Eisfieber - Roman
genau diesem Virus geklaut.«
»Tut mir Leid, Toni, aber die Welt ist nun mal hart und ungerecht.«
Toni ließ nicht locker. »Unter Umständen kann der Fall die Firma in den Ruin treiben«, sagte sie und gab damit mehr preis, als ihr lieb war, aber es ließ sich nicht vermeiden. »Schlechte Publicity könnte unsere … Investoren verschrecken.«
Carl hakte sofort nach. »Die Amerikaner, meinst du?«
»Egal wen. Der springende Punkt ist der, dass das der Firma den Rest geben könnte.« Und Stanley auch, dachte sie, sprach es aber nicht aus. Obwohl sie sich um einen vernünftigen, emotionsfreien Ton bemühte, versagte ihr fast die Stimme. »Das … das haben sie nicht verdient.«
»Wer sind ›sie‹? Die Firma und dein geliebter Professor Oxenford, wie?«
»Herrgott, er versucht doch nur, Krankheiten zu heilen!«
»Und damit einen Haufen Geld zu verdienen.«
»Genauso wie du, wenn du im schottischen Fernsehen ausplauderst, was hier los ist.«
Osborne starrte sie an, unschlüssig, ob sie es ernst meinte oder sarkastisch. Dann schüttelte er den Kopf. »Story ist Story. Es kommt sowieso raus. Wenn ich diesen Aufmacher nicht bringe, bringt ihn jemand anders.«
»Ich weiß.« Toni warf einen Blick aus dem Fenster. Nichts deutete auf eine baldige Änderung des Wetters hin. Damit war günstigstenfalls bei Tagesanbruch zu rechnen. »Gib mir wenigstens drei Stunden«, bat sie. »Um sieben kannst du deinen Bericht abliefern.«
»Und was ändert sich dadurch?«
Vermutlich gar nichts, dachte Toni, aber Zeitgewinn ist meine einzige Chance. »Vielleicht können wir bis dahin schon melden, dass die Polizei die Gangster erwischt hat oder ihnen zumindest so dicht auf den Fersen ist, dass ihre Festnahme unmittelbar bevorsteht.« Würde die Gefahr schnell gebannt werden, konnte die Firma – und damit auch Stanley – diese Krise vielleicht überstehen.
»Darauf lass ich mich nicht ein«, sagte Carl. »In der Zwischenzeit könnte die Konkurrenz Wind von der Geschichte bekommen. Sobald die Polizei Bescheid weiß, pfeifen es die Spatzen von allen Dächern. Das kann ich nicht riskieren.« Er wählte eine Nummer auf seinem Handy.
Toni starrte ihn an. Die Wahrheit an sich war schon schlimm genug – doch wenn dieser skrupellose Sensationsreporter sie jetzt auch noch verdrehte und aufbauschte, war die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten.
»Nehmt das auf«, sagte Osborne in sein Handy, »und bringt dazu ein Standfoto von mir, eines, auf dem ich ein Telefon in der Hand halte. Seid ihr so weit?«
Toni hätte ihn umbringen können.
»Ich befinde mich auf dem Gelände der Firma Oxenford Medical, einer schottischen Pharmafabrik, die nun schon zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen Schauplatz eines schweren biologischen Störfalls ist.«
Wie kann ich den Kerl noch aufhalten, fragte sich Toni. Ich muss es doch zumindest versuchen … Steve saß an der Rezeption. Susan lag, noch immer ganz bleich, auf dem Sofa, doch Don hielt sich aufrecht. Tonis Mutter war eingeschlafen, und der Welpe auch. Zwei Männer also, auf deren Hilfe sie zählen konnte.
»Entschuldigung«, sagte sie zu Osborne.
Er versuchte, sie zu ignorieren. »Proben von einem tödlichen Virus mit dem Namen Madoba - 2 …«
Toni legte die Hand über seine Sprechmuschel. »Tut mir Leid, du kannst das hier nicht benutzen.«
Osborne drehte sich um und versuchte, mit seinem Bericht fortzufahren. »Proben von einem tödlichen …«
Toni rückte ihm auf die Pelle und legte erneut ihre Hand auf die Sprechmuschel. »Steve! Don! Kommen Sie bitte her, sofort!«
Osborne sagte in sein Gerät: »Man versucht gerade, mich an der Fortsetzung meiner Reportage zu hindern … Habt ihr das?«
Toni sprach nun so laut, dass es am anderen Ende der Leitung zu hören sein musste: »Mobiltelefone können die empfindlichen elektronischen Geräte in unseren Labors stören. Sie dürfen hier daher nicht benutzt werden.« Das stimmte zwar nicht, war aber immerhin ein halbwegs plausibles Argument. »Bitte stell dein Handy ab!«
Osborne hielt das Gerät außerhalb ihrer Reichweite und sagte laut: »Lass mich los!«
Toni nickte Steve zu. Der riss Osborne das Handy aus der Hand und stellte es ab.
»Das darfst du nicht!«, protestierte Osborne, an Toni gewandt.
»Selbstverständlich darf ich das. Du bist hier Besucher, und ich bin für die Sicherheit der Firma zuständig.«
»Dummes Zeug – das hat doch mit Sicherheit überhaupt nichts zu tun.«
»Du kannst sagen, was du willst – die
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