Eisfieber - Roman
beherrschte: Die Karten sind verteilt, ich hab auf dieses Spiel gesetzt und muss mein Blatt ausreizen. Ich kann nur noch gewinnen oder verlieren.
Sie betraten den Kontrollraum. Er sah sauberer und ordentlicher aus, als Kit ihn in Erinnerung hatte: Die Kabel waren gut verstaut, die Protokollbücher standen eines neben dem anderen auf einem Regal – Tonis Einfluss, dachte er. Auch hier waren die Wachen verdoppelt: Statt nur einem Mann saßen zwei Werkschutzleute an einem langen Tisch und behielten die Monitore im Auge. Susan stellte sie als Don und Stu vor. Don war ein dunkelhäutiger Südinder mit schwerem Glasgower Akzent, Stu ein sommersprossiger Rotschopf. Kit kannte weder den einen noch den anderen. Im Grunde spielt es keine große Rolle, ob hier ein oder zwei Männer sitzen, dachte er. Was bedeutet schon ein Augenpaar mehr, vor dem man bestimmte Dinge verbergen, was ein zusätzliches Hirn, das man ablenken, was eine zweite Person, die eingelullt werden muss …?
Susan öffnete die Tür zum Geräteraum. »Hier ist der Zentralrechner.«
Einen Augenblick später betrat Kit das innerste Heiligtum. Einfach so, dachte er, obgleich ihn die Vorbereitung Wochen gekostet hatte. In diesem Raum befanden sich die Computer und alle anderen Geräte, die nicht nur das Telefonsystem, sondern auch die Beleuchtung, die Überwachungskameras und die Alarmanlagen steuerten. Allein, dass sie es bis hierher geschafft hatten, war schon ein Triumph für sich.
»Vielen Dank«, sagte er zu Susan, »hier übernehmen wir.«
»Wenn Sie irgendwas brauchen, kommen Sie einfach zur Rezeption«, erklärte Susan und ging.
Kit stellte seinen Laptop auf ein Bord und schloss ihn an den Telefon-Computer an. Er zog sich einen Stuhl heran und drehte den Laptop so, dass der Bildschirm von der Tür her nicht einsehbar war. Daisy sah ihm misstrauisch zu. »Geh nach nebenan«, sagte er zu ihr, »und behalt die Wachen im Auge.«
Sie warf ihm einen hasserfüllten Blick zu, dann folgte sie seiner Anordnung.
Kit holte tief Luft. Er wusste genau, was er zu tun hatte. Es kam jetzt darauf an, sehr zügig, aber auch sorgfältig und hoch konzentriert zu arbeiten.
Zuerst loggte er sich in das Programm ein, das die Videobilder aus den siebenunddreißig Überwachungskameras kontrollierte. Vor dem Eingang zum BSL - 4 -Labor schien alles normal zu sein. Das Bild vom Empfangstisch zeigte Steve, aber nicht Susan. Er überflog die Bilder der übrigen Kameras und fand Susan auf einer Patrouille anderswo im Haus. Er notierte sich die Zeit.
Das enorme Gedächtnis des Computers speicherte die Kamerabilder vier Wochen lang, bevor sie neu überspielt wurden. Kit kannte sich mit dem Programm aus, denn er hatte es selbst installiert. Er holte sich die Videobilder aus den BSL - 4 -Kameras für den gleichen Zeitraum in der vorangegangenen Nacht und überprüfte sie stichprobenartig, genauso wie die dazugehörigen Texte. Hauptsache, kein verrückter Wissenschaftler war auf die Idee gekommen, mitten in der Nacht im Labor zu arbeiten. Doch alle Aufnahmen zeigten nur menschenleere Räume. So weit, so gut.
Nigel und Elton sahen ihm in gespanntem Schweigen zu.
Als Nächstes fütterte Kit die Monitore, die von den heutigen Wachposten überprüft wurden, mit den Bildern aus der vorangegangenen Nacht.
Jetzt konnte man im BSL - 4 -Labor herumspazieren und tun und lassen, was man wollte, ohne dass die Wachen im Kontrollraum davon etwas mitbekamen.
Zwar waren die Monitore mit Schaltungen ausgestattet, die eine Überspielung der Bilder entdeckten. Aber dies galt nur, wenn diese Bilder aus einem anderen Videoplayer kamen. In diesem Fall kamen sie jedoch nicht aus einer fremden Quelle, sondern direkt aus dem eigenen Speicher – und damit gab es keinen Grund für das System, Alarm auszulösen.
Kit trat in den Hauptkontrollraum. Daisy, die Lederjacke über dem Overall der Hibernian Telecom, fläzte sich in einem Sessel. Kit musterte die Wand mit den Bildschirmen. Alles wirkte ganz normal. Don, der dunkelhäutige Werkschutzmann, sah ihn mit fragender Miene an. Um ihn in Sicherheit zu wiegen, sagte Kit: »Funktioniert hier einer von den Apparaten?«
»Nein, keiner«, sagte Don.
Auf allen Bildschirmen stand unten eine Textzeile mit Datum und Uhrzeit. Die Zeitangabe von gestern stimmte mit der heutigen überein, dafür hatte Kit gesorgt. Doch die Textzeile von gestern trug auch das Datum von gestern.
Kit wäre jede Wette eingegangen, dass kein Mensch jemals auf das Datum achtete. Die
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