Eisberg
Rollkragenpullover, seine gestreifte Cordjacke und seine karierten Hosen.
»Ich wurde es allmählich leid, Anzüge aus zweiter Hand zu tragen«, meinte er lächelnd.
Sandecker wandte sich dem Kellner zu. »Noch zweimal dasselbe«, sagte er. »Was möchten Sie trinken, Dirk?«
»Was trinken Sie und Tidi?«
»Echten Genever. Vielleicht schmeckt er Ihnen. Die Einheimischen jedenfalls scheinen ihn sehr zu mögen.«
Pitt verzog den Mund. »Nein, danke. Ich halte mich an mein altes Spezialgetränk, Cutty rocks.«
Der Kellner nickte und verschwand.
»Wo ist das bezaubernde Wesen, von dem ich soviel gehört habe?« fragte Pitt.
»Miss Fyrie muß jeden Augenblick hier sein«, erwiderte Sandecker.
»Kurz bevor wir angegriffen wurden, erzählte Hunnewell mir noch, sie habe als Missionarin in Neu-Guinea gearbeitet.«
»Sonst weiß man kaum etwas über sie. Die wenigsten Leute hatten überhaupt eine Ahnung, daß es sie gab, bis Fyrie sie zu seiner Alleinerbin einsetzte. Eines Tages tauchte sie dann bei Fyrie Limited auf und nahm die Zügel so fest in die Hand, als hätte sie selbst die Firma aufgebaut. Geben Sie sich keinen falschen Hoffnungen hin. Sie ist gerissen – genauso gerissen wie ihr Bruder es war.«
»Warum halten wir uns dann mit der Einleitung auf? Sie sagen: Hände weg; aber ich habe das Gefühl, ich sollte den scheuen Liebhaber spielen und soll mit ihr in engere, wenn auch nicht zu enge Beziehungen treten. Da haben Sie sich den falschen Mann ausgesucht, Admiral. Ich bin der erste, der zugibt, daß ich mit meinem Aussehen nicht in die Kategorie der Rock Hudson oder Paul Newman gehöre. Aber ich habe eine scheußliche Angewohnheit, wenn ich hinter Weiberröcken her bin: ich bin wählerisch. Ich bin absolut nicht geneigt, jedes Mädchen, das mir über den Weg läuft, zu verführen, vor allem dann nicht, wenn es sich um eine so seltsame Mischung von einem Mädchen handelt, das ihrem Bruder wie aus dem Gesicht geschnitten ist, das ihr halbes Leben als Missionarin gearbeitet hat, das nun ein riesiges Unternehmen leitet. Tut mir leid, Admiral; aber ich habe den Eindruck, als wäre Miss Fyrie kaum mein Typ.«
»Ich finde es abscheulich«, mischte sich Tidi mißbilligend ein und runzelte die Stirn über ihren großen braunen Augen. »Unter der National Underwater and Marine Agency stellt man sich eigentlich eine Organisation vor, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Weltmeere wissenschaftlich zu erforschen. Ihre Unterhaltung scheint mir aber von Wissenschaft weit entfernt zu sein.«
Sandecker warf ihr einen tadelnden Blick zu. Darin war er Meister. Er sagte: »Sekretärinnen soll man sehen, aber sie sollten nicht zu hören sein.«
Der Kellner rettete Tidi vor weiteren Rügen. Er stellte die Drinks mit formvollendetem Schwung auf den Tisch und verschwand wieder.
Sandecker sah ihm hinterher, bis er einige Tische weiter war. Dann wandte er sich abermals an Pitt. »Etwa vierzig Prozent aller Vorhaben der NUMA gelten dem Unterwasserbergbau. Die Russen sind uns mit Forschungsprogrammen, die die Meeresoberfläche betreffen, weit voraus. Was sie ihrer Fischfangflotte an wissenschaftlichen Unterlagen zur Verfügung stellen, übertrifft alle unsere Errungenschaften auf diesem Gebiet. Aber sie haben zu wenig Tieftauchboote, und Tieftauchboote sind für den submarinen Bergbau von größter Bedeutung.
Hier liegt
unsere
Stärke, und wir wollen diesen Vorsprung noch weiter ausbauen. Unser Land besitzt die Rohstoffe, und die Fyrie Ltd. besitzt das technische Know-how. Mit Kristjan Fyrie haben wir gut und eng zusammengearbeitet. Jetzt existiert er nur noch in unserer Erinnerung.
Ich möchte nicht mit ansehen, wie alle unsere Anstrengungen zunichte gemacht werden, jetzt, da wir gerade im Begriff sind, einen Schatz zu heben. Ich habe mit Miss Fyrie gesprochen. Sie gibt sich plötzlich sehr unverbindlich und erklärt, sie hätte sich entschlossen, die Verträge mit unserem Land noch einmal zu revidieren.«
»Sie haben gesagt, sie sei gerissen«, meinte Pitt. »Vielleicht wartet sie auf ein besseres Angebot. Es steht nirgends geschrieben, daß sie ebenso edelmütig wie ihr Bruder ist.«
»Verdammt«, knurrte Sandecker gereizt. »Alles ist möglich. Vielleicht haßt sie uns Amerikaner.«
»Da wäre sie nicht die einzige.«
»Wenn das zutrifft, muß es einen Grund dafür geben, und den müssen wir herausfinden.«
»Von links betritt Dirk Pitt die Szene …«
»Richtig. Aber leisten Sie ganze Arbeit. Ich stelle Sie auf
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