EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
kurz, dann sagte er: „Natürlich haben wir anfänglich in diese Richtung ermittelt. Doch wie Sie wahrscheinlich selber heute Morgen gesehen haben, hatte sich nur einer der beiden auf diesen zweiten Mann versteift. Und seine Aussage war nicht hundertprozentig. Wir hatten uns also dazu entschlossen, uns nur den Details zu widmen, die bei allen Zeugenaussagen eindeutig waren, und nur diese veröffentlicht, um nicht noch größere Verwirrung zu stiften, als es dieser Fall ohnehin schon bewerkstelligt hatte. Die Aussage des Zeugen Jones war uns zu ungenau. Von sechs Zeugen hatte nur er einen zweiten Mann unweit des Tatortes gesehen. Dieses Detail offiziell auszubreiten, war für uns von vornherein als ein ermittlungstechnischer Fehler zu bewerten gewesen. Wichtig für uns war nur der weiße Hüne. So eine Erscheinung frisst sich ins Gedächtnis. Wenn der andere ein Zeuge gewesen war, so haben wir damit gerechnet, dass er sich von allein bei uns melden würde. Ihn öffentlich in Verbindung mit dem Verbrechen zu bringen, hätte uns um die reelle Chance eines weiteren Zeugen beraubt!“
Forester ließ das Gesagte auf sich einwirken. Genau zu dieser Gedankenverkettung war er selber gekommen, als er Jones gegenüber gesessen hatte. Doch wie sich gezeigt hatte, war vor allem Jones‘ Beobachtungsgabe dennoch für andere Details sehr herausstechend. „Jones hatte die Kleidung des weißen Hünen detailliert beschreiben können. War das für Ihre Ermittlung von Relevanz?“, fragte Forester weiter. Eisenheim dachte kurz nach, kratzte sich am Hinterkopf und raunte vor sich her: „Die Kleidung! Die Kleidung?“ „Nein“, stieß es dann aus ihm heraus. „Die Kleidung war zwar Teil der Personenbeschreibung während der Fahndung gewesen, wurde aber nicht als ein tragendes Indiz von uns behandelt, das gesondert untersucht werden musste. Es gab keinen Anlass dazu. Er trug keine sonderbare oder spezielle Kleidung. Warum?“ Eisenheim wurde hellhörig. Er sah streng zu Forester rüber. „Haben wir etwas übersehen?“, wollte er von Forester wissen. Er klang besorgt.
Forester registrierte diese neue Facette an Eisenheims Charakter. Eisenheim zeigte doch tatsächlich ein starkes, sehr persönliches Interesse an diesem Fall. „Übersehen vermutlich nicht. Ich fand es nur erstaunlich, wie gut Edwin Jones mit seinen dicken Brillengläsern die Kleidung beschreiben konnte. Die Beschreibung schien mir im Gegensatz zu dem schwarzen Mann unter der Eiche als besonders gelungen. So gelungen, dass ich den schwarzen Mann nicht als Hirngespinst abtun kann. Ein Hirngespinst war er ohnehin nicht. Die Frage war ja nur von Anfang an, ob dieser mysteriöse Mann nun Teil dieser Entführung gewesen war oder nicht. Und sehe ich mir nun die detaillierte Beschreibung der beiden Herren bezüglich der Kleidung des Entführers an, dann muss ich den zweiten Mann vorläufig stark als Mittäter in Erwägung ziehen, was Sie ja anfangs auch taten. Das ist alles, Detective“, sagte Forester. Er hoffte, Eisenheim würde kein großes Interesse an der Kleidungsbeschreibung der Zeugen zeigen. Er hatte gegenüber Eisenheim auch kein Detail erwähnt, dass den Detective anspornen würde, sich in seine Ermittlungen einzumischen. Noch brauchte er Eisenheim da, wo er war. Nicht dort, inmitten seiner eigenen geordneten Welt. Eisenheim würde da nur Schaden anrichten.
Der Detective nickte. Die Erklärung des Privatschnüfflers klang etwas verworren in seine Ohren. „Was wird also Ihr nächster Schritt sein? Gehen Sie auf Kleiderjagd?“, fragte er Forester. Er zog eine Packung Camel aus seinem Sakko und bot Forester eine Zigarette an. Forester lehnte dankend ab, dann sah er Eisenheim skeptisch und überrascht zugleich an.
„Nein, ich fahre zu den Clines und gehe noch einmal alles in Ruhe mit der Mutter durch. Ich melde
mir morgen bei Ihnen. Und Sie?“, fragte Forester.
Eisenheim zündete sich eine Zigarette an und deutete mit seinem Kopf in Richtung Hafenmeisterei. „Ich bleibe noch etwas“, sagte er und sah Forester nun mit starrem Blick an. Wenn Forester sich zu je einem Zeitpunkt unter den Augen eines Polizisten unwohl gefühlt hatte, dann war es dieser Augenblick, indem ihm selber wieder klar wurde, wie gewagt es gewesen war, hier bei der Hafenmeisterei zu erscheinen. Die Option, Hanaas Fall weiter anzutreiben, hatte ihn vor gut einer halben Stunde gar nicht zögerlich werden lassen. Unter den Augen jenes Detectives aber, dessen Partner vor noch nicht einmal
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