte
tatsächlich in einer Livesendung bei CNN seinen behämmerten Kugelschreiber auseinander
…
Er zog die
Kugelschreibermine und die Feder heraus und blickte grinsend durch das leere Röhrchen,
erst nach links und dann nach rechts …
»Das macht
er immer, wenn er sich über seine Gesprächspartner amüsiert«, flüsterte mir der
Moderator Lionel Newton ins Ohr.
»Leben Sie
denn selbst nach Ihren klugen Einsichten, Albert?«, fragte der Dalai Lama, als er
seinen Kugelschreiber wieder zusammengeschraubt hatte.
»Oh, das
dürfte in meinem Alter etwas schwierig sein. Auch wegen der sogenannten Erziehungsberechtigten.
Da antworte ich doch lieber mit unserem deutschen Philosophen Max Scheler: Haben
Sie schon einmal einen Wegweiser gesehen, der den Weg, den er weist, auch geht? «
»Ein kluger
Mann, Ihr Philosoph Max Scheler«, lachte der Dalai Lama.
»Was ihn
nicht vor den gleichen Problemen bewahrte, die wir alle haben.«
»Ich würde
mich gern einmal in einer eigenen Sendung mit Ihnen über das Glück unterhalten,
Albert. Ich meine, falls es unsere Zuschauer bei CNN interessiert?«
13
Man hatte mich im Waldorf Astoria
an der Park Avenue zwischen der 49. und 50. Straße untergebracht – »eine der bekanntesten
und luxuriösesten Adressen New Yorks«, wie es vollmundig im Hotelprospekt hieß.
Die Bude war wirklich nicht übel, eine riesige Suite mit separatem Wohn- und Schlafbereich,
drei Bademänteln und zwei Fernsehern.
Drei Bademäntel
für zwei Personen, in Ordnung, aber zwei Fernseher? Anscheinend ging man davon aus,
dass jeder Amerikaner sein eigenes Fernsehprogramm sehen wollte.
Ich hatte
mir gerade einen Four Roses aus der Minibar eingeschenkt, als das Telefon klingelte.
»Wir haben
dich im Fernsehen gesehen – beim amerikanischen Sender CNN …«, dröhnte die Stimme
meines Alten aus dem Hörer. »Wieso treibst du dich denn plötzlich in den USA herum?
Bist du jetzt völlig übergeschnappt? Und wo steckt Anja? Pack sofort deine Sachen
und komm nach Hause! Wie kannst
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