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Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke

Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke

Titel: Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Möller
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entsprach.

4.
Luftfracht im Karpfenteich
    A ls ich Freitag früh den Schlüssel in das Schloss meiner Wohnungstür schiebe und mein erster Blick auf die ungelesene Post auf dem Küchentisch fällt, ist mein letzter Wille, mich damit zu beschäftigen. Da ich jedoch vier Tage aktives Vermeidungsverhalten für genug befinde, nehme ich den ersten der großen Umschläge in die Hand und reiße das Papier dort weiter ein, wo ich vor vier Tagen aufgehört hatte, während ich darüber die Augen verdrehe, weil DIN-A4-Post selten etwas Gutes bedeutet. Der Inhalt der Post rutscht auf den Küchentisch, und sogleich lächle ich mir von meinem eigenen Foto entgegen.
    Sehr geehrte Frau Lenartz,
    leider müssen wir mitteilen, dass wir Ihnen zurzeit keine vakante Stelle Ihrem Profil entsprechend als Werbetexterin anbieten können. Wir freuen uns über Ihr Interesse und empfehlen Ihnen, sich gern zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu bewerben.
    MfG
    Das Anschreiben zerknüllt in meiner linken Hand, während ich mir mein Bewerbungsfoto genauer betrachte. Es ist so. Mit meinem Gesicht würde ich am liebsten nichts zu tun haben. Was grundsätzlich schon ein Problem ist, da ich andererseits ja leider auch irgendwie dran hänge. Braune schulterlange Haare, ein dichter Pony, der bis in die Augen fällt, blasse Haut, schiefes Lächeln, erste Fältchen.Diese Frau würde ich nicht einstellen. Eine Werbeschlampe. Nichts weiter. Außer vielleicht, dass gewisse psychische Störungen nicht auszuschließen sind. Mein Lachen ist so natürlich wie eine Maggigewürzmischung und der Blick irgendetwas zwischen manisch und fremdgefährdend. Wahrscheinlich liegt es daran, dass der Fotograf mich zu einem schönen Bild mit den Worten »Und jetzt tun Sie mal so, als wären Sie attraktiv und kompetent« zu motivieren versucht hatte. Letztlich habe ich das Foto nur benutzt, weil ich meine Bedenken nach einer halben Flasche Weißwein vor Astrid geäußert hatte und sich der daran anschließende kleine halbstündige Vortrag über Fremd- und Selbstwahrnehmung von meiner Freundin nur durch glaubwürdiges Einlenken und das Eintüten der Bewerbungsunterlagen samt Foto beenden ließ.
    Den anderen großen Umschlag schiebe ich in Richtung krümeliger Teller, da ich mir sicher bin, dass auch die zweite renommierte Werbeagentur in Köln eine Absage geschickt hat. Ich ärgere mich darüber, weil ich nicht von meinem Chef rausgeworfen werden will, sondern ihm mit gutem Gewissen meine Kündigung auf seinen Designerschreibtisch pfeffern möchte. Denn ich bin alles andere als eine Werbeschlampe! PAH!
    Andererseits sind die Hoffnungen, nur weil man dreiundzwanzig Bewerbungen rausgeschickt hat, auch direkt eine Zusage zu erhalten, heutzutage ja eher als naiv einzuschätzen. Also öffne ich naiv einen kleinen Umschlag.
    Sehr geehrte Frau Lenartz,
    vielen Dank für die Einsendung Ihres Kinderromans. Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass wir im Moment keine Verwendung für fliegende Schweinchen, laufende Schmetterlinge und Blattklauber sehen   …
    Ich sinke auf den Küchenstuhl, während ein heißer Schauer vom Kopf bis in die Knöchel durch meinen Körper wandert. Die Absage für meinen Kinderroman. Es trifft mich, obwohl ich mit mir selbst vereinbart hatte, dass es mich nicht treffen wird. Auf das Herz eines Menschen ist eben kein Verlass. Darauf, dass es ein Eigenleben führt, ganz sicher. Auch der zweite kleine Brief von einem Independent-Verlag interessiert mich nicht mehr. Bleibt nur noch die Postkarte.
    Liebe Anna,
    Christina und ich genießen unsere Flitterwochen in der Karibik sehr.
    Das Wetter ist ein Traum.
    Ich bin so glücklich, den Regen in Köln hinter mir gelassen zu haben.
    Bis bald.
    Dein Frederik
    Skeptisch drehe ich die Karte in meinen Händen hin und her. Den Regen in Köln hinter sich gelassen? Ich blicke auf den babyblauen Himmel, der sich am oberen Rand des offenen Küchenfensters über die Häuserdächer spannt, und auf vereinzelte Dachpfannen, die in der Abendsonne blitzen. Bin ich hier der Regen, der hinter sich gelassen wurde?
    Ich bin Regen!
    Mein Gott.
    Na, meinetwegen.
    Und überhaupt. Frederik war erst vier Tage lang auf Hochzeitsreise. Hatte er die Postkarte noch am Flughafen geschrieben? In einem Ratsch ist das Urlaubspanorama halbiert. In einem weiteren geviertelt. Keine Grüße von Christina. Wahrscheinlich weiß sie nicht mal von der Post. Ich will auch nichts mehr davon wissen.
    Ich zerkleinere die Karte und sämtliche Briefe in tausend

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