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Eisenhand

Eisenhand

Titel: Eisenhand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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gelegen, um unsere Rückkehr abzupassen, im letzten Moment aber den Mut verloren. Es waren meine Nichte und ihre neue Freundin. Ich rief ärgerlich hinter ihnen her, was sie aber nicht beeindruckte.
    Justinus war wiedergekommen. Er hoffte immer noch, zu erfahren, was Titus geschrieben hatte. Aber Helena vermied das Thema eisern. Dann eröffnete er uns, daß er sich freiwillig zu meiner Eskorte gemeldet habe und mich bis Vetera begleiten werde. Ich hatte meine Zweifel, ob sein General ihn wirklich für das ganze Abenteuer freigeben würde, aber vor Helena wollte ich lieber nicht darüber sprechen. Sie nahm mich beiseite und schärfte mir ein, gut auf ihren Bruder aufzupassen, nur um mich gleich darauf ihm ans Herz zu legen.
    Die Kinder hatten sich wieder eingefunden.
    »Hört mal zu, ihr beiden, ich möchte eins klarstellen: Die Frauen meines Hauses haben nach Einbruch der Dunkelheit nichts auf der Straße zu suchen!« Die Gardinenpredigt rief wie üblich jauchzendes Gelächter hervor und zeigte ansonsten nicht die geringste Wirkung.
    Die ubische Witwe, eine stille Frau, die einen sehr tüchtigen Eindruck machte, wollte die beiden zu Bett bringen. Da fing Augustinilla an zu heulen. Arminia war zwar genauso todmüde wie sie, ließ sich aber die Gelegenheit nicht entgehen, ihre Freundin und deren Theater so erstaunt anzustarren, als habe sie noch nie ein so ungezogenes kleines Mädchen gesehen. Ich mußte mich schon sehr beherrschen, als Helena ärgerlich empfahl: »Marcus, hör auf zu schimpfen, das bringt doch nichts. Die Kleine ist einfach erschöpft, weit weg von zu Hause und unter lauter fremden Leuten. Außerdem tut ihr ein Zahn weh, und ihre Puppe ist kaputt.« Das Gesicht meiner Nichte war ganz heiß und unschön geschwollen; und tatsächlich fehlte der Puppe, die sie immer mit sich herumschleppte, ein Arm.
    Um die Geschichte mit dem Zahnweh hätte ich mich liebend gern herumgedrückt, denn eher würde ich mir selbst einen Zahn ziehen als einem Kind. Glücklicherweise war Augustinilla aber gar nicht bereit, den Mund aufzumachen und den kranken Zahn zu zeigen. »Na, da kann sie mich wenigstens nicht beißen! Auch gut. Und der Puppe richten wir am besten gleich ein Begräbnis und verbrennen sie schön!«
    »Halt die Klappe, Marcus! Hab keine Angst, Augustinilla, Onkel Marcus macht sie wieder heil. Aber du mußt ihm schon die Teile geben, sonst kann er deine Puppe nicht reparieren.«
    »Schafft er ja doch nicht. Mama sagt, er hat zwei linke Daumen …«
    Ich seufzte leise. Schließlich bin ich nicht vollkommen herzlos. Zumindest die Puppe tat mir leid. Aber ich hatte auf den ersten Blick gesehen, daß sie diese eingesetzten Terrakottaärmchen hatte, die wirklich gemein konstruiert sind. »Gut, ich werd’s versuchen – aber nenne mich nicht Mörder, falls sie auseinanderfällt. Und wenn jetzt irgendwer sagt: ›Hast du aber ein großes Herz, Marcus‹, dann verlasse ich auf der Stelle das Haus.«
    Helena konterte schonungslos. »Ich dachte, das tust du so oder so!«
    »Nein, Herzblatt. Meine Reisegenehmigung ist noch nicht unterschrieben.«
    Anderthalb Stunden brauchte ich, um die Puppe zu reparieren. Ohne Übertreibung.
    Justinus hatte inzwischen jede Hoffnung auf eine zivilisierte Unterhaltung, geschweige denn ein Abendbrot, aufgegeben. Er verkniff sich seinen geharnischten Kommentar und verschwand frühzeitig. Die Kinder saßen in Decken gehüllt im Zimmer und schauten mir zu. Helena und die Ubierin aßen eine Kleinigkeit, unterhielten sich aber nicht dabei, als hätten sie Angst, ich wäre der Typ Handwerker, der jederzeit völlig unberechenbar explodieren kann. Sie aßen Wurst. Ich mußte dankend ablehnen, um mir die Hände nicht fettig zu machen.
    Wie nicht anders zu erwarten, rastete die Armkugel irgendwann wie von allein in die Gelenkpfanne ein. Die Frauen schenkten sich vielsagende Blicke; sie hatten die viele Flucherei und das Herumgestümpere von vornherein für Zeitverschwendung gehalten. Augustinilla sah mich feindselig an, riß die Puppe an ihre heiße Wange und ging ohne ein Wort des Dankes ins Bett.
    Ich war nervös. »Laß uns ausgehen«, raunte ich Helena zu.
    »Ich dachte, dein Weibervolk kommt nach der Abendglocke hinter Schloß und Riegel?«
    »Ich muß einfach mal weg von all den Menschen hier.«
    »Und warum soll ich dann mit?«
    Ich strich ihr flüchtig über den Nacken. »Dich brauche ich eben.« Ich nahm eine Lampe vom Haken und tappte aus dem Haus. Helena suchte noch unsere Überkleider,

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