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Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Einsteins Gehirn: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schmidt
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auf einem Parkplatz
nahe beim Harlem Meer aus und verschwand in der Dunkelheit. Vielleicht ist sie ja
bei der Flucht ertrunken …«
    »Wurde der
Park denn nicht nach ihr durchsucht?«
    »Das Gelände
ist ziemlich groß und unübersichtlich.«
    »Noch eine
abschließende Frage. Hat mein Vater die drei angeblich unbekannten Jackson Pollocks
gemalt, die Sie an eine Galerie in Westend verscherbeln wollten?«
    Witzigmann
verschränkte wieder seine Arme vor der Brust und sah mich nur schweigend an, ein
schmallippiges Grinsen um den Mund.
     
    Danach rief ich meinen Alten in
Europa an, und obwohl er Telefone hasste, ging er diesmal sofort an den Apparat,
vielleicht, weil er schon auf meine Rückmeldung wartete.
    »Hör mal,
ich bin immer noch in den USA. Sieht so aus, als wenn wir die Sache mit deiner Tochter
bald ins Reine bringen könnten. Hab nur noch eine Frage: Welches Flugdatum steht
auf der Stickstoffflasche im Keller?«
    »Wozu willst
du denn das wissen? Was hat das mit Anjas Verschwinden zu tun?«
    »Wurde der
Behälter vielleicht am 15. März 1993 aufgegeben? An das Jahr erinnere ich mich noch
genau, aber nicht ans Datum …«
    Mein Alter
legte auf, ohne zu antworten.
    Nach etwa
zehn Minuten rief ich ein weiteres Mal an. Diesmal dauerte es fast eine halbe Minute,
ehe er abhob. Er gab nur ein mürrisches Geräusch von sich, als Stimme konnte man
sein Knurren schon nicht mehr bezeichnen.
    »Hab mich
mal im Princeton Medical Center, New Jersey kundig gemacht«, sagte ich. »In deiner
Stickstoffflasche befindet sich Sperma Albert Einsteins. Wie groß ist denn momentan
die Restmenge? Hast du vor, noch weitere Genies damit zu zeugen …?«
    Er knurrte
wieder etwas in die Leitung, das ich nicht verstand, und legte auf.
     
    NUN WAR ES ALSO AMTLICH. DAS ALLES
LIESS NUR EINEN SCHLUSS ZU: ICH WAR ALBERT EINSTEINS SOHN. ICH WAR EINSTEINS GEHIRN

    Ich klopfte
mir mit drei Fingern an die Schläfe. Trommelte mit allen Fingern auf meinen Schädelknochen
und horchte dem Klang nach: HALLO, EINSTEINS GEHIRN, WER IST DER KLÜGSTE IM GANZEN
LAND?
    Du bist
zwar besser in Relativitätstheorie. Aber bin ich nicht mindestens genauso gut in
Philosophie? Und ich trommelte wieder mit den Fingern gegen meine Schläfe und horchte,
als könne aus der Tiefe meines Schädels noch eine Antwort kommen, die ich mir nicht
schon selbst gegeben hatte …
     
    An nächsten Tag nahm ich mir erst
einmal die Biografie meines wahren Erzeugers vor. Im Buchladen an der Ecke gab es
eine schon ziemlich angestaubte Ausgabe eines wenig bekannten Autors von 1963. Man
bot dort sogar eine deutschsprachige Ausgabe von 1993 mit 950 Seiten an, aber die
war mir zu teuer. Als erstes fiel mir auf, dass mein Vater ein ziemlicher sexueller
Schwerenöter gewesen war – da schien es durchaus eine genetische Verbindung zu geben.
Er hatte eine uneheliche Tochter und zwei Söhne. Einer wurde ordentlicher Professor
für Hydraulik, der andere starb mit 45 Jahren in der Irrenanstalt.
    Einsteins
Charakter könnte man als ungewöhnliche Mischung aus Leutseligkeit und berechnendem
Egoismus, verspielter Entdeckerfreude und genialem Hang zu Gedankenspielen bezeichnen.
Aber er war auch ein Mensch mit Sendungsbewusstsein und Ambitionen, doch noch ein
Stück dieser elenden Welt zu retten.
    Sieht mal
einmal davon ab, dass er den Vereinigten Staaten durch seine Unterschrift in einem
von Leó Szilárd initiierten Brief an Franklin D. Roosevelt etwas voreilig zum Bau
der Atombombe geraten hatte, waren die Parallelen zu meinem Charakter geradezu handgreiflich


16
     
    Im Studio wurde ich zum ersten Mal
in meinem Leben geschminkt. Ich glaube, man dachte, ich würde vor Nervosität schwitzen.
Meine Nase wurde gepudert und eine Friseuse schnitt mir die Haare. Oder besser gesagt,
sie kämmte mich und beseitigte ein paar imaginäre Flusen über und hinter meinen
Ohren. Dann bearbeitete sie mit einer Bürste mein Jackett, um ebenso eingebildete
Schuppen zu entfernen.
    Und zwischendurch
immer wieder die Stimme der Regieassistentin, die mich ermahnte, nicht nervös zu
sein und dass es keinen Grund gebe – niemals und unter keinen Umständen! – in die Kamera zu blicken.
    Ich sagte,
wenn sie mich nicht davor warnen würde, wäre ich nie auf die Idee gekommen, in die
Kamera zu blicken. Außerdem mache es mich nervös, dass sie mir einreden wolle, ich
solle nicht nervös sein.
    »Sprechen
Sie den Dalai Lama nur mit Eure Heiligkeit an.«
    »Wie oft
hatten Sie diese Woche Sex?«, flüsterte ich

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