Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)
Manhattan wurde
im Jahre 1999 ein Pferd von einem Stromschlag getötet, und im kalten Januar 2008
starb die Doktorantin Jodie Lane auf die gleiche Weise an der Ecke East 11th Street
und 1st Avenue durch den elektrisch geladenen Metalldeckel eines Versorgungsschachts.
Als ich
die Bronsdale Avenue überquert hatte, ging ich erst mal in ein Lokal, um ein Gläschen
zu trinken und meine Nerven zu beruhigen, was für einen knapp 15- bis 16-Jährigen
meiner Statur gar nicht so einfach ist.
Der Barkeeper sagte: » No alcohol for kids! «
Darauf bat
ich ihn um ein Glas Milch und er fragte: »Mit Gin oder Rum?«
»Lieber
Four Roses, falls kein Laphroaig zur Hand ist. Aber bitte in getrennten Gläsern.«
Er lachte
und sagte, für einen Kraut sei mein Akzent gar nicht mal schlecht. Er habe schon
Schlimmeres gehört.
Ich klärte
ihn darüber auf, dass er einen grammatischen Fehler gemacht habe. Es müsse heißen:
» It’s nothing to get upset about« und nicht: »It’s not about
to get upset. «
»Bist ’n
ziemlicher Klugscheißer, was?«, sagte er. »Willst uns erklären, wie wir hier sprechen
sollen?«
»Mein Englischlehrer
sagt immer: Ich dreh dir den Hals um, Albert, wenn du Fehler machst. Hab kürzlich
eine preisgekrönte Short Story über den Untergang der Welt verfasst, und dann hat
er mir so oft meine grammatischen Schnitzer vorgehalten, dass ich wochenlang aus
dem Schlaf aufgeschreckt bin.«
»Deswegen
geht dieser verdammte Planet trotzdem vor die Hunde.«
»Wird wohl
erst mal ein riesiger Wasserschaden«, sagte ich. »Also besser Gummistiefel einpacken
…« Aber er schien nicht zu verstehen, was ich damit meinte.
Während
er mir eingoss, warf er mir neugierige Blicke zu.
»Sag mal,
hab ich dich nicht heute bei CNN gesehen? Du bist doch der Wunderknabe, der dem
Dalai Lama erklärt hat, wo es lang geht? Und die anderen saßen nur da und haben
Däumchen gedreht. War ’ne Party zum Schlapplachen.«
»Für einen
ausgewiesenen Esoteriker ist der Mann gar nicht so übel.«
»Noch eine
Milch und einen Four Roses auf meine Rechnung für diesen weltberühmten Kraut«, sagte
der Barkeeper zur Kellnerin, weil er gerade Feierabend machen wollte und schon seine
Schürze an den Haken gehängt hatte.
Die Kellnerin
war jung und linste mir ein paarmal auf den Hosenschlitz, als sie die Getränke hinstellte.
Ich hätte ihr gern etwas über meine stürmische Entwicklung zum Mann erzählt und
wie ich damals im Kinderbett gelegen hatte und meine Mutter in ehrfurchtsvolles
Staunen versunken war. Aber sie hatte einfach immer zu viel zu tun.
»Hör mal …«, wisperte ein spindeldürres
Bürschchen, das im Schatten der Säule vor einer Zweiliterdose Bier hockte. Ich hielt
gerade mein Whiskyglas hoch und musterte unschlüssig den trockengefallenen Boden.
»Die Kellnerin drüben ist meine Schwester und heißt Linda. Sie kann dich gut leiden,
falls du das noch nicht bemerkt hast?«
»Beruht
auf Gegenseitigkeit.«
»Warum machst
du dich nicht an sie ran?«
»Man kann
nicht jedem Mädel in den Schritt fassen, muss alles seine Ordnung haben und zur
Tageszeit passen.«
Er grinste
anerkennend und stieß mit meinem leeren Glas an.
»Ken …«
»Albert
…«
»Wie sieht’s
denn aus? Wollen heute Abend einen Bruch machen. Du sollst den vierten Mann abgeben,
weil wir das Ding allein nicht bewegen können …«
Ken trug
riesige Turnschuhe, hatte seine Schirmkappe quer sitzen und seine ausgefransten
Jeans hingen ihm so tief über die Absätze, dass sie bei jedem Schritt den Fußboden
wischten.
»Was für
’n Ding?«, fragte ich.
»Panzerschrank.«
»Wo?«
»Büro einer
Transportfirma.«
»Und wie
hoch ist mein Anteil?«
»Na, ein
Viertel, Mann … was sonst?«
»Darf ich
fragen, wie du ausgerechnet auf mich gekommen bist?«
»Hab dich
schon eine ganze Weile beobachtet. Du gehst selten pinkeln, obwohl du säufst wie
ein Loch. Also schlägt Stress dir nicht sofort auf die Blase. Du willst hier auch
kein Mädel abschleppen, das verträgt sich nämlich schlecht mit unserem Job. Nach
dem Motto: Alles zu seiner Zeit.«
»Hört sich
wie ’ne komplette Analyse an. Ist dein Alter Psychoanalytiker?«
»Nein, Fahrer
auf dem Großmarkt.«
»Wie sieht’s
denn mit der rechtlichen Seite der Transaktion aus?«
»Rechtliche
Seite der Transak …?« Ken schien nicht zu verstehen, was ich damit meinte.
»Wir marschieren
einfach in ein Büro und nehmen uns, was wir brauchen?«
»Damit geht’s
dann in unseren Besitz
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