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Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition)

Titel: Eisblumen - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners zweiter Fall) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Schroll
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und der Brust völlig durchnässt. Leon zog die Leiter ans Ufer und alle drei suchten im rutschigen Reif stabile Stehplätze, um kräftig ziehen zu können. Und sie spürten auch das Gewicht am anderen Ende ihrer Seilkonstruktion, doch stoppte die Eiskante jeden Versuch, irgendetwas aus dem Wasser zu bekommen. Also kam wieder die Leiter zum Einsatz und Walter hackte das Eis auf, während Leon und Judith ihn langsam zurückzogen. »Ein Eisbrecher hätte das nicht besser gekonnt«, munterte Leon den schlotternden Walter auf, »hoffen wir, dass es nun klappt.«
Und es gelang. Unter mächtigem Ächzen und mit vereinten Kräften zogen sie und spürten, dass sich ihre Last auf dem Grund des Teiches näherte. Zu sehen war noch nichts. Judith rutschte aus und landete auf dem Allerwertesten. In diesem Moment wurde der Fahrradlenker sichtbar; das Rad lag seitwärts geneigt im flachen Wasser.
Und als sie weiter zogen, war da tatsächlich ein Arm zu sehen, ein Arm mit einem halb nackten, toten Mann daran.
Und nicht nur Walter wurde kalt bis ans Herz.
     
     
    ~ 8 ~
     
    Dany war es nur ganz knapp gelungen, sich rechtzeitig zu ducken. So hatte sie der fremde Mann nicht sehen können. Sie war, angetrieben vom Schreck, so schnell sie konnte, zur Straße gelaufen. Als sie gerade überlegte, was sie am besten der Mama erzählte, war der Mann aus dem Park gekommen. Irgendetwas an ihm machte ihr furchtbare Angst. Vielleicht hatte er alles gesehen und würde nun mit ihr schimpfen? Sie anbrüllen oder gar hauen? Oder er würde sie festhalten und sie könnte nicht nach Hause laufen? Nein, lieber suchte sie sich ein Versteck.
Dany hatte beobachtet, wie der große Mann zum Eisloch ging und hineinfasste.
Sie war heilfroh, dass jemand Fritzi aus dem Wasser zog.
Aber dann hatte der Mann sich ganz langsam umgesehen, so, als suche er jemanden, und war schnell mit Fritzi weggegangen. Der Mann hatte Fritzi nicht so gehalten, wie andere Erwachsene ihren Bruder auf dem Arm hielten. Er hatte ihn getragen, wie der Jäger im Märchenbuch das tote Reh trägt!
Und seitdem hatte Dany noch viel mehr Angst. Sie wagte nicht mehr, sich zu bewegen oder aus ihrer Kuhle hochzuschauen. Ihr wurde immer kälter, obwohl sie sich zusammenrollte. Und mit der Zeit wurde sie schrecklich müde. Als das kleine Mädchen nach einer Ewigkeit Stimmen hörte, hatte sie noch rufen wollen, doch dann schlief sie unvermittelt ein.
     
     
    ~ 9 ~
     
    Walter war rasch nach Hause gerannt, um sich umzuziehen. Er war durch die Aktion am Teich völlig steif gefroren. Bis die Spurensicherung aus Gardelegen da war, konnten sie ohnehin nicht viel machen. Judith und Leon würden am Fundort aufpassen. Ihm war es recht, bei der Gelegenheit nach seinen Helfern sehen zu können. Er hatte schon arge Gewissensbisse, vor allem Laura gegenüber, die er mit einem Trunkenbold, einem griesgrämigen Schlachter und drei klönenden Weibern allein gelassen hatte, von der vielen Arbeit ganz zu schweigen. Zudem war er wütend. Er hatte sich auf das Schlachtfest wirklich gefreut! Er mochte diesen Tag, das, was das Schlachten begleitete, und das, was ihm folgte. Nun war er ausgeschlossen. Verdammt! Wer bringt in Waldau schon wieder Leute um?
Er grüßte kurz die von seinem durchnässten Anblick verblüffte Runde in seiner Küche, ging in sein Schlafzimmer, riss sich die Sachen vom Leib und stieg unter die Dusche.
Als er sich, aufgewärmt und trocken eingekleidet, am Küchenherd gerade einen heißen Tee nach Leonscher Art zubereitete, kam Laura mit einer riesigen Schüssel voll gekochter heißer Fleischstücke, die die Frauen für die Blutwurst in Würfel schneiden mussten, aus der Waschküche. »Walter?«
»Ja, ich bin’s«, versuchte er zu scherzen. Ungewöhnlich wortkarg informierte er: »Ich muss gleich wieder weg, war mich bloß umziehen.« Auf Lauras unausgesprochene Frage konnte er vor den drei interessierten Zuhörerinnen nur unbestimmt antworten: »Bin nass geworden.«
Laura nahm eine Schüssel fertiger Fleischbröckchen vom Tisch und wandte sich wieder zum Gehen. »Hilfst du mir mal mit der Tür?«
Walter flüsterte: »Laura, es tut mir leid.«
»Lass schon. Was ist denn nun passiert?«, nutzte sie die Gelegenheit.
»Es stimmt. Wir haben eine Leiche. Außerdem wollte jemand Fritzi umbringen.«
»Den Kleinen? Was ist ...?«
»Es geht ihm gut, Leon hat ihn gerettet. Den Toten aber kenne ich nicht.«
»Ein Glück«, sage Laura etwas unpassend.
Walter wusste, was sie meinte.

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