Einzige Bedingung - Liebe
seufzte leise. „Aber was soll’s? Mein Vater ist tot.“
Wahrscheinlich glaubt er, dass er nie die Erwartungen des Vaters erfüllt hat, dachte Jessica. Plötzlich verstand sie den Mann so viel besser, dessen Geliebte sie seit zwei Jahren war.
Er hatte Seiten seines Charakters offenbart, die sie wahrscheinlich nie kennengelernt hätte, wenn das neue Testament nicht gewesen wäre.
War das vielleicht der Grund, warum er ihr seine Gefühle nicht offenbarte? Weil er befürchtete, dass niemand ihn lieben konnte?
„Aber immerhin hat mein Vater den Löwenanteil der Aktien nicht Ric vermacht“, sagte er, und in seiner Stimme schwang unüberhörbar eine gewisse Befriedigung mit.
Jessica wandte sich ab. Diese ständige Rivalität zwischen den beiden beschäftigte Ryan viel zu sehr, und das beunruhigte sie. „Da dein Vater nun nicht mehr ist, werdet ihr, du, Ric und Kim, wohl Blackstone Diamonds führen und …“
„Ric ist kein Blackstone“, fiel Ryan ihr ins Wort. „Ich bin der einzige überlebende Sohn. Unter meiner Führung sind die Gewinne der Vertriebsabteilung enorm gestiegen. Damit habe ich bewiesen, was ich kann. Also sollte ich auch das Unternehmen leiten. Mir steht der Posten des Vorstandsvorsitzenden zu.“
Jessica wollte etwas einwenden, war jedoch so erschrocken über die Härte und fehlende Einsicht von Ryan, dass sie schwieg. Was hätte es auch für einen Sinn? Ryan hatte nie auf sie gehört. Und er sah nicht so aus, als würde er jetzt damit anfangen.
Vorsichtig biss Jessica von dem Butterkeks ab, schluckte und wartete. Nichts geschah. Ihr Magen meldete sich nicht. Also aß sie noch ein Stück.
Ryan war vor wenigen Minuten mit Garth Buick auf die andere Seite des Raums gegangen und stand jetzt mit einer Gruppe schwarz gekleideter Männer zusammen. Verständlicherweise wollte er nicht zu lange mit ihr gesehen werden, um nicht irgendwelche Gerüchte aufkommen zu lassen.
Doch anstatt dadurch in ihrer Absicht bestärkt zu werden, ihn zu verlassen, wurde sie wieder schwankend. Sollte sie ihn wirklich noch an diesem Tag damit konfrontieren? An einem Tag, an dem er so viel hatte durchmachen müssen?
Vielleicht sollte sie noch eine Woche warten? Schließlich hatte sie den Abschied schon einmal aufgeschoben, als sein Vater mit dem Flugzeug abgestürzt war. Warum nicht noch einmal? Ryan verbrachte sowieso mehr Zeit im Büro als im Penthouse und würde sicher nichts merken.
Sie wandte sich ab. Ein paar Meter weiter stand Dani Hammond, Ryans Cousine, die dabei war, sich als Schmuckdesignerin einen Namen zu machen. Sollte sie sich ihr vorstellen? Jessica entschied sich dagegen. Die Beerdigung von Danis Onkel war vielleicht kein guter Anlass.
Jemand berührte ihren Arm, und Jessica fuhr herum.
„Jess?“
Es war Briana Davenport, eins der aktuellen Topmodels der australischen Modeszene, die auch für Blackstone Diamonds Werbung machte. Ihre Schwester Marise war mit Matt Hammond verheiratet gewesen und bei dem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen, zusammen mit Howard Blackstone, seinem Anwalt Ian Van Dyke, dem Piloten und dem Flugbegleiter. Eine fürchterliche Tragödie.
Briana sah bleich und elend aus. Unter den Augen lagen dunkle Schatten, und ihr schönes goldbraunes Haar hatte sie in einem festen Knoten zusammengefasst.
„Schätzchen, wie geht es dir?“, fragte Jessica. Briana war so etwas wie eine Freundin für sie. Sie hatten sich in der Firma kennengelernt und sich auf Anhieb gut verstanden. Da Briana als Model viel unterwegs war, hatten sie nicht oft Gelegenheit, sich zu treffen. Was Jessica nur recht sein konnte, weil sie so für Ryan Zeit hatte, ohne sich vor der Freundin rechtfertigen zu müssen.
Briana lächelte matt. „Zwei Beerdigungen in weniger als einem Monat, das ist etwas viel. Auch wenn Marise und ich uns nie sehr gut verstanden haben, so war sie doch meine Schwester. Und ich ertappe mich dabei, dass ich in den unmöglichsten Situationen plötzlich anfange zu weinen.“
„Das ist doch vollkommen verständlich.“ Jessica legte ihr tröstend die Hand auf den Arm. Glücklicherweise wusste Briana nicht, dass auch Jessica mit Howard hatte fliegen sollen. Auch sie wäre jetzt bereits beerdigt.
Sie hatte einfach nur Glück gehabt. Wenn Howard nicht so ein Ekel gewesen wäre, hätte sie ihn begleitet und wäre jetzt tot.
„Und weißt du, was das Schlimmste ist?“
Jessica schreckte aus ihren Gedanken hoch. „Was denn?“
„Die Leute sagen, dass Marise Howards Geliebte war. Ist
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