EISENHEIM: THRILLER: Erstes Buch (German Edition)
Gebäude der Hafenmeisterei konzentrierten, sondern inzwischen das gesamte Areal absuchten. Hier und dort ragte ein gelbes Fähnchen aus dem lockeren steinigen Untergrund hervor, wo weitere Spuren vermutet wurden. Eisenheim konnte diesen vielen Fähnchen nichts abgewinnen. Dieser Ort war ein stadtbekanntes Kriegsgebiet in Charlestown. Hier lagen vermutlich mehr Patronenhülsen, Spritzen und abgebrochene Messerklingen als in der Asservatenkammer des Departments. Erst vor Kurzem hatte sich die Stadtverwaltung endlich dazu entschieden, dem einen Riegel vorzuschieben und das Areal komplett zu sperren. Das Problem hier war nur augenscheinlich behoben, da es sich um etwa einen Kilometer nach Osten, direkt unter die Tobin Memorial Bridge, verlagert hatte. Eisenheim sah in den Himmel hinauf. Ein dichtes Wolkenband schob sich nun wie ein Vorhang über diese Szene. Die wenigen, wärmenden Strahlen der Sonne waren für diesen Tag bereits schon wieder Vergangenheit geworden. Eisenheim hoffte, der Sommer würde dieses Jahr nicht so lange auf sich warten lassen. Er klappte den Kragen seines Ledersakkos hoch und schritt vorsichtig durch das abgesteckte Terrain zur Hafenmeisterei. Dabei wurde ihm klar, was das für ein befremdliches Gefühl war, das er seit dem Verlassen des Departments in sich trug. Es war eine innere Ruhe, die er so schon lange nicht mehr gespürt hatte. Eisenheim blickte auf und sah ein bekanntes Gesicht vor sich. Er winkte dem Forensiker freundlich zu und schritt ihm entgegen. Er war gespannt darauf, was sie bislang herausgefunden hatten.
Forester
Forester fand sich am späten Nachmittag kurz vor der Dämmerung an der alten Hafenmeisterei wieder. Zuvor hatte er das Department angerufen. Er hatte sich dort nach Detective Eisenheim erkundigt, daraufhin hatte man ihn – nach Rücksprache mit Eisenheim über Funk – hierhergeschickt. Der dunkelgraue Dodge St. Regis fiel Forester sofort ins Auge. Es war ein sehr auffällig unauffälliges, ziviles Einsatzfahrzeug der Polizei. Es stand gegenüber dem Hafenareal am Straßenrand. Als er langsam daran vorbeifuhr, erkannte er Eisenheim. Er saß in dem Wagen, rauchte und sah auf die andere Straßenseite zu dem umzäunten, doch sehr weitläufigen Hafenareal hinüber, auf dem ein letztes Polizeifahrzeug – ein Transporter der Forensiker – parkte. Forester parkte seinen Wagen kurz vor Eisenheim; Eisenheim beachtete ihn dabei nicht. Auch dann noch nicht, als Forester sich dem Dodge direkt von vorne näherte. Forester kam neben dem Dodge zum Stehen, beugte sich vornüber und sah durch das offene Seitenfenster hinein. Für einen kurzen Augenblick war Forester sprachlos. Da saß dieser seltsame, in Schwarz gekleidete Detective, hörte laut klassische Musik, rauchte und war dabei tief in Gedanken versunken.
„Detective!“, rief Forester mit kraftvoller Stimme und klopfte ebenso lautstark auf die Türkante. Eisenheim drehte sich Forester zu, öffnete diesem ungerührt die Tür und schaltete sein Radio stumm.
„Ist das Musik?“, fragte Forester und rutschte auf den Sitz.
Eisenheim maß Forester mit schwer einzuschätzenden Blicken. Forester fiel das auf. Irgendetwas missfällt ihm an mir, dachte Forester. „Kommen Sie voran?“, fragte Eisenheim. Die Frage klang spitzfindig.
„Ich brauch noch etwas Starthilfe“, erwiderte Forester.
Eisenheim nahm einen groben Zug an seiner Zigarette und warf sie schließlich zum Fenster hinaus.„Ach?!“ Eisenheim verzog sein Gesicht. Wieder erkannte Forester dieses falsche Lächeln darin. Sollte es eine Art von Geringschätzigkeit ausdrücken? Forester konnte diese Geringschätzung nichts anhaben. Vielmehr fragte er sich, wieso dieser Detective so eigenartig auf ihn reagierte? Die Reaktion des Detectives, mutmaßte Forester, konnte nichts anderes als Ausdruck seiner eigenen Hilflosigkeit sein. Nur dessen falscher Stolz stand also noch zwischen ihnen, um auf selber Augenhöhe kommunizieren zu können.
„Sie werden nicht glauben, was ich heute getan habe“, raunte Eisenheim mit verschwörerischer Miene Forester entgegen, während er dabei seine Hände hob, um etwas ganz Dunkles und Mystisches in die Luft hinein zu skizzieren. Forester wurde aufmerksam. Verstört blickte er den Detective an. Es war tatsächlich so: Dieser Detective nahm ihn nicht für voll. Dieses Mal aber schenkte Eisenheim Forester ein ehrliches, anerkennendes Lächeln. Eisenheim war eben gerade bewusst geworden, wie sehr er es genoss, diesen neuen Mitspieler
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