Eischrysanthemen
dagegen entschied, es Marianne zu sagen. „Schon okay, das war eine blöde Idee, die ohnehin nicht funktioniert hätte“, schwindelte er und wusste, dass ihn Marianne durchaus durchschaute. Doch sie betrachtete ihn nur abschätzend.
„Erzählst du mir dann zumindest etwas über Kira?“, fragte sie unvermittelt, gerade als Vincent einen Schluck von seinem Tee nahm. Prompt verschluckte er sich und verschüttete auch noch etwa auf den Boden.
„Wie ich sehe, habe ich einen Volltreffer gelandet.“ Sie grinste und zwinkerte, während Vincent hustete und langsam wieder zu Atem kam.
„Woher willst du wissen, dass es gerade er war, der bei mir gewesen ist?“, fragte er misstrauisch.
„Glaubst du etwa, dass Andrews der Einzige ist, der deine Haustür beobachten kann? Ich wollte wissen, mit wem du so abgegangen bist“ erwiderte sie ganz heiter, während Vincent nun wirklich peinlich berührt war.
„Komm schon, erzähl mir etwas von ihm. Ich verlange ja nicht, dass du mich ihm vorstellst, aber befriedige zumindest meine Neugierde. Ist es etwas Ernstes?“ Marianne setzte genau an der schmerzhaften Stelle an, und Vincent ließ den Kopf nach hinten sinken, um die Augen zu schließen.
„Er wird bald wieder zurück nach Japan gehen, was soll es dann anderes sein als eine Affäre?“ So ungern es Vincent zugab. In wenigen Tagen wäre Kira weg, und Vincent würde alleine zurückbleiben, und das wäre zwangsläufig das Ende. Er öffnete seine Lider einen Spaltbreit, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Marianne mit den Augen rollte.
„Du redest so, als wären wir im neunzehnten Jahrhundert. Dir ist schon klar, dass es so etwas wie E-Mail heutzutage gibt, Telefon und auch Flugzeuge?“, stichelte sie und sah gar nicht danach aus, als wollte sie locker lassen. „Ich kenne dich gut genug – du fängst doch nichts mit einem Kerl an, wenn du nicht überzeugt wärst, dass du wirklich auf ihn stehst!“ Marianne stand auf, ging zu Vincent und beugte sich über seinen Sessel. Ihre warmen Hände legten sich auf Vincents Wangen, sodass er sie anblicken musste. „Sag mir, dass es dir egal ist, wenn er wegfährt, und ich werde kein Wort mehr darüber verlieren“, forderte sie entschlossen von ihm.
Leider konnte Vincent genau das nicht aussprechen, und so ließ Marianne von ihm ab, setzte sich auf die Armlehne und stützte ihren Arm auf der Rückenlehne ab.
„Du stehst auf ihn“, stellte sie leise und endgültig fest. „Aber du hast keine Ahnung, wie es weitergehen soll, und das macht dir Angst. Liege ich richtig?“
„Es ist viel komplizierter, als du glaubst, und ich kann es dir nicht sagen“, antwortete Vincent verzweifelt und flüchtete vom Sessel zum Schreibtisch, weil er das Gefühl hatte, dass Marianne ihn jeden Moment am Kragen packen würde, um die Wahrheit aus ihm zu schütteln, wenn er nicht von selbst damit herausrückte. Zum Glück folgte sie ihm nicht, sondern blieb auf dem Sessel und erhob sich dann seufzend.
„Wenn du nicht mit mir reden willst, dann kann ich dir natürlich nicht helfen“, sagte sie und klang ein wenig gekränkt. „Aber vielleicht solltest du alle Möglichkeiten aufschreiben. Nur um es für dich besser klären zu können, bevor du vielleicht eine Idee verwirfst, die eventuell doch eine Chance verdient.“ Derart ernste Worte hatte Vincent von Marianne noch nie vernommen. Erstaunt sah er ihr nach, als sie seine Wohnung verließ. Obwohl er ihr so wenig gesagt hatte, hatte er dennoch das Gefühl, dass sie ihm geholfen hatte.
Tatsächlich setzte er sich am Nachmittag an seinen Laptop und begann zu tippen. Es ging leichter, als er gedacht hatte, wenngleich er auch einige Pausen einlegen musste, weil seine Gedanken um Kira in eine Richtung abschweiften, die ihn vom Schreiben abhielt. Er war so darin versunken, dass er gar nicht bemerkte, wie die Zeit voranschritt. Es war schon nach Mitternacht, als er sich mit schmerzendem Rücken erhob und beschloss, sich kurz aufs Sofa zu legen, um seinen Muskeln etwas Ruhe zu gönnen. Fakt war, dass er nach dem Zusammentragen aller Informationen über Kira, einen klareren Kopf hatte. Nun war er sicher, dass er Kira nicht einfach so aus seinem Leben entschwinden lassen wollte. Zwar hatte er noch immer keine Idee, wie er das anstellen sollte, wenn Kira erst einmal zurück nach Japan gereist war, aber er war immerhin entschlossen, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Und wer konnte schon sagen, was die Zukunft brachte? Vielleicht ging doch alles gut. Es
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