Einzelstücke - Möller, M: Einzelstücke
antworte ich frei heraus.
»Aber was wollte Sie denn nur damit?«
»Ich denke mal, Sie wollte Hinweise auf deinen aktuellen Aufenthalt finden.«
Sebastian reagiert mit stummem Nicken. Sein Blick verdüstert sich etwas, während die Augenlider leicht zucken.
»Und was machst du hier?«, versuche ich seine Gedanken zu unterbrechen.
»Ha! Ich bin hier, um auszusagen, dass meine Exverlobte nicht verrückt ist. Aber da bin ich mir langsam nicht mehr so sicher.«
»Ich glaube auch, dass sie verrückt ist. Und zwar nach dir, Sebastian.«
Wieder keine Reaktion von Sebastian außer dem nervösen Zucken der Augenlider.
»Gibt es denn gar kein Zurück mehr für euch?«
»Nein. Anna, auch wenn Astrid und ich es noch mal versuchen würden und mir die Schmach vor unseren Freunden und Verwandten egal wäre, und du kannst sicher sein, das ist sie mir nicht, dann würde doch immer die einstige Entscheidung gegen mich zwischen uns stehen. Verstehst du? Ich werde es nicht vergessen können. Und ich werde nicht mehr der sein können, der an Astrid und mich von ganzem Herzen glaubt und auf uns vertraut.«
Ich verstehe. Verletzt zu werden erzeugt eine probate Schutzlähmung des Herzens, um sich ja nicht noch mal in irgendeine Richtung zu bewegen. Meine Gedanken wandern zu Moritz und mir. Sind wir in einer ähnlichen Situation? Nein, das konnte man nun wirklich nicht vergleichen!
Sebastian räuspert sich und erhebt sich von seinem Stuhl. Seine Bewegungen sind steif, der Blick leer.
»Hier.« Er reicht mir einen Zettel mit einer Telefonnummer. »Ich denke, mit dir an ihrer Seite kommt Astrid auch ohne michzurecht. Aber falls ich bei der Polizei doch noch etwas tun kann, das ist meine neue Nummer. Aber versprich mir, dass du sie unter keinen Umständen Astrid gibst.«
Ich falte den Zettel mit den Ziffern sorgfältig in meiner Hand, während Sebastian so unvermittelt, wie er gekommen war, das Polizeirevier wieder verlässt.
23.
Susan Winter jetzt auch im Sommer
I m Sonnenuntergang stehe ich unter dem Magnolienbaum und drücke den Klingelknopf. Der Summer ertönt sofort. Ich nehme zwei Stufen gleichzeitig durchs Treppenhaus, schiebe mir meinen Pony aus dem Gesicht, als ich Moritz’ offene Wohnungstür erblicke; halte jedoch nicht davor an, sondern marschiere direkt zu ihm durch, bis ich vor ihm stehe. Er lehnt mit dem Rücken am Fenster und öffnet eine Dose Zitronenlimonade. Das Zischen lenkt meine Aufmerksamkeit kurz von Moritz’ überraschtem Blick ab, mich hier zu sehen. Ich ignoriere es und schließe ihn in die Arme.
»Hey Anna.«
»Ich musste dich einfach sehen«, erkläre ich ihm, während ich ihn fest an mich drücke.
»Ist wieder was passiert? Ist Herr Zwerger noch mal bei dir aufgetaucht?«
»Nein. Alles okay.«
Auf dem kleinen TV-Gerät auf dem Kühlschrank in Moritz’ Rücken läuft eine Sendung Solokitchen mit Susan Winter. Ich muss lächeln. Hatte er sich meine Lieblingssendung zu eigen gemacht?
»Ich dachte, du magst diese Susan Winter nicht?« Ich löse mich aus Moritz’ Umarmung und sehe ihn neckisch an. Sein Blick verdüstert sich. In zwei Schritten läuft er zum Kühlschrank und knipst den Fernseher aus. Hm. Natürlich wieder, kurz bevor Susan Winter sagen konnte, wer sich getrennt hat.
»Du kannst es ruhig anlassen. Es stört mich nicht.«
»Mich aber.« Er öffnet den Kühlschrank und brummelt hinein: »Hast du Hunger? Ich mache uns Pasta.«
»Ich dachte, du kochst nicht gern?«
Moritz läuft an mir vorbei, in den Armen ein Schälchen frische Tomaten, ein Glas getrocknete Tomaten und eine Knoblauchzehe.
»Anna! Warum bist du gekommen? Um mich zu ärgern?«
Die Tomaten landen unter dem plätschernden Wasserhahn, während Moritz ein Messer aus der Küchenschublade zieht, den Knoblauch auf ein Holzbrett rollt und mit dem Messer seine Schale abzieht.
»Ich will dich nicht ärgern. Ich wundere mich nur, dass du Solokitchen eingeschaltet hast. Und das ja nur, weil du meintest, dass du Susan Winter auf den Tod nicht leiden kannst. Da frage ich mich doch, selbst wenn es zufällig laufen würde, würde man doch umschalten, oder? Ich meine, ich kann zum Beispiel diese Chartshows mit Oliver Geißen nicht leiden«, setze ich nach und rutsche neben dem Holzbrett, auf dem Moritz gerade den Knoblauch mit festem Griff ums Messer zerkleinert, auf die Arbeitsplatte, »und wenn die im Fernsehen laufen, schalte ich sofort um.«
Moritz stellt den Wasserhahn ab, lässt die Tomaten abtropfen und schiebt mir eine
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