Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)
Titel:
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt
Licht vor der Tür war immer blau und zitternd, es kannte weder Tag noch Stunde, wie sollte Samanða sie dann kennen?
Sie war groß gewesen, die Frau; einschüchternd, in ihrer schneeweißen Schwesterntracht, mit dem zu einem strengen Knoten gebundenen, rabenschwarzen Haar. Begleitet wurde sie von zwei Männern, breitschultrig, auch weiß gekleidet.
„Komm“, sagte die Frau. Nicht unfreundlich, aber über jeden Zweifel erhaben, jemand würde ihrer Aufforderung nicht folge leisten.
„Wo bin ich?“, fragte Samanða. „Was mache ich hier?“ Sie war verstört. Als der Mann – Professor Roþblatt? Kannte sie den Namen? – sie gekauft hatte, war sie überzeugt gewesen, ihr Schicksal zu kennen. Sie wusste um Männer, die eine sehr spezielle Neigung zu jungen Mädchen hatten. Sie wusste, dass diese Mädchen nie wieder auftauchten, zumindest nicht lebend. Aber das alles hier sah ganz anders aus, als sie es sich vorgestellt hatte …
Roþblatt, Professor Roþblatt … der Name klang vertraut …
Die weiße Frau ging voran, und die Männer führten sie durch einen Gang, von dem weitere Tür, wie die zu ihrer Zelle abgingen.
Roþblatt? Professor Roþblatt? Weiße Wächter?
„Wo bin ich?“, fragte sie. „Was tue ich hier?“
„Du wirst einer vernünftigen Verwendung zugeführt“, entgegnete die weiße Frau. „Zum Wohle Æstas.“
„Das ist kein Zuchthaus?“
„Nein.“
„Dann kann ich gehen?“
„Nein.“
Das hatte sie auch nicht erwartet.
Professor Roþblatt? Weiße Frau in Schwesterntracht? Zellen?
Die Heilanstalt!
Das Irrenhaus!
„Ich bin nicht verrückt!“, rief Samanða, drehte sich um und wollte den Gang zurück flüchten.
Die Wächter ließen sie nicht weit kommen. Links und rechts hielten sie Samanða an den Armen. Sie zappelte hilflos in ihrem Griff, trat nach ihnen. „Loslassen! Ich bin nicht verrückt! Egal, was Frieder sagt! Ich bin nicht verrückt! Nur, weil ich fliegen will!“
Der Blick der weißen Frau, zugleich mitfühlend und kalt, ließ Samanðas Widerstand ersterben. Schlaff hing sie in den Armen ihrer Wächter.
„Nein. Du bist nicht verrückt“, sagte die weiße Frau, hob die Hand und gab Samanða eine Ohrfeige. Ein winziges Lächeln zeigte sich auf ihrem Gesicht: „Aber vermutlich wirst du es bald sein.“
Das Zimmer war schneeweiß gefliest, schmucklos und kalt im grellen Licht einer zischenden Glühlampe. Die Schränkchen und Tische waren emailliert; auf stählernen Platten lagen Instrumente und Gerätschaften, deren Zweck sich Samanða nicht vorstellen konnte und wollte. In der Raummitte stand eine große Wanne, ebenfalls weiß emailliert und mit einer grünlichen Flüssigkeit gefüllt, die irgendwie ölig aussah und deren Geruch in der Nase stach.
„Zieh dich aus“, sagte die Frau. „Oder sollen sie es machen?“ Sie nickte den Wächtern zu.
Deren Minen verrieten nicht, ob ihnen diese Vorstellung gefiel.
„Was wollt ihr von mir?“, flüsterte Samanða. Sie zog Hemd und Hose aus. Einer der Wächter nahm ihr die Kleider ab, der andere zog lange Handschuhe über, die bis über die Ellbogen reichten. Als der letzte Fetzen Stoff gefallen war, versuchte Samanða, Brust und Scham mit den Händen zu bedecken.
„Sei nicht schüchtern“, sagte die Frau. „Du nimmst nur ein Bad. Ich nehme an, es ist das erste deines Lebens.“
„Da rein?“
„Ja.“
Mit einem Fuß tauchte sie ein. Die Flüssigkeit war lauwarm, und doch … sie verzog vor Schmerz den Mund und zog den Fuß zurück.
„Rein da“, befahl die Frau.
„Es brennt!“
„Es brennt gleich noch mehr. Das macht dich sauber. Richtig sauber. Du hältst das aus. Oder sollen sie nachhelfen?“
Auch der zweite Wächter hatte jetzt Handschuhe übergezogen.
Nein, von den Kerlen wollte sie sich nicht anfassen lassen.
Wieder steckte sie einen Fuß in die Flüssigkeit. Es brannte noch immer, aber sie konnte es ertragen. Also setzte sie den zweiten Fuß nach. Ihre Haut kribbelte und brannte, wo die Flüssigkeit sie berührte.
„Meine Güte, dauert das lange“, sagte die weiße Frau.
Die Wächter fassten Samanða an den Kniekehlen und ließen sie in die Wanne gleiten.
Es brannte furchtbar, ihre Haut schien zugleich zu spannen und sich abzulösen. Es brannte besonders scheußlich zwischen den Beinen und in allen Schrunden und Kratzern an ihrem Leib.
Samanða schrie. Sie schrie sich die Seele aus dem Leib.
Ihre Peiniger schien es nicht zu stören.
„Ihr wisst, was zu tun ist“, sagte die Frau.
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