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Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition)

Titel: Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mike Krzywik-Groß , Torsten Exter , Stefan Holzhauer , Henning Mützlitz , Christian Lange , Stefan Schweikert , Judith C. Vogt , André Wiesler , Ann-Kathrin Karschnick , Eevie Demirtel , Marcus Rauchfuß , Christian Vogt
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etwas, mit dem sie es diesem blöden Fischhändler heimzahlen konnte.
    Ohne es zu merken, war sie den halben Weg zurück zum Ort ihrer Schmach gegangen. Samanða hatte keinen Plan. Sie wartete ab, bis das Gedränge noch dichter wurde, ging in die Knie und glitt in den schmalen Durchgang zwischen den Rücken an Rücken stehenden Karren und Marktständen.
    Sie wartete.
    Keinem schien aufzufallen, dass sie hier war. Im hinteren Teil der Stände stapelten sich jetzt leere Kisten und Fässer. Die Händler waren mit ihren Kunden beschäftigt, so kam Samanða langsam, aber unbemerkt voran.
    Der Karren des Fischhändlers hatte an der Rückseite eine Tür. Sie kroch unter den Karren, spähte zwischen den Bodenbrettern hindurch und erblickte den Hintern des Fischhändlers. Über Fettsacks breitem Hinterteil baumelte eine Gürteltasche. Zweifellos waren darin die Einnahmen des ganzen Tages! Wenn sie die in die Finger bekam! Es war Wahnsinn, einen Händler in seinem eigenen Stand zu bestehlen, während er sich mit einem Kunden unterhielt. Aber Samanða wusste, dass sie es konnte. Nur die richtige Gelegenheit und etwas Glück und dann ganz schnell sein.
    Nun, vielleicht auch Gelegenheit, Schnelligkeit und ganz, ganz viel unglaubliches Glück!
    Als der Fischhändler einen Schritt zur Seite tat, rieselte Dreck auf Samanða herab. Es dauerte eine Weile, bis ihre Augen aufhörten zu tränen und sie wieder sehen konnte.
    „Es ist Wahnsinn“, dachte sie. „Ich bin die Anführerin, weil ich einen solchen Blödsinn eben nicht mache! Außerdem ist die Tür sicher zu. Aber wenn ich es nicht einmal versuchte …“
    Die Stimme des Händlers war deutlich zu vernehmen, er war ins Gespräch mit einem Kunden vertieft.
    Sammy griff unter dem Wagenboden empor und drückte gegen die Tür. Sie bewegte sich.
    Weder Händler noch Kunde schienen es zu merken.
    Sammy drückte die Tür noch etwas weiter auf. Wartete wieder.
    Die Verhandlungen über den angemessenen Preis für die je nach Standpunkt prächtige, fangfrische oder mickrige, stinkende Ware waren noch nicht abgeschlossen.
    Samanða schob den Kopf unter dem Karren hervor, linste durch den Türspalt. Sie war nicht dick, sie war nicht groß, aber noch passte sie nicht hindurch. Noch ein Stück schob sie die Tür auf.
    Die Gürteltasche wackelte verführerisch am Hinterteil des Händlers. Samanða nahm das scharfe Messerchen aus der Manteltasche, zog den Mantel aus und schob ihn zwischen die Speichen eines Karrenrads. Er würde sie bei dem, was sie jetzt vorhatte, nur behindern.
    „Vermutlich verliere ich heute nicht nur eine Rübe, sondern auch noch meinen schönen Mantel“, dachte sie.
    In einer fließenden Bewegung glitt sie unter dem Wagen hervor, schob sich auf der Seite liegend durch den Türspalt …
    ... zögerte noch einen Augenblick.
    Dann war die Gelegenheit da!
    Wild gestikulierend beugte sich der Fischhändler über seine Auslage und ließ einen Schwall Verwünschungen auf seinen unwilligen Kunden regnen.
    Sammy schnellte vor, streckte die Hand mit dem Messer aus und durchschnitt die beiden Schlaufen, die die Beute am Gürtel des Händlers hielten. Mit der anderen Hand fing sie sie auf. So schnell sie gekommen war, glitt sie wieder zurück unter den Karren, wartete mit pochendem Herzen auf den wütenden Aufschrei des Bestohlenen.
    Es blieb still.
    Samanða wartete nicht länger.
    Sie packte ihren Mantel, stopfte die Gürteltaschen hinein, kroch unter dem Karren hervor, schlich einige Schritte durch den schmalen Gang, schob sich dann zwischen zwei Ständen hindurch, ohne auf die verwunderten Händler zu achten, und schloss sich der noch immer hin und her wogenden Menge an.
    Noch immer schien der Fischhändler nicht bemerkt zu haben, dass er etwas leichter geworden war. Noch immer schlug Samanða das Herz bis zum Hals. Aber langsam wich die Aufregung einem Hochgefühl.
    „Ich habe es geschafft!“, dachte sie. „Die anderen werden Augen machen.“
    Samanða zwang sich, nicht zu rennen. Langsam, viel zu langsam ließ sie sich von der Menge zum Ausgang treiben.
    Kalt schlug ihr die frische Luft ins Gesicht, als sie ins Freie trat.
    „Ja! Ich habe es geschafft!“, jubelte sie innerlich.
    Sollte sie auf die anderen warten oder gleich zurück ins Versteck? Sie hatte sich noch nicht entschieden, da drang eine Stimme an ihr Ohr, schrill, hämisch und unangenehm vertraut: „Das ist sie!“
    Sofort packte man sie an den Oberarmen. Zwei Polizisten waren hinter sie getreten. Wie hatte

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