Eisenhand
mitzumachen. Ich äußerte mich nicht dazu. Sein Legat war womöglich der Meinung, der Junge hätte zu schwer gearbeitet; vielleicht betrachteten auch beide diese Exkursion als Belohnung für Fleiß und Unternehmungsgeist.
»Ich hatte mich schon gewundert, wie ich an diesen mustergültigen Versorgungszug komme! Den verdanke ich also Ihrer geschätzten Gesellschaft … Vermute ich richtig, daß Sie Helena nichts gesagt haben?«
»Nein. Glauben Sie denn, sie hat was gemerkt?«
»Das weiß ich nicht, aber Sie sollten ihr lieber von Vetera aus schreiben.«
»Ja, das mache ich! Sie würde mir sonst womöglich nie verzeihen.«
»Und was wichtiger ist, Justinus, sie würde mir nicht verzeihen.«
»Wird sie glauben, daß Sie mich ermuntert hätten?«
»Wahrscheinlich. Außerdem wird es ihr nicht recht sein, daß wir uns beide in Gefahr begeben.«
»Ihretwegen schien sie sehr in Sorge«, erwiderte er. »Besonders, was diesen Besuch bei der Waldhexe angeht. Ist diese Angst auf einschlägigen Erfahrungen begründet?«
»Ihre Schwester weiß, daß jede Unterstellung, ich könnte der Seherin Veleda ins Netz gehen, erstunken und erlogen ist!« Mein Zorn schien ihn zu verwirren. Im nächsten Moment lenkte ich seufzend ein. »Na ja, Sie kennen doch die traditionelle Methode, mit einer verhängnisvollen Schönen im feindlichen Lager fertigzuwerden.«
»Diese Lektion in strategischer Kriegsführung muß ich wohl versäumt haben«, antwortete Justinus ziemlich frostig.
»Nun, Sie gehen mit ihr ins Bett und bescheren ihr die schönste Nacht ihres Lebens. Am nächsten Morgen haben Ihr sagenhaftes Gerät und Ihre brillante Technik sie derart weichgemacht, daß sie Ihnen schluchzend alle Geheimnisse verrät.«
»Ihre Nichte hat recht. Sie sind ein Schwindler, Falco.«
»Ist bloß so ein Veteranenmythos.«
»Haben Sie’s je probiert? Ich meine natürlich in Ihrem früheren Leben«, setzte er, aus Respekt vor Helena, rasch hinzu.
»Ha! Die meisten Frauen, die ich kenne, würden beim ersten Versuch loskeifen: ›Pack dich, du Windhund, und dein mickriges Gerät dazu!‹« Bescheidenheit schien mir die klügste Taktik.
»Aber warum ist meine Schwester dann so in Sorge?«
»Der Mythos«, versetzte ich, »ist eben sehr tief verwurzelt. Denken Sie doch nur an Kleopatra, an Sophonisbe …«
»Sophonisbe?«
»Hasdrubals Tochter und Gattin des Königs von Numidien. Eine atemberaubende Schönheit.« Ich seufzte wieder. Diesmal war es der Seufzer eines alten Mannes. »Haben Sie denn all Ihre teure Schulbildung vergebens genossen, mein Freund? Die Punischen Kriege – Scipio – nie gehört?«
»Jedenfalls habe ich nie gehört, daß der stolze Scipio mit afrikanischen Prinzessinnen ins Bett gegangen wäre!«
»Nein, nein! Scipio war ein abgeklärter, weiser General.« Und obendrein wahrscheinlich ein prüder Römer vom alten Schlag.
»Also?«
»Scipio hat dafür gesorgt, daß er ihr nie gegenüberstand. Lieber schickte er seinen afrikanischen Verbündeten und Adjutanten Massinissa.«
»Der Glückspilz!«
»Warten Sie’s ab. Dieser Massinissa also war so hingerissen von der Schönen, daß er sie zur Frau nahm.«
»Ich denke, sie war schon verheiratet?«
»Kleinigkeit. Massinissa war schließlich verliebt.«
Justinus lachte. »Na und? Hat er die Königin für unsere Sache gewonnen?«
»Nein. Scipio sah voraus, daß umgekehrt sie Massinissa auf ihre Seite locken würde; deshalb knöpfte er sich den jungen Bräutigam vor und redete ein paar ernste Worte mit ihm. Massinissa brach in Tränen aus, zog sich in sein Zelt zurück – und sandte endlich der Geliebten einen Becher Gift. Dazu schrieb er ihr, wie gern er seine Pflichten als Gatte erfüllt hätte; aber da seine Freunde und Gönner sich der Verbindung so vehement widersetzten, möge sie zumindest das Mittel empfangen, das es ihr ersparen würde, als Gefangene durch Rom geschleppt zu werden.«
»Ich nehme an, zum Glück für die Geschichtsschreiber hat sie das Gift genommen, und Massinissa konnte sich bei seinem General wieder reinwaschen …«
Das war die Antwort eines Knaben.
Helena hatte mir einmal Sophonisbes, von spitzer Feder diktierte Antwort an den verflossenen Gemahl vorgelesen: Mit Dank empfange ich Ihre Morgengabe, die mir von einem Gatten, der Besseres nicht zu bieten hat, wohl auch willkommen wäre. Indessen wäre ich getrösteter in den Tod gegangen, hätte mein Brautbett nicht so nahe an meinem Grab gestanden …
Zu fein gedrechselt, dachte ich, für
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