Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Titel:
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt
„Nun aber zurück zum Maestro.“
„Wie Sie wünschen“, sagte der Chauffeur und startete den Motor.
Die Motorkutsche war gerade auf die Chaussee in Richtung Osten eingebogen, als Warner die Explosion hörte.
„Was zur …?“, hörte er den Chauffeur schreien, und das Gefährt kam nach einer Vollbremsung zum Stehen.
Wie sein Begleiter sprang Warner aus dem Wagen und warf einen Blick gen Schloss. Ein Feuerball war über der Residenz aufgestiegen und löste sich langsam auf. Von den Türmen des Herrschaftssitzes hatte es die Dächer weggerissen. Ein schwelender Krater erstreckte sich im Dach des Hauptgebäudes, wo sich der Ballsaal befand.
„Was ist da nur geschehen?“, fragte der Chauffeur, der eine Weile mit offenem Mund dagestanden hatte.
„Etwas, das Dinge in Bewegung bringen, sie wieder ins rechte Lot rücken wird“, antwortete Warner, so als hätten sie nichts weiter erblickt als eine alltägliche Begebenheit.
Verunsichert sah ihn der Mann an. „Wie? Aber …“
Ein Kopfschuss beendete die Verwirrung.
Während sich der Pulverdampf verzog, steckte Warner die kurzläufige Handfeuerwaffe wieder in die Tasche. Er nahm den Platz des Chauffeurs ein und startete den Motor. Ehe er losfuhr, küsste er das stählerne Symbol, das er an einer Kette um seinen Hals trug.
Seine Zukunft lag in der Vergangenheit.
Die eisigen Felder seiner Heimat Ængland würden ihren verlorenen Sohn willkommen heißen, als sei er nie fortgewesen. Er kehrte zurück, die Taschen voller badischer Goldmark. London wartete, um ihn als Helden zu begrüßen. London wartete und würde seinen Verdienst noch vervielfachen. Eine Hérað und ein Sitz im House of Lords waren das Mindeste, das James Barðolomew Warner zustand.
Auf ihn wartete eine goldene Zukunft.
Was er hinterließ, war Chaos.
Der Gipfel
von Christian Lange
D as ist der Gipfel!“, donnerte Nummer Eins. Sein Gesicht war knallrot, die Adern an der Stirn traten pochend hervor.
Nummer Zwei zog den Kopf ein.
Nummer Eins blätterte eilig im Report.
„Warum habe ich davon nichts erfahren?“
Vorsichtig hob Nummer Zwei die Nase über den Aktenstapel auf seinem Sekretär.
„Was für eine Akte ist es denn?“
Nummer Eins knallte die Unterlagen auf den Sekretär.
„Welche Akte es ist? Sie fragen ernstlich, welche Akte es ist?“
Was hatte er sich nur dabei gedacht, diesen Mann zu seinem Mitarbeiter und Stellvertreter zu machen? Er war nicht nur kriecherisch und leicht zu führen, nein, er war auch dumm. Gefährlich dumm fast schon.
Aber er hatte es ja noch rechtzeitig gemerkt. Sonst wäre der Hinweis über den Standort Hochgotlands, des geheimen Verstecks der friesischen Luftfahrer, vermutlich ungelesen im Archiv verschwunden.
„Wir werden diesem Hinweis nachgehen!“, beschloss Nummer Eins.
Eine Woche später machten sie sich auf. Nummer Eins wäre gern früher abgereist, aber es hatte gedauert, bis alles vorbereitet war, und wieder hatte er sich mehrmals über Nummer Zwei aufregen müssen. Als wolle der Bursche die Abreise absichtlich verzögern. Zur Strafe hatte er ihm befohlen, sich einen Bart wachsen zu lassen. Einen richtigen Vollbart, wie ihn die Friesen angeblich trugen, die von Hochgotland aus ihr Unwesen trieben. Es konnte ja nicht schaden, einen Mitarbeiter zu haben, der dem Gegenstand der Nachforschungen zumindest äußerlich nahekam.
Die Eisenbahn fuhr von Quedlinburg, wo sich der Sitz der G . A . F . A., der Geheimen Agentur des Fürstentums Anhalt befand, nach Blankenburg. Doch als hätten die Friesen Wind von den Ermittlungen der G . A . F . A. bekommen, war die Strecke zwischen Blankenburg und Wernigerode durch mehrere umgestürzte Bäume blockiert. Das Wetter verhinderte zügige Aufräumarbeiten.
Doch Nummer Eins wäre nicht Nummer Eins gewesen, hätte er nicht eine Alternative vorbereitet gehabt. Natürlich hatte er per Depesche dafür gesorgt, dass in Blankenburg für den Notfall eine gebirgstaugliche Karbiddroschke ihrer harrte. Doch alles schien sich gegen ihn und seinen Plan verschworen zu haben. Denn kaum saßen sie in der Droschke, Nummer Eins hinten in der halbwegs warmen Kabine und Nummer Zwei vorn beim Chauffeur, da gab es einen heftigen Knall, und das gleichmäßige Brummen des Dampfkessels erstarb. Der Chauffeur war untröstlich, denn das für eine Reparatur nötige Ersatzteil war kostspielig und schwer zu beschaffen. Auch Nummer Zwei war betroffen, zumindest erweckte sein behaartes Gesicht diesen Eindruck. Aber Nummer Eins
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