Eis und Wasser, Wasser und Eis
sehen wollte, von der Brücke aus oder vom Platz der Vogelbeobachter, durch ein Bullauge in der Küche oder ein Fenster irgendeines Containers, dass sie sich umarmen. Dass sie sich mögen. Dass sie zusammengehören.
Anders pfeift immer noch, als er sich an den Computer setzt. Zeit, Jonas diese Mail zu schicken. Dem Mann, der ihm die Freiheit geben soll.
Er ist erstaunt, wie schnell es geht, eine Antwort zu bekommen. Keine zwei Stunden. Nach seinem Vormittagsschlummer wacht er auf und lächelt die Decke an, erinnert sich vage an einen munteren, lustigen Traum, setzt sich dann auf und blinzelt ein paarmal. Geht hinüber zum Schreibtisch und kontrolliert seine Mailbox. Und da ist sie. Die Antwort.
»Mein Lieber! Danke für deine Mail. Sie kam genau zur rechten Zeit. Denn kurz zuvor habe ich einen Telefonanruf von deiner zukünftigen Ex bekommen und ihr zu erklären versucht, dass ich nichts von dir gehört habe und folglich nichts von der Sache weiß. Sie war sehr zufrieden, als ich sie wieder angerufen habe und ihr mitteilte, dass du dich gemeldet hast, aber etwas weniger zufrieden, als ich ihr erklärte, dass es keine Scheidung geben könne, bevor du wieder zu Hause bist. Schließlich musst du die Papiere selbst unterschreiben. Sie klang ein wenig bestürzt, als ich ihr mitgeteilt habe, dass du das Haus verkaufen willst. Ich hatte den Eindruck, ihr wäre es lieber, wenn du drin sitzen bleibst und auf ihre eventuelle Rückkehr wartest.
Ich werde alle Formalitäten regeln, bis du zurück bist. Ich freue mich schon, dich wiederzusehen. Jonas«
Anders schmunzelt und reckt sich, aber mitten in der Bewegung meldet sich der Computer. Noch eine Mail. Von Bengt Bengtssons Computer.
»Anders! Habe gerade mit diesem Anwalt gesprochen, den du hinzugezogen hast. Er behauptet, du hättest ihn gebeten, einen Makler zu kontaktieren, um das Haus zu verkaufen. Entschuldige mal, das ist nun wirklich nichts, was du so ohne Weiteres tun kannst. Schließlich gehört es zur Hälfte mir. Außerdem haben wir in diesem Haus mehr als dreißig Jahre lang gewohnt. Es ist voll mit Erinnerungen, zwar nicht immer besonders glücklichen, aber trotz allem Erinnerungen. So ein Haus kann man doch nicht einfach abstoßen. Ich werde dem Verkauf also keinesfalls zustimmen. Nur damit du das weißt. Bleib du nur hübsch darin wohnen. Und das ist nur mehr als recht und billig bei dem Gedanken, dass du meine Hochzeit in Paris hast platzen lassen, indem du dich auf diese vollkommen verantwortungslose Art und Weise einfach davongemacht hast. Eva.«
Dieses Mal legt er den Kopf nicht schräg. Er denkt nicht einmal nach. Legt nur die Finger auf die Tastatur und antwortet:
»Dann zahl mich aus. Und du kannst das Haus behalten. Sonst bleibt es beim Verkauf. Anders.«
Er schaltet den Computer aus und dehnt sich noch einmal. Vor dem Fenster strahlender Sonnenschein. Keine Wolke am Himmel.
Die Oden stampft weiter durch den vollkommenen Tag. Legt sich auf die glatte weiße Oberfläche und zerbricht sie, entblößt kurz das türkisfarbene Innere, ehe sie das Eis unter den Bug drückt, befreit einen oder zwei Polardorsche in einer kleinen Pfütze aus Schmelzwasser vom Hunger und bietet ihnen den Überfluss des Meeres an Nahrung und Möglichkeiten, an Genüssen und Gefahren. Ein paar Küstenseeschwalben schweben um das Schiff herum, und Göran im Container ruft so laut, dass Lars, der Vogelkundler, draußen an Deck das Gesicht verzieht und verärgert seinen Kopfhörer ein wenig lüftet. Danke, er hat sie gesehen. Aber es sind doch nur Küstenseeschwalben, kein Grund also, sich so aufzuregen.
»Aber es gibt noch etwas. Ein paar Love-birds beispielsweise. Die ich kürzlich gesehen habe. Over.«
»Love-birds? Hier? Over.«
»Äh … Was ist mit dir los? Der Doktor und Ulrika. Die standen auf dem Vorderdeck und haben sich umarmt. Over.«
»Ach so. Ist mir doch scheißegal. Over.«
»Na, dann nicht. Over.«
Oben auf der Brücke lächelt der sonst immer so saure Sture, als er dem nicht weniger mürrischen Leif Eriksson ein Satellitenfoto gibt, und nach kurzem Zögern beschließt Leif Eriksson zurückzulächeln, wenn auch nur ganz kurz. Das ist ein außergewöhnlicher Augenblick, und anschließend wird es ganz still um sie herum, zwei Besatzungsmitglieder und drei Forscher starren sie ein paar Sekunden lang überrascht an, bis Leif Eriksson seine Zähne entblößt und etwas vernehmen lässt, das in erster Linie wohl einem Knurren ähnelt. Die Besatzungsmitglieder
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