EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
worden. Es war eigenartig, denn eben gerade hatte er sich noch in Boston in einer Lagerhalle befunden. Sein gesamtes Leben war dort auf den Kopf gestellt worden. Er wusste nicht, wie er das, was er erfahren hatte, je wieder in Einklang mit sich selber bekommen konnte. Etwas war ihm genommen worden. Die Frage für ihn war daher auch die gewesen, ob er es jemals wieder zurückbekommen würde. Wenn, dann musste es ein einschneidendes Erlebnis sein. Ein Supergau womöglich, um je dort wieder anzufangen, wo er sich auf dem Weg hierher verlorenen hatte. Eisenheim fürchtete sich nicht vor dem Tod. Er fürchtete sich davor, ein Mensch ohne Erinnerung zu bleiben. Er hatte sich gleich nach der Schießerei in der Lagerhalle mit Rebecca und Dave in Verbindung gesetzt. Nachdem ihm bewusst geworden war, dass Rebecca und Dave über die Jahre alles gewusst haben mussten, hatte er in Erfahrung bringen wollen, wieso sie ihn nie aufzuklären versucht hatten. Für Rebeccas Verschwiegenheit war es schlichtweg Kathys Wunsch gewesen, die Vergangenheit ruhen zu lassen, bei Dave kam hinzu, dass er nicht an den Erfolg dieser Mission geglaubt hatte. Eisenheim hatte Dave recht gegeben. Er selber hätte kein Wort davon geglaubt, wenn Dave versucht hätte, ihm alles zu erklären. Vielmehr hätte es ihn in eine noch tiefere, hoffnungslosere Krise gestürzt. Jetzt hatte er sich auf diese Mission eingelassen und obwohl die Chancen für einen Erfolg kaum erkennbar waren, hatte er dennoch Hoffnung. Und das war immerhin ein Geschenk, das ihm niemand bislang hatte machen können.
Der Soldat ihm gegenüber sprach über sein Mikro mit den beiden Piloten des Hubschraubers. Der Soldat gab ihnen Handzeichen. Weniger als drei Minuten. Eisenheim nickte. Draußen zeigte sich das launische Wetter Nordfinnlands von seiner übelsten Seite. Regentropfen, groß wie Kuckuckseier, peitschten prasselnd an die Scheiben. Tiefe Wolken verdunkelten die Mittsommernachtssonne Finnlands. Unkalkulierbare Windstöße warfen den Hubschrauber hin und her. Er sah an sich hinab, kontrollierte mit klopfenden Bewegungen seine Ausrüstung. Auch er trug eine dicke grüne Schutzmontur über seinem schwarzen gefütterten Overall. Diese Schutzmontur sollte sie sicher durch das Unwetter auf den Boden bringen. Er hatte seine Beretta bei sich, dazu einen Schalldämpfer, zwei Magazine, fünfzig Schuss Munition, einen Kompass, Kampfmesser sowie drei kleine Blutampullen samt Injektionspistole. Diese drei kleinen Blutampullen waren erst in letzter Sekunde Teil seiner Ausrüstung geworden. Einer von Mannings Männern hatte sie ihm vor dem Flug von der Nimitz anvertraut. Er hatte gewusst, dass Manning in Boston gegenüber Eric Bishop gelogen hatte. Doch Manning verfolgte einen Plan: Manning wollte das Kind! Manning wusste etwas über Hanaa, das er als eigener Vater noch nicht in Erfahrung bringen konnte. Manning war dazu jedes Mittel recht, wie ihm nun auffiel. Zwar hatte er Manning diese Blutampullen zu verdanken, aber auch das Unglück, das über ihn und Kathy gekommen war.
Eisenheim sah hinüber zu Forester. Es war sein Wunsch gewesen, dass Forester ihn begleitete. Er hatte jemanden bis zu diesem Punkt bei sich gebraucht. Jemanden, der ihn kannte und dem er sich anvertraut hatte. Forester wusste einiges über ihn, über den Stab des Schicksals, der über Kathy und ihn gebrochen worden war. In Forester fand sich Eisenheim zu einem größeren Teil wieder, mehr als wenn er sich selber nur im Spiegel betrachtet hätte. Forester war Zeuge davon, dass er – Eisenheim – Realität war, dass das, was er tat, nicht Teil eine Halluzination war, die er nur einem Drogentrip zu verdanken hatte. Jetzt war er auf dem Weg, sich seine Wahrheit zurückzuerobern.
Eisenheim zog seinen Handschuh aus und griff nach der Overalltasche mit den geschützten Blutampullen. Forester wie auch der Soldat ihm gegenüber beobachteten genau, was er tat. Die Blutampullen waren eigentlich nur für Notfälle bestimmt. So wie damals in dem Schlafraum der CIA, als man ihn mit diesem Blut vergiftet und unter Hypnose versucht hatte, ihn zu etwas Geistlosem, etwas Ferngesteuertem werden zu lassen.
Dann, nur dann, hatte Mannings Mitarbeiter ihn gewarnt, dürfe er sich diese Blutampullen
injizieren, wenn er sich durch äußere Umstände in Lebensgefahr befand.
Was glaubten diese Idioten von der CIA eigentlich? Unter Lebensgefahr würde er nur noch wild um sich schießen!
Das Blut sollte ihn puschen, ihn schmerzunempfindlich
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