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Eisfieber - Roman

Titel: Eisfieber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Liste«, sagte Toni.
    »Ich bin gegen acht im Büro. Ich darf Sie bitten, mir dann ein paar Fragen zu beantworten.«
    »Noch etwas, Sir. Sobald heute Morgen die ersten Kollegen eintreffen, werden Gerüchte die Runde machen. Darf ich den Leuten sagen, dass Sie dazu eine Stellungnahme abgeben werden?«
    »Gut, dass Sie das ansprechen. Ja, ich werde mich zu dem Fall äußern – sagen wir um halb zehn, in der Großen Halle. Alle Mitarbeiter sind dazu eingeladen.« Die Eingangshalle des alten Hauses war der größte Raum auf dem Firmengelände. Alle Betriebsversammlungen wurden dort abgehalten.
    Toni hatte als Nächstes Susan Mackintosh rufen lassen, die zum Sicherheitspersonal gehörte, ein hübsches Mädchen in den Zwanzigern mit einer jungenhaften Frisur und einer gepiercten Augenbraue.
    Susan fiel sofort das Foto an der Wand auf. »Sie sehen gut aus in Uniform«, sagte sie.
    »Danke. Ich weiß, dass Ihre Schicht bald um ist, aber ich habe da einen Job, für den ich eine Frau brauche.«
    »Das Gefühl kenne ich«, sagte Susan und zog kokett die Braue hoch.
    Toni erinnerte sich an die Weihnachtsfeier am vergangenen Freitag. Susan war gekleidet gewesen wie John Travolta in dem Film Grease , mit gegeltem Haar, Röhrenjeans und Kreppsohlenschuhen, die man in Glasgow »Puffschlappen« nannte, und hatte Toni zum Tanz aufgefordert. Toni hatte sie freundlich angelächelt und erwidert: »Nein, lieber nicht.« Eine Weile – und ein paar Drinks – später hatte Susan sie gefragt, ob sie mit Männern schlafe, und darauf hatte Toni gesagt: »Leider nicht so oft, wie ich es gerne täte.«
    Irgendwie schmeichelte es ihr, dass sich eine so junge und hübsche Frau von ihr angezogen fühlte. Doch sie ließ es sich nicht anmerken. »Ich brauche jemanden, der alle Mitarbeiter beim Betreten des Gebäudes abfängt. Lassen Sie einen Schreibtisch in der Großen Halle aufstellen, an dem alle vorbeimüssen. Und dann darf niemand in sein Labor oder Büro, bevor er mit Ihnen geredet hat.«
    »Und was soll ich den Leuten sagen?«
    »Dass es eine Sicherheitspanne im Virusbereich gegeben hat und dass Professor Oxenford die Mitarbeiter noch heute Vormittag persönlich über den Stand der Dinge informieren wird. Bleiben Sie ganz ruhig und zuversichtlich, aber gehen Sie nicht ins Detail. Die Einzelheiten sollten Sie Stanley überlassen.«
    »Okay.«
    »Und dann fragen Sie jeden Einzelnen, wann er oder sie Michael Ross zum letzten Mal gesehen hat. Wer Zutritt zum BSL - 4 hat, wurde in der Nacht bereits telefonisch danach gefragt – aber doppelt genäht hält besser. Wenn jemand ihn nach Antritt seines Urlaubs vor zwei Wochen noch gesehen hat, sagen Sie mir bitte sofort Bescheid.«
    »Okay.«
    Toni zögerte einen Moment lang, weil die nächste Frage, die sie Susan stellen musste, ein bisschen heikel war, kam dann aber gleich zur Sache. »Halten Sie es für möglich, dass Michael schwul war?«
    »Nicht aktiv.«
    »Was macht Sie so sicher?«
    »Inverburn ist eine Kleinstadt. Hier gibt’s zwei Schwulenkneipen, einen Schwulenklub, zwei Restaurants, eine Kirche … Ich kenne die alle, und dort habe ich Michael niemals gesehen.«
    »Okay. Ich hoffe, Sie nehmen es mir nicht übel, dass ich Ihnen diese Frage gestellt habe, nur weil Sie …«
    »Keine Sorge!« Susan lächelte und sah Toni offen an. »Wenn Sie mich kränken wollten, müssten Sie sich schon ein bisschen mehr Mühe geben …«
    »Ich danke Ihnen.«
    Dieses Gespräch lag jetzt zwei Stunden zurück. Toni hatte die Zeit weitgehend damit verbracht, sich die Videoaufzeichnungen anzusehen, die bei Michaels letztem Besuch im BSL - 4 entstanden waren, und kannte nun die Antworten auf Stanley Oxenfords Fragen. Sie war fest entschlossen, reinen Tisch zu machen und ihm klipp und klar zu sagen, was vorgefallen war – und hielt es für sehr wahrscheinlich, dass er sie daraufhin ersuchen würde, ihren Posten zur Verfügung zu stellen.
    Toni konnte sich noch gut an ihre erste Begegnung mit Stanley Oxenford erinnern. Damals war sie am tiefsten Punkt ihres gesamten bisherigen Lebens angelangt und gab sich als freie Sicherheitsberaterin aus, obwohl sie keinen einzigen Kunden hatte. Frank, seit acht Jahren ihr Lebensgefährte, hatte sie sitzen lassen, und ihre Mutter wurde allmählich senil. Toni kam sich vor wie Hiob, nachdem Gott ihn verlassen hatte.
    Stanley hatte sie in sein Büro bestellt und ihr einen kurzfristigen Vertrag angeboten. Er hatte ein Medikament entwickelt, von dem er fürchtete, es könne das

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