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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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nicht recht gewesen.
    Ich sagte ihr, daß sie wunderschön sei. Ich sagte ihr, daß ich sie liebe. Da sie fair war und obendrein in der Etikette wohlbewandert, revanchierte sie sich mit entsprechenden Komplimenten. Dann schloß ich die Klappe an der Laterne, damit Colonia Ara Agrippinensium (Ara Ubiorum) nicht mitanzusehen brauchte, wie auf ihrer schmuck beflaggten Uferpromenade ein Plebejer mit dem Habitus eines vergammelten Hafenstrolches sich der Tochter eines Senators gegenüber unerhörte Freiheiten herausnahm.

XL
    Am nächsten Morgen brachen wir auf. Es gelang mir, Xanthus abzuwimmeln, aber Justinus, der eigentlich klüger hätte sein sollen, schmuggelte seinen gräßlichen Hund an Bord.
    Auch diesmal hatte mein kaiserlicher Paß uns Beförderung auf einem Schiff der staatlichen Flotte verschafft. Und ich stellte schnell fest, daß Justinus derlei Expeditionen stilvoll auszurüsten verstand. Er hatte Pferde mitgebracht, drei Lederzelte, Waffen, Proviant und eine Kiste Bares. Einzig die Eskorte, die er angefordert hatte, erwies sich als Enttäuschung, aber da ich es gewohnt war, Missionen wie diese im Alleingang anzugehen, beklagte ich mich nicht. Eine freudige Überraschung erwartete mich dagegen am Hafen: Der Zenturio, der das Beladen unseres Schiffes überwachte, war niemand anderer als Helvetius!
    »Nanu?« grinste ich. »Befehligen Sie etwa meine Eskorte? Ich hätte Sie für gescheiter gehalten, als daß Sie sich auf so ein verrücktes Abenteuer einlassen.«
    Nicht zum ersten Mal spürte ich ein sekundenlanges Zögern, ehe er konterte: »Der Angeschmierte sind diesmal Sie. Ihre Eskorte besteht nämlich aus zwei Zeltschaften meiner X-beinigen Rekruten.« Das war allerdings eine schlechte Nachricht, aber ein paar von den Jungs waren in Hörweite, und so mußten wir die Höflichkeit wahren. »Ich habe versucht, Ihnen die besten rauszusuchen.« Trotzdem hatte mir Helvetius einen Korb Fallobst angeschleppt, auf dem überall der Schimmel keimte.
    »Wir müssen erst mal hundert Seemeilen per Schiff hinter uns bringen«, erklärte ich dem Zenturio. »An Deck ist reichlich Platz, und beim Fechttraining kann ich gern einspringen.« Auf diese Weise würde ich mich gleich selbst in Form bringen. »Bis wir in Vetera sind, dürften wir die Truppe schon anständig auf Vordermann haben.«
    Wieder dieser Schatten der Zurückhaltung auf seinem Gesicht. »Sie brechen also von Vetera aus auf?«
    Ich dachte, er verwechsle mich vielleicht mit einem dieser morbiden Kriegstouristen. »Ja, aber da ist nichts Makaberes dabei. Ich fange einfach dort wieder an, wo Lupercus aufgehört hat.«
    »Klug von Ihnen.«
    Diese lakonische Antwort überzeugte mich endgültig davon, daß ich an irgendeine persönliche Tragödie gerührt hatte.
     
    Wir kamen in die rheinische Tiefebene. Vom rechten Flußufer bis hinüber zur Lupia erstreckte sich hier das Land der Tencterer – ein mächtiger Stamm und, abgesehen von den Galliern, einer der wenigen in Nordeuropa, die sehr gut mit Pferden umgingen. Während des Aufstands hatten sie fest zu Civilis gehalten und alles daran gesetzt, unsere Verbündeten – allen voran Colonia – zu überrennen und zu plündern. Jetzt hatten sie sich wieder auf die andere Seite des Flusses zurückgezogen. Trotzdem hielt sich unser Schiff, solange die Fahrrinne es erlaubte, dicht am linken, dem römischen Ufer.
    Nach den Tencterern kamen die Brukterer. Alles, was ich von ihnen kannte, war ihr schon legendärer Haß auf Rom.
    Manchmal stellten wir dem Hausierer Dubnus, der ja als künftiger Dolmetscher mit an Bord war, Fragen nach dem Ostufer. Doch seine ausweichenden Antworten schürten nur unsere Ängste. Dubnus reagierte überhaupt enttäuschend auf das lockende Abenteuer; er schien sich mehr als Geisel zu betrachten denn als unser Kundschafter und Vermittler. Andauernd beschwerte er sich über irgend etwas. Wir waren ebenfalls verstimmt, hauptsächlich seinetwegen, aber ich gab die Parole aus, ihn nachsichtig und hilfsbereit zu behandeln. Damit wir ihm als Führer trauen konnten, mußte er erst einmal das Gefühl bekommen, unter Freunden zu sein.
    Tagsüber vertrieben wir uns die Zeit mit Exerzieren. Wir gaben das zwar als Sport und Freizeitbeschäftigung aus, weil es am unverfänglichsten klang, aber im Grunde wußte alle, daß wir Körper und Geist für ein Abenteuer stählten, das unser letztes sein könnte.
    Camillus Justinus hatte mir inzwischen gesagt, daß sein Kommandeur ihm erlaubt hatte, die ganze Fahrt

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