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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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sie sie übersehen können? Sie versuchte, sich loszureißen, aber der Griff war eisern.
    „Ich brauch wohl nicht zu fragen, was du in deinen Taschen hast, diebische Schlampe?“, polterte der Fischhändler und trat an sie heran. Er öffnete ihren Mantel und griff hinein. Schnell hatte er die Geldtasche gefunden. Aber seine Hände blieben in ihrem Mantel. „Hast wohl gedacht, du kommst damit davon?“, zischte er sie an.
    Sie konnte seinen Atem riechen. Seine Hand glitt über ihren Bauch, zwischen ihre Beine und kniff zu. „Nehmt sie mit, ich habe, was mir gehört“, sagte er und ließ von ihr ab.
    „Drecksau!“, rief Samanða. „Lasst mich los! Verdammte Drecksau! Lasst mich los!“
    Sie drehte und wand sich, aber es half nichts.
    Dann sah sie die Gestalt, die sich im Hintergrund hielt und doch immer da gewesen sein musste. Frieder! Er tippte sich in einem spöttischen Salut an die Stirn, grinste noch einmal frech und zog von dannen.
    Samanða ergab sich.

    „Verraten! Frieder hat mich verraten!“, dachte Samanða. „Ich wusste, dass Frieder ein charakterloses Arschloch ist, aber konnte ich ahnen, dass er ein verdammtes verräterisches charakterloses Arschloch ist? Er hat mich in der Markthalle die ganze Zeit verfolgt und mich verraten!“
    Konnte es anders sein?
    Wer konnte sie, ohne dass sie es bemerkte, im Auge behalten? Nur jemand, der sie gut kannte!
    Oder war es Zufall, dass er ihre Ergreifung beobachtet hatte? War er nur zu ängstlich und zu gierig auf ihre Position, dass er nicht einmal versucht hatte, ihr zu helfen?
    Aber wie sonst konnte der stinkende Fettarsch von Fischhändler wissen, wer ihn bestohlen hatte? Wie sonst konnte er in aller Seelenruhe vor der Markhalle auf sie warten? Wie sonst konnte das alles passiert sein, außer, dass es ein verdammtes, abgekartetes Verräterspiel war?
    Auch das ergab keinen Sinn!
    „Frieder hat mich verfolgt, und ich hab ihn nicht gesehen“, schloss sie. „Als er sah, wie ich Fettarsch um seine Geldtasche erleichtere, hat er mich an den Händler und die Polizisten verpfiffen. Er wusste, an welchen Eingang wir uns treffen, und hat sie dort hingeschickt.“
    Aber warum hatte der Händler Frieder vertraut? Warum hatten sich die Schutzmänner nicht auch Frieder gegriffen?
    „Ich weiß es nicht!“, schrie Samanða und warf den Blechnapf gegen die Wand.
    Niemand antwortete.
    Sie war ganz allein.
    Seit vier Tagen.
    Vier Tage saß sie in diesem Loch.
    Sie nahm zumindest an, dass es vier Tage waren. Die Zelle hatte kein Fenster. Der Aufseher war vier Mal gekommen, hatte ihr Wasser, ein Stück Brot und dünne, kalte Suppe gebracht.
    Keiner der Gesetzeshüter hatte eine Frage gestellt.
    Keiner der Gesetzeshüter hatte eine Antwort auf Samanðas Fragen gegeben:
    „Wo bin ich?“
    „Was geschieht jetzt mit mir?“
    „Wer hat mich verraten?“

    „Professor Roþblatt, welche Ehre!“
    Samanða fuhr auf. Die Stimme war direkt vor ihrer Zellentür.
    „Heute haben wir etwas für Sie, verehrter Professor“, fuhr die Stimme unterwürfig fort. „Blutjung und gesund. Niemand wird sie vermissen. Ich habe gleich an Sie gedacht, als wir sie bekamen, Professor, und sie nicht dem Justitiat gemeldet. Die haben Besseres zu tun, als sich mit dem Pack abzumühen. Wenn Sie sich ihrer annehmen wollen, wäre allen gedient.“
    Die Tür ging auf.
    Für einen Moment konnte Samanða die Umrisse von mindestens vier Menschen sehen, dann blendete eine Laterne auf, und die ungewohnte Helligkeit ließ sie die Augen zukneifen.
    Die Männer mussten ihre Zelle betreten haben, denn gleich darauf wurde ihr etwas über den Kopf gestülpt, und ihr Bewusstsein schwand.

    Wieder eine Zelle.
    Wieder Finsternis.
    Nein.
    Nicht ganz dunkel.
    Durch das kleine, vergitterte Fenster drang bläulich zitterndes Licht. „Warum ist ein so kleines Fenster vergittert?“, dachte Samanða. „Wer würde da durch passen, außer einer Maus …“
    ... Maus … Maus … Maus?
    Kleiner Maus, was wird aus dir, wenn ich nicht mehr da bin? Was wird aus dir, wenn ich nicht auf dich aufpassen kann? Was wird aus dir, wenn Frieder das Sagen hat?
    Frieder?
    Frieder, ich hasse dich!
    Ich bringe dich um, wenn ich hier rauskomme. Wenn der Sturm vorüber ist, bringe ich dich um!
    Jetzt ist alles still.
    Im Auge des Sturms ist es immer still.
    Verzagt rieb sie sich die Augenbraue … nein: die Stelle, wo ihre Augenbraue gewesen war, ehe die weiße Frau sie geholt hatte.

    Wann war das gewesen? Gestern? Vor einer Woche? Das

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