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Eis und Wasser, Wasser und Eis

Titel: Eis und Wasser, Wasser und Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Majgull Axelsson
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gesagt? Und so weiter.
    Das Problem war, dass sie es Inez und Birger nicht würde erklären können. Das war unmöglich, es gab nicht genügend Wörter in der schwedischen Sprache, damit sie es verstehen könnten. Wie sollte sie ihnen erzählen, dass Björn nur verächtlich geschnaubt hatte, als sie versuchte, sich im Bus neben ihn zu setzen, um ihm zu berichten, was passiert war, dass er gezischt hatte, er brauche seine Ruhe vor dem Auftritt, worauf sie zurückgewichen und verstummt war? Und wie hätte sie den anderen etwas sagen können? Was hatte sie von Bosse und Niclas, Tommy und Robban zu erwarten? Besorgtes Bedauern? Oder eher Hohngelächter und offene Verachtung? Und hätte sie – ohne ohnmächtig zu werden oder auf der Stelle tot umzufallen – Peo erzählen können, dass Eva ihr vorgeschlagen hatte, sie könne doch in seinem Zimmer schlafen? Wäre das nicht eine direkte Einladung, und wäre es nicht gleichbedeutend mit der Todesstrafe, sich so anzubieten, wenn man die Tochter von Inez und Birger war? Noch dazu so einem wie Peo, einem Jungen, der zwar sehr nett war und der sich neben sie setzte, sobald er aus dem Hotel in den Bus kam, der aber im nächsten Augenblick eine Dose Bier herausgeholt und geöffnet hatte. Ohne Weiteres. Er hatte einfach den Bierdosenöffner in das blanke Metall gedrückt, zwei dreieckige kleine Löcher gemacht und ihr dann lächelnd die Dose hingehalten. Es hatte etwas gedauert, bis sie begriff, dass er ihr davon anbot; erst hatte sie nur mit offenem Mund dagesessen, dann hatte sie den Kopf geschüttelt und das Gesicht verzogen. Peo zuckte mit den Schultern, setzte die Dose an den Mund und trank in großen, geräuschvollen Schlucken. Da wurde ihr klar, dass alle tranken. Es war erst sechs Uhr, der Nachmittag war kaum zu Ende, der Abend hatte kaum angefangen, aber alle saßen schon da und tranken. Bosse und Niclas. Tommy und Robban. Und Eva, denn genau in dem Moment streckte sie einen weißen Pappbecher vor und ließ sich von Robban etwas Bernsteinfarbenes aus einer kleinen Flasche einfüllen. Einer Flasche, die er anschließend sorgfältig wieder zuschraubte und in seiner Innentasche verbarg.
    Sie tranken Schnaps. Sie soffen. Genau wie Ingalills Vater.
    Susanne hatte sich umgedreht und versucht, Blickkontakt zu Björn aufzunehmen, was aber natürlich unmöglich war. Er saß mit geschlossenen Augen da und verweigerte jeden Kontakt. Außerdem hielt er genauso eine Bierdose in der Hand wie die, aus der Peo gerade eben getrunken hatte. Das hätte jemand mal versuchen sollen, Inez und Birger zu erklären. Jemand, der sich traute.
    Und derselbe Jemand, wer auch immer, aber garantiert nicht Susanne, konnte ja das mit den Mädchen auch gleich zu erklären versuchen, diesen Mädchen, die vor dem Eingang zum Vergnügungspark standen, als der Bus ankam. Sie hatten nicht geschrien, standen nur da und glotzten, während der Veranstaltungsleiter das Tor öffnete. Robban hatte ein Lüftungsfenster geöffnet und etwas herausgerufen, hatte Handküsse geworfen und sich so aufgeführt, dass Tommy und Eva hinter ihm vor Lachen fast zusammenbrachen, und in dem Moment war Susanne klar geworden, dass sie weggehen musste, dass sie nicht hierbleiben konnte. Denn diese Mädchen waren ja wie sie. Sie waren sie. Das gleiche Alter. Die gleichen Frisuren. Die gleiche Kleidung. Also war sie es, die Robban verhöhnte und über die Tommy und Eva lachten. Sie hatte gespürt, wie ihr die Röte in die Wangen stieg, während der Bus wieder startete und aufs Gelände fuhr, wie peinlich es ihr war, sie zu sein, und wie die Scham ihr die Tränen in die Augen treten ließ. Sie hatte sich abgewandt, in diesen verwunschenen Wald gestarrt, der aus irgendeinem Grund Park genannt wurde, während die Röte und die Tränen langsam zurückwichen. Als der Bus hinter der Freilichtbühne anhielt, war es vorbei. Sie konnte aufstehen und aussteigen wie alle anderen, obwohl es doch ganz klar war, dass alles anders geworden war. Aber sie war nicht mitgegangen, um den Raum backstage anzusehen, sie hatte sich nur umgedreht, war hinausgegangen und hatte sich hier auf die Kiesfläche gestellt. Wo sie immer noch stand. Musste eine Entscheidung fällen.
    Sie umfasste ihr Portemonnaie in der Tasche, dieses alberne Portemonnaie aus kirschfarbenem Kunstleder, das sie gekauft hatte, um Eva zu imponieren, und dachte über den Inhalt nach. Ein Fünfziger, den sie von Inez bekommen hatte, als Birger nicht zu Hause war. Geld, das abgerechnet werden

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