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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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zurückzugeben. Ich habe die mechanischen Toten unter Kontrolle, eine unbesiegbare Armee. Ægypten wird in alter Größe wieder neu erstehen, und ich … ich werde der Pharao dieses neuen Erdkreises sein und über ihn gebieten!“ Seine Stimme überschlug sich, er reckte eine Hand, die nun wie eine Kralle verkrümmt war, in Richtung Heinrich und rief:
    „Ich bin das neue Gesetz! Ich bin das Ægyptische Axiom!“
    Al Hadary breitete die Arme aus, als wolle er das Heer aus Mumien und das Gewölbe umfassen, drehte sich im Kreis, meinte tatsächlich die Welt. Die Stimme des Mannes war nach wie vor überdreht, als er fortfuhr: „Sie verfügen über echte Intelligenz, Herr Jonas, über wahre Kreativität. Sie denken wie ich außerhalb der Bahnen der beschränkten wissenschaftlichen Bourgeoisie. Es gibt in den Schriftrollen der Bibliothek noch so viel zu entdecken. Ich biete Ihnen diesen Schatz! Schließen Sie sich mir an, arbeiten Sie für mich, für Ægypten, das Axiom, den Pharao, aber vielmehr für die Mehrung des Wissens, und Sie werden einen herausragenden Platz in meiner neuen Weltordnung einnehmen!“
    Eins war Heinrich mit geradezu kristallener Klarheit bewusst: Dieser Mann war völlig verrückt. Die Jahre der Ablehnung mussten an ihm gefressen, mussten schon vor langer Zeit den Samen für seinen Irrsinn gelegt haben. Wie schade war das, wie vergebens dieser ehemals brillante Geist verschwendet, der auf dem schmalen Grat zwischen Genie und Wahnsinn zu weit auf die Seite des letzteren geraten war. Fast hatte er Mitleid mit dem Kurator, doch ein Blick auf die schweigend verharrenden Mumien, die Shellys, machte ihm klar, dass dieser keine Freundlichkeit verdient hatte. Denn er war ein Größenwahnsinniger, einer, der Menschen skrupellos seinen Zielen opferte, der sich eine Welt Untertan machen wollte, die ihn nach seiner Ansicht verlachte und verstieß, koste es, was es wolle. Nie würde er bei diesen Plänen mittun. Er sah Farid an. Der hatte sich offenbar wieder gefangen, verdrehte die Augen und zeigte verdeckt eine Handbewegung, die bedeuten sollte, dass auch er den Ægypter für reichlich meschugge hielt.
    Doch was tun? Auf irgendeine übersinnliche Art und Weise hatte der Kurator die Mumien-Shellys unter Kontrolle. Ein falsches Wort oder eine unbedachte Bewegung würden dazu führen, dass er die untoten Automaten auf den Rheinländer und seinen Freund hetzte, damit sie ihnen den Garaus machten. Was konnten sie tun? Sie waren nur zu zweit und den bandagierten Truppen des selbsternannten Pharaos damit zahlenmäßig weit unterlegen. Sollte er zum Schein auf das Spiel eingehen? Würde Al Hadary ihm das abkaufen? Heinrich schalt sich für seine Unsicherheit, überlegte noch hin und her, als ein spitzer Schrei die Stille des Gewölbes durchschnitt.

    Heinrich, Farid und Al Hadary drehten sich zur Quelle des unerwarteten Schreis um. Der Rheinländer glaubte, seinen Augen nicht zu trauen, als er eine halbnackte Gestalt erblickte, die sich augenscheinlich vom Podest herab auf den Fahrer des elektrischen Gefährts gestürzt hatte und mit zwei wirbelnden Krummsäbeln auf diesen eindrang. Die Haare der jungen Frau flogen, als sie um den relativ trägen Burschen herum stob. So wie sie die Waffen führte, wäre es ihr ein Leichtes gewesen, ihn einen Kopf kürzer zu machen, doch sie beschränkte sich darauf, unter seinen Händen hindurchzutauchen, als er sie ergreifen wollte, und ihm den Knauf einer ihrer Waffen an die Schläfe zu schlagen, woraufhin er wie ein nasser Sack zusammenklappte.
    Sie blickte Heinrich genau in die Augen, während dieser sich vergeblich mühte, nicht auf ihre blau geschminkten Brüste zu starren. „Was ist los, Europäer? Hast du noch nie eine Frau gesehen? Hier, mach dich nützlich und hilf mir, wenn du leben und nicht wie einer der Shellys enden willst!“ Mit diesen Worten warf sie ihm einen der zwei Säbel zu. Heinrich erinnerte sich jetzt, dass er diese Waffen bei seiner Ankunft droben auf dem Podest erblickt hatte. Dort, wo Al Hadary gesessen und wo ihm die beiden jungen Frauen rechts und links zu Füßen gehockt hatten. Der Irrwisch vor ihm war eine davon. Mit Mühe vermochte er den Krummsäbel zu fangen, ohne sich zu verletzen.
    „Du!“ Die Furie zeigte auf Farid, der nach wie vor auf dem Sofa hockte, Maulaffen feilhielt, immer noch eine Baklava in der Hand, von den Geschehnissen sichtlich überrascht. „Lauf hoch zum Thron und hol dir eine Waffe!“ Fast mechanisch sprang der Junge auf

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