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Eisige Naehe

Eisige Naehe

Titel: Eisige Naehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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»Was habt ihr für mich?«, fragte er, erhob sich aus seinem Sessel, ging zum Fenster und öffnete es, doch es nützte nichts, Henning und Santos nahmen auch so den Geruch von Alkohol wahr. Was immer Harms schon vor längerem bewogen haben mochte, zur Flasche zu greifen, es musste einen triftigen Grund geben. Sie hofften nur, es hing nicht mit dem aktuellen Fall zusammen. Es gab zu viele Polizeibeamte, die an ihrem Beruf zugrunde gingen und sich Alkohol oder Drogen hingaben, es gab auch viel zu viele, deren Ehen dem Druck der oft enervierenden und Überstunden fordernden Arbeit nicht standhielten, ein weiterer Grund, weshalb zahlreiche Beamte tranken. »Was wollte Rüter?«, war die Gegenfrage von Santos, die sich ihre Sorgen um Harms nicht anmerken ließ. »Eigentlich gar nichts, außer mir mitteilen, dass wir auch den Fall Klein mit äußerster Diskretion zu behandeln haben«, sagte Harms, der in keinster Weise betrunken wirkte, er war nur ein klein wenig lockerer als noch vor zwei Stunden.
    »Nichts anderes hatten wir vor. Pass auf, kurzer Bericht«, sagte Santos. »Zwei uns und allen anderen dort Anwesenden noch unbekannte Tote in einem 7,5-Tonner, beide regelrecht hingerichtet, wie Bruhns und die Steinbauer. Wie es aussieht, hat er einen vor dem Lkw erschossen, den anderen in der Fahrerkabine. Anschließend hat er die beiden auf die Ladefläche gehievt. Vom Speditionschef Klein fehlt bis jetzt jede Spur, wir haben allerdings die Adressen seiner Wohnung in Kiel und seiner Villa in Mönkeberg ...« »Was wollt ihr dann hier?«
    »Du hast gesagt, wir sollen kommen und Bericht erstatten«, verteidigte sich Henning.
    »Das hättet ihr in diesem Fall auch telefonisch erledigen können. Seht zu, dass ihr Land gewinnt, und ich will euch erst wiedersehen, wenn ihr in Kleins Domizilen wart.« »Sind schon weg. Hier, diese Unterlagen solltest du kopieren«, sagte Santos und legte die Ordner, die sie von Anna Kubaschenko erhalten hatte, auf den Tisch. »Was ist das?«
    »Das wirst du schon sehen, wir sollen doch verschwinden«, erwiderte sie lächelnd.
    Auf dem Weg nach unten sagte Henning: »Wohin zuerst?«
    »Mönkeberg.« »Und warum?«
    »Bauchgefühl. Wir haben uns gestern mit Albertz in Mönkeberg getroffen, Klein wohnt auch in Mönkeberg. Zufall?« Sie runzelte die Stirn und schürzte die Lippen. »Es gibt keine Zufälle. Irgendwer hat gesagt, Zufall ist das Pseudonym, das Gott benutzte, wenn er nicht mit seinem eigenen Namen unterschreiben will.« »Komm mir jetzt bloß nicht mit Gott, der mag überall sein, nur im Moment gewiss nicht in Kiel.« »Okay. Aber Zufall wird auch als Synchronizität der Ereignisse bezeichnet.«
    »Hä? Kannst du mal mit dem Mist aufhören?« »Du bist aber schlecht drauf.«
    »Ich frage mich, wie du so gut drauf sein kannst. Wir stolpern über eine Leiche nach der anderen und ...« »Ja, ja, schon gut, auf nach Mönkeberg.«
     
    Keine fünf Minuten nach Verlassen des Präsidiums klingelte Santos' Handy.
    »Ja?« Wieder zeigte das Display keine Nummer an. »Wo sind Sie?«, meldete sich die ihr noch vom Sonntag bekannte anonyme Stimme.
    »Das geht Sie nichts an. Ich spreche erst wieder mit Ihnen, wenn ich weiß, wer Sie sind.« »Waren Sie schon in Mönkeberg?« »Wieso?«, fragte Santos und runzelte die Stirn, während ihr Herz schneller zu schlagen begann. »Waren Sie oder waren Sie nicht?« »Nein«, sagte sie, ohne weitere Erklärungen abzugeben. »Hören Sie zu, fahren Sie nach Mönkeberg ...« »Wir sind gerade auf dem Weg dorthin«, wurde der Anrufer von Santos schroff unterbrochen. »Sonst noch was?«
    »Warum sagen Sie das nicht gleich? Sie gelangen nämlich nicht auf das Grundstück, ohne den Code für das Tor zu kennen. Rechts neben dem Tor befindet sich eine unscheinbare Metallklappe, darunter ist eine Tastatur. Die Kombination ist eins, neun, zwei, acht. Haben Sie's?«
    »Ja. Warum verraten Sie uns nicht, wer Sie sind?« »Passen Sie auf, mit wem Sie in der nächsten Zeit sprechen; nicht jeder, der Ihnen freundlich gegenübertritt, ist es auch. Das Messer hinter dem Rücken sieht man erst, wenn es im Bauch steckt. Ach ja, was Sie suchen, finden Sie im ersten Stock.«
    Danach legte der Unbekannte auf, Santos sah Henning ratlos und mit einer Spur Verzweiflung an. Sie fühlte sich beobachtet, als würden sie und Henning permanent beschattet. Es war ein unheimliches Gefühl, das mit jedem Anruf des Unbekannten stärker wurde. »War er das wieder?«
    »Hast du doch mitgekriegt.

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