Eisberg
Admiral.«
Pitt runzelte verwundert die Stirn.
»Ein gewisser Dr. Jonsson rief aus einem kleinen Dorf im Norden an und gab dem Konsulat sehr genaue Anweisungen hinsichtlich Ihrer Pflege.«
»Pflege, Scheiße!« bellte Pitt. »Das erinnert mich an etwas. Was, in drei Teufels Namen, machen Sie in meinem Schlafzimmer?«
Sie sah verletzt aus. »Ich habe mich freiwillig gemeldet.«
»Freiwillig?«
»Um bei Ihnen zu sitzen, während Sie schliefen«, erklärte sie. »Dr. Jonsson bestand darauf. Jede Minute saß in diesem Raum jemand von unserem Konsulat, seit Sie gestern abend Ihre Augen geschlossen haben.«
»Wie spät ist es denn?«
»Ein paar Minuten nach zehn – abends, um es korrekt zu sagen.«
»Du lieber Gott! Dann habe ich fast vierzehn Stunden verpennt. Was ist mit meinen Sachen?«
»Die sind wahrscheinlich auf dem Müll gelandet. Sie wären nicht einmal mehr als Putzlumpen zu gebrauchen gewesen. Sie werden sich einen Anzug von einem Konsulatsangehörigen leihen müssen.«
»Wie wäre es, wenn Sie irgendeine Jacke und Hose für mich auftreiben würden, während ich mich schnell dusche und rasiere?« Er warf ihr seinen Beißen-ist-besser-als-Bellen-Blick zu und setzte hinzu: »Okay, Schätzchen, drehen Sie sich bitte zur Wand.«
Sie schaute weiter in Richtung Bett. »Ich wollte schon immer wissen, wie es aussieht, wenn Sie morgens aufstehen.«
Er zuckte die Achseln und schlug die Decke zurück. Er hatte sich schon halb auf seine Füße gestellt, als sich plötzlich drei Dinge gleichzeitig ereigneten. Seine Augen sahen auf einmal drei Tidis, das Zimmer schwankte, als wäre es aus Gummi, und sein Kopf begann wie wahnsinnig zu schmerzen.
Tidi stürzte sofort auf ihn zu und packte seinen rechten Arm. Auf ihrem Gesicht zeigte sich abermals das Florence-Nightingalesche Mitleid. »Bitte, Dirk! Ihr Kopf ist noch nicht wieder so weit wie Ihre Beine.«
»Nichts, es ist nichts. Ich bin nur zu schnell aufgestanden.« Er schaffte es, sich zu erheben, und taumelte ihr in die Arme. »Sie gäben eine miserable Krankenschwester ab. Sie fühlen zu sehr mit Ihren Patienten.«
Er stützte sich einige Augenblicke auf sie, bis die drei Personen wieder zu einer verschmolzen waren und das Schlafzimmer seine solide Grundstellung zurückgewonnen hatte. Nur seine Kopfschmerzen wollten nicht nachlassen.
»Sie sind der einzige Patient, mit dem ich liebend gern mitfühle, Dirk.« Sie umschlang ihn fest und machte nicht den kleinsten Versuch, ihren Griff zu lockern. »Aber ich scheine Luft für Sie zu sein. Sie könnten neben mir in einem leeren Aufzug stehen, und Sie würden mich nicht einmal bemerken. Manchmal habe ich Zweifel, ob Sie überhaupt wissen, daß es mich gibt.«
»Oh, ich weiß sehr gut, daß es Sie gibt.« Er riß sich zusammen und ging langsam auf das Badezimmer zu. Er vermied es, sie anzusehen, als er fortfuhr: »Sie haben folgende Körpermaße: Sie sind 1 Meter 70 groß und 135 Pfund schwer. Ihr Hüftumfang beträgt 80 Zentimeter, die Taille erstaunliche 50 Zentimeter, und der Brustumfang mag bei 90 Zentimeter liegen. Sie tragen Büstenhalter. Alles in allem haben Sie eine Figur, die auf das Titelblatt des
Playboy
gehört. Dann gibt es auch noch das hellbraune Haar, das ein nettes, fröhliches Gesicht einrahmt, funkelnde, braune Augen, eine freche kleine Nase, einen makellos geformten Mund und zwei Grübchen, die sich allerdings nur zeigen, wenn Sie lächeln. O ja, fast hätte ich es vergessen: Sie haben außerdem zwei Muttermale hinter dem linken Ohr, und in diesem Moment schlägt Ihr Herz schätzungsweise 105.013 mal in der Minute.«
Sie stand da wie ein verdutzter Gewinner eines Fernsehquiz, dem es für einen Augenblick die Sprache verschlagen hat. Sie hob die Hand und berührte die beiden Muttermale. »Das ist ja ein tolles Ding! Habe ich richtig gehört? Sie mögen mich? Sie haben mich wirklich schon einmal richtig angeschaut?«
»Beruhigen Sie sich.« Pitt blieb unter der Tür zum Badezimmer stehen und blickte ihr ins Gesicht. »Sie gefallen mir, wie jedes hübsche Mädchen einem Mann gefällt, aber ich bin nicht verliebt in Sie.«
»Sie … Sie haben mir nie einen Wink gegeben. Sie wollten mich nie irgendwohin einladen.«
»Tut mir leid, Tidi. Sie sind die Sekretärin des Admirals. Ich habe es mir zum eisernen Gesetz gemacht, nie im eigenen Haus meine Spiele zu treiben.« Pitt lehnte sich gegen den Türrahmen, um einen Halt zu finden. »Ich achte diesen alten Kerl; er ist viel mehr für mich als
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